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Einstimmigkeit zu Gesetzespaket im Nationalrat, Abgeordnete fordern bessere Vereinbarkeit von Studium und Beruf

Ältere Studierende – also Personen über 27 Jahre – sollen in Zukunft sozial besser abgesichert werden, da diese Gruppe mit speziellen Erschwernissen konfrontiert ist. Eine Novelle zum Studienförderungsgesetz, die heute vom Nationalrat einstimmig beschlossen wurde, schafft dafür die gesetzliche Grundlage. Ein monatlicher Zuschlag zur Studienbeihilfe soll es den betreffenden Studierenden beispielsweise erleichtern, einen eigenen Haushalt zu gründen. Mit der Novelle werden unter anderem auch die Voraussetzungen für so genannte „auswärtige Studierende“ zum Bezug einer höheren Studienbeihilfe wegen der Entfernung zum Studienort neu geregelt und Kostenzuschüsse zur Kinderbetreuung geschaffen. In der Debatte wurden die Gesetzesänderungen von allen Abgeordneten begrüßt. Die Opposition und auch einige Abgeordnete der SPÖ sprachen sich jedoch auch dafür aus, das System der Studienförderung grundsätzlich zu überdenken, wobei sehr unterschiedliche Ansätze zum Ausdruck kamen.

ÖVP begrüßt die Anerkennung der Freiwilligendienste

Wie die letzte Novelle, so beruhe auch diese Änderung des Studienförderungsgesetzes auf soliden Daten einer Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS), stellte Karlheinz Töchterle (V) fest. Eine Evaluierung habe gezeigt, dass das Gesetz grundsätzlich seine Zwecke erfülle, doch gebe es Verbesserungsbedarf im Detail. Diesmal nehme man die Situation für ältere Studierende in den Blick. Sie erhalten leichteren Zugang zur Höchststudienbeihilfe. Neben den Entbürokratisierungsschritten der Novelle hob Töchterle auch hervor, dass Freiwilligendienste künftig dem Präsenz- und Zivildienst gleichgestellt werden.

Auch Eva-Maria Himmelbauer (V) begrüßte die Anpassungen der Studienförderung, mit der der Entwicklung zu einem späteren Einstieg ins Studium Rechnung getragen werde. Diese sei ein Zeichen für die Durchlässigkeit des österreichischen Studiensystems. Berufliche Tätigkeit neben dem Studium habe viele positive Aspekte, doch müsse die Vereinbarkeit von Arbeit und Studium gesichert werden. Begrüßenswert sei, dass der Wissenschaftsminister für den Herbst ein Strategiepapier angekündigt hat, das die soziale Situation der Studierenden in den Blick nehme. Rouven Ertlschweiger (V) zeigte sich ebenfalls zufrieden damit, dass ältere Studierende nun besser gefördert werden. Auch dem sozialen Engagement der Studierenden werde Rechnung getragen, damit werde auch die Bedeutung des Ehrenamts für die Gesellschaft gewürdigt. Diesen Punkt hob auch Manfred Hofinger (V) hervor. Die Neufassung der Wegzeitenberechnung komme Studierenden aus dem ländlichen Raum zugute.

SPÖ spricht sich für baldige Valorisierung der Studienbeihilfe aus

Zufrieden zeigte sich auch Andrea Kuntzl (S). Die Zahl der älteren Studierenden steige vor allem deshalb, weil viele erst einige Jahre nach der Matura ins Studium einsteigen. Studienförderung fördere die soziale Durchmischung an den Universitäten. Die Entwicklung der letzten Jahre zeige aber, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten sinke. Zudem habe seit langem keine Valorisierung der Studienbeihilfe stattgefunden. Kuntzl zeigte sich zufrieden darüber, dass der Wissenschaftsminister bereits signalisiert habe, dass er bereit sei, über eine Valorisierung nachzudenken. Der aktuelle Bericht zur sozialen Lage der Studierenden zeige auf, dass bereits der überwiegende Anteil der Studierenden berufstätig ist und von steigenden Lebenshaltungskosten, vor allem Wohnkosten, belastet wird. Hier müssten ebenfalls Schritte gesetzt werden, um die Vereinbarkeit von Studium und Beruf zu verbessern. Philip Kucher (S) schloss sich der Forderung nach einer baldigen Valorisierung des Stipendiensystems an und betonte die Wichtigkeit von Maßnahmen zur sozialen Durchmischung an den Universitäten.

Harry Buchmayr (S) wies darauf hin, dass Berufstätigkeit von Studierenden zur Regel geworden sei. Das Studienangebot der Hochschulen müsse dieser Tatsache stärker Rechnung tragen, forderte er. Diesen Aspekt betonte auch Katharina Kucharowits (S). Sie sah es außerdem als nicht mehr zeitgemäß an, den Bezug der Studienbeihilfe vom Einkommen der Eltern abhängig zu machen, und forderte eine grundsätzliche Änderung des Systems. Elmar Mayer (S) wies darauf hin, dass in der Debatte vor allem die jungen Abgeordnete der SPÖ, der Grünen und der NEOS diskutierenswerte Vorschläge zur Änderung des Beihilfensystems gebracht hätten.

FPÖ will mehr Leistungsstipendien und Ausgleichszahlungen der EU

Andreas Karlsböck (F) betonte, seine Fraktion stimme den kleine Verbesserungen der Novelle zu, merkte aber auch kritisch an, wieder einmal sei versäumt worden, die Mittel für Leistungs- und Förderungsstipendien zu erhöhen. Diese stellten aber ein wichtiges Gegengewicht zum vorherrschenden Gießkannenprinzip der Studienförderung dar. Leistungswillige und begabte StudentInnen müssten besser gefördert werden. Die Wohnkosten und Heimpreise seien stark gestiegen, was mehr Studierende zwinge, zu arbeiten, mit negativen Folgen für ihre Studienzeiten. Eine Studienbeihilfe zur Studienvorbereitung für Flüchtlinge, wie sie die Grünen fordern, lehnte Karlsböck ebenso ab wie neue Zugangshürden zum Studium. Vielmehr sollte seiner Ansicht nach eine Entlastung des Universitätssystems in Österreich über Ausgleichszahlungen der EU für Studierende aus den Mitgliedsstaaten erfolgen. Rechtliche Rahmenbedingungen seien kein Argument, diese könnten auch geändert werden, meinte er in Richtung von Bundeskanzler Kern.

Grüne sehen Studienförderungssystem als nicht mehr zeitgemäß

Die Wissenschaftssprecherin der Grünen, Sigrid Maurer, bezweifelt, dass das bestehende Studienförderungssystem noch zeitgemäß ist. Ein sehr großer Teil der Studierenden habe mit finanziellen Schwierigkeiten zu kämpfen und müsse sich das Studium mit Arbeit finanzieren. Das System baue jedoch immer noch auf dem System der Familienbeihilfe auf und entspreche damit nicht mehr der Realität. Das zeige sich auch daran, dass nur mehr 12% aller Studierenden die klassische Studienbeihilfe beziehen. Maurer wies darauf hin, dass derzeit Asylberechtigte und subsidiär Schutzberechtigte, die Kurse zur Studienvorbereitung besuchen, aus dem sozialen Netz fallen. Sie brachte einen Entschließungsantrag ein, ihnen eine adäquate finanzielle Unterstützung zu gewähren, erhielt dafür aber keine Mehrheit.

NEOS wollen Studienförderung den Universitäten übertragen

Claudia Gamon (N) fragte, ob das System der Studienbeihilfe seinem Ziel, den sozialen Ausgleich zu fördern, gerecht werde, wenn die Erhebungen zeigten, dass an den Universitäten keine ausreichende soziale Durchmischung gegeben sei. Daher sei die Logik des Systems grundsätzlich zu hinterfragen. Gamon sieht einen Ausweg darin, die Studienförderung im Sinne der Autonomie stärker den Universitäten selbst zu überlassen. Diese sollten mehr Stipendien vergeben können. Auch die kapazitätsorientierte Studienplatzfinanzierung sah Gamon als unbedingt notwendig an. Das Ziel müssten „Elite-Unis für alle“ sein, meinte sie.

Team Stronach will Beitrag der Privatwirtschaft zur Studierendenförderung

Positiv sah auch Ulrike Weigerstorfer (T) die Änderungen der Studienförderung, die einen Impuls für die Unterstützung von älteren Studierenden setze. Um die Novelle kostenneutral umzusetzen, müsste jedoch im Verwaltungsapparat eingespart werden. Die angestrebten Ziele der Studienförderung seien in Zukunft aber nur zu erreichen, wenn die Privatwirtschaft mehr zur Studienförderung beitrage. Sie denke etwa an Studienpartnerschaften mit künftigen MitarbeiterInnen, sagte Weigerstorfer. Die stärkere Förderung der Kooperationen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, um die Abwanderung der besten Köpfe zu stoppen, sei eine große politische Aufgabe.

Der fraktionslose Abgeordnete Rupert Doppler sah einige gute Regelungen in der Novelle, hielt es aber wie die FPÖ für notwendig, mehr Leistungsanreize für Studierende zu schaffen.

Mitterlehner: Studienförderung sichert soziale Durchmischung, Schwächen werden systematisch behoben

Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner betonte, die Studierendenbefragung 2015 habe neben dem Hinweis auf Problemfelder auch durchaus erfreuliche Ergebnisse gezeigt, wie etwa einen hohen Frauenanteil unter den Studierenden oder einen deutlichen Anstieg der Studierenden mit Migrationshintergrund. Er sehe durch diese Ergebnisse bestätigt, dass die soziale Durchmischung an den Hochschulen gegeben sei. Die österreichische Hochschulbildung sei kein Elitensystem in dem Sinne, dass Studierenden aus niedrigen sozialen Schichten der Studienzugang verwehrt bleibe. Mitterlehner sieht das System der Studienförderung als den entscheidenden Faktor des sozialen Ausgleichs an. Das bestehende System habe sich bewährt und werde systematisch weiterentwickelt, um Verbesserungen für bestimmte Gruppen zu erreichen. Mit der vorliegenden Novelle fokussiere man vor allem auf die Verbesserung der Bedingungen für ältere Studierende.

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