1000 Teilnehmer erwartet der Deutsche Bundesverband für Logopädie e.V. vom 15.-17. Juni 2017 zu seinem 46. Jahreskongress in der Rheingoldhalle in Mainz. Ein wichtiges Thema wird die Bedeutung digitaler Technologien für die Logopädie sein.
Obwohl Deutschland im Gesundheitsbereich hinsichtlich des Einsatzes digitaler Technologien im internationalen Vergleich noch hinterherhinkt, findet derzeit eine rasante Entwicklung auf diesem Gebiet statt. Hierauf macht die Logopädin Dr. Juliane Mühlhaus in ihrem Vortrag am 16. Juni 2017 Uhr aufmerksam, in dem sie die Bedeutung technischer Innovationen für die Sprachtherapie beleuchtet. „Bereits heute ist eine Vielzahl von Anwendungen im Gesundheitsbereich auf dem Markt, die jedoch nicht alle uneingeschränkt zu empfehlen sind. Umso wichtiger ist es, dass die Auswahl und die richtige Anwendung des für den jeweiligen Patienten sinnvollen Angebotes von Logopädinnen unterstützt und begleitet wird“, so Mühlhaus.
Die Anzahl der spezifisch für die Sprachtherapie entwickelten, deutschsprachigen Apps ist noch sehr überschaubar. Im Rahmen des Kongresses wird u.a. am 16. Juni ein aus der logopädisch-klinischen Praxis heraus entwickeltes Therapiesystem für Patienten mit einer erworbenen Sprach- oder Sprechstörung vorgestellt. Das Besondere an dieser auf wissenschaftlichen Erkenntnissen basierenden und an der LMU München entwickelten Tablet-App ist, dass sie als „lernendes System“ an die individuellen Bedürfnisse und Therapiefortschritte stetig angepasst werden kann. So können die Patienten die mit der Logopädin erarbeiteten therapeutischen Übungen zuhause eigenständig fortsetzen und ihren Therapieerfolg festigen.
„Die großen Chancen guter Programme liegen in der Steigerung der Selbstbestimmung der Patienten“, so Juliane Mühlhaus. Vor allem, wenn tägliches (hochfrequentes) Üben notwendig sei, könnten therapeutische Apps die ambulante logopädische Therapie sinnvoll ergänzen. Davon können insbesondere auch ältere Patienten mit eingeschränkter Mobilität profitieren, deren Anzahl in den logopädischen Praxen aufgrund der demografischen Entwicklung immer stärker wächst.
Risiken sieht die Expertin vor allem im Hinblick auf den Schutz sensibler Daten: „Beim Einsatz neuer Technologien müssen die Privatheit, die Sicherheit und das selbstbestimmte Leben der Patientinnen und Patienten gewährleistet werden“, so Mühlhaus. Darüber hinaus sei es wichtig, den ökonomisch sinnvollen, effizienten und effektiven Umgang mit solchen Technologien zu beobachten und zu prüfen. Der Nutzen müsse jederzeit erkennbar sein. „Hierzu ist es wichtig, dass die logopädische Forschung entsprechende Wirksamkeitsstudien durchführt“, so Mühlhaus. „Es gilt, Standards zu entwickeln, die neben dem Kriterium der inhaltlichen Qualität beispielsweise auch Aspekte der Bedienbarkeit oder des Datenschutzes berücksichtigen“.
Ebenso entscheidend sei, dass sich die Logopädinnen und Logopäden als Berufsgruppe intensiv mit der Thematik auseinandersetzen und sich – wie im Beispiel der LMU München – gemeinsam in multiprofessionellen Teams schon bei der Entwicklung hochwertiger patientenorientierter Anwendungen beteiligen. „Nicht zuletzt muss das Thema Neue Technologien eine angemessene Berücksichtigung in den Ausbildungscurricula sowie in der Fort- und Weiterbildung finden, damit heutige und zukünftige Logopädinnen auf die damit verbundenen neuen Aufgaben, Möglichkeiten und Herausforderungen gut vorbereitet sind“, so Mühlhaus.
Quelle: Presseportal.de