Menschen kommen zu Lebensberatern oft mit dem Auftrag in die Praxis, sie so schnell wie möglich wieder funktionsfähig zu machen. Sie klagen über Erschöpfung, Müdigkeit und Überlastungssymptome. Ganz erstaunt reagieren sie dann, wenn diese ihnen nach dem Erstgespräch den Auftrag geben, vorerst eine gewisse Zeit jeden Tag mindestens eine halbe Stunde in die Natur zu gehen, dies aber ohne Handy, Hund, Partner oder anderen Ablenkungen.
Oft erleben sie dann eine fast enttäuschte Reaktion und Aussagen wie: “ Ich möchte schon aktiv etwas tun und nicht einfach sinnlos im Wald herum laufen“ hören die Berater nicht selten. Wenn man ihnen dann sagt, dass diese Aufgabe zwar einfach, aber alles andere als leicht sei, trifft man anfangs oft auf Unverständnis. In der Regel geschieht dann aber folgendes: Die Klienten berichten beim zweiten Treffen, dass sie es nicht oder nur selten geschafft haben, dieser Aufgabe Folge zu leisten, weil sie einfach keine Zeit dafür gefunden haben, aber genau hier liegt eine der Grundursachen für Stress, Überlastung und Unruhe.
Wenn der Topf voll ist, ist er voll!
Oft genug erleben die Berater, dass überlastete Menschen „in ihrer Welt“ glauben, dass es weiterer Anstrengungen bedarf, um zur Ruhe zu kommen. Dies sollen geführte Entspannungstechniken, teils weltfremde Yogaübungen, kräfteraubende Selbsterfahrungstrips und andere Werkzeuge sein. Sie wollen den vollen Krug mit weiteren Tätigkeiten noch mehr anfüllen, weil sie keine Vorstellung davon haben, dass tatsächlich der Aufenthalt in der Natur ohne bestimmte Aktivitäten oft der „beste Psychotherapeut“ ist.
Lebensberater Gottfried Huemer berichtet: „Kürzlich kam ein hektischer und erschöpfter Unternehmer zu mir, um mir mitzuteilen, dass er sich vollkommen überfordert fühle, obwohl er sich jeden Tag am Abend in seine Laufschuhe quälen würde, um den Tag mit einem gesunden Laufpensum von einer Stunde zu beenden. Dass er dabei auf den nächsten Marathon trainiere, erzählte er nur beiläufig. Ist es da verwunderlich, dass der Körper um so lauter um Hilfe schrie, obwohl der Betroffene in seiner Welt überzeugt war, dass er gut auf seinen Körper achten würde, da ja Sport als Ausgleich am Abend gesund sei?“
Der Wald und die Natur als bester Therapeut
Coaches sollten sich bei erschöpften Menschen anfangs nicht verführen lassen, den Hilfesuchenden gute Ratschläge zu geben, ihr Zeitmanagement zu verbessern, Yoga -oder Entspannungskurse zu besuchen und fixe Zeiten für Sport und Kino in den Terminkalender einzutragen. Das Ergebnis ist meist, das sich die Betroffenen am Ende noch schlechter fühlen, da sie das alles auch wieder nicht geschafft haben. Dies wäre ja auch so, als wenn man in einen vollen Krug noch Flüssigkeit hineinschüttet. Die Erfahrung zeigt, dass es besser ist, Betroffenen zu unterstützen, aus weniger mehr zu machen. Die Aufforderung für regelmäßige Auszeiten sind da die beste Hilfe: Man sollte Betroffene motivieren, sich (möglicherweise gemeinsam mit Gleichgesinnten) einige Tage in die Natur zu begeben und dies nur mit dem notwendigsten Gebäck.
Die Natur schärft alle Sinne
Egal ob dies die gestresste Bankerin aus Deutschland, der IT-Techniker aus der Schweiz oder die Lehrerin aus dem südlichen Österreich ist, alle berichten nach den Wanderungen von erstaunlichen Veränderungen. Huemer, Pilger- und Naturbegleiter spricht aus eigener Erfahrung: „Gut in Erinnerung ist mir der IT-Manager, der am ersten Tag mehrere Weinbergschnecken am Weg mit seiner Unachtsamkeit mit den Füßen zertrat und dies mit den Worten: “ Ach wieder so ne doofe Schnecke“ kommentierte. Am zweiten Tag beobachtete ich ihn, wie er begann Würmer und Käfer zu retten, die dabei waren die Straße zu überqueren“.
Eine zweite Begebenheit machte ihn auch nachdenklich. Neben verschiedenen spirituellen Impulsen, lädt er die Teilnehmer täglich ein, einige Zeit schweigend zu gehen. Dies deshalb, weil natürlich in jeder Gruppe „Vielredner“ dabei sind und die anderen dadurch von ihnen geschützt werden. Als sie am dritten Tag schweigend durch einen Licht durchfluteten Wald gingen, klopfte ihn die Bankerin auf die Schultern um ihm zuzuflüstern“ Gottfried, hörst Du die vielen Vögel.“ Sie war ganz entzückt und erzählte ihm bei der anschließenden Rast, dass sie diese schon jahrelang nicht mehr bemerkt hätte.
Die Natur beflügelt die eigene Spiritualität
Viele Menschen sind auf der Suche nach Spiritualität, können aber mit dem Wort “ Gott“ wenig anfangen, da sie schlechte Erfahrungen gemacht haben oder sich davon eingeengt fühlen. Huemer weiß aus seinen eigenen Erfahrungen allerdings, wie sehr die Kraft der Natur sozusagen mit dieser „Gottkraft“ zu vergleichen ist. Deshalb versucht er seinen Klienten zu vermitteln, das es nicht unbedingt notwendig ist, regelmäßig in eine Kirche zu gehen oder sich in ein Kloster zurückzuziehen, um dort „seinen Gott“ zu besuchen. Diese Kraft findet man auch in der Natur. In unzähligen Begegnungen hat er erlebt, dass sie hier der beste Lehrer ist, diese Urkraft im Inneren wieder neu zu entdecken und die “ leere Batterie“ von dieser Kraft wieder befüllen zu lassen.
Menschen brauchen keine „weltfremden“ Konzepte
Die Klienten von Huemer bekommen keine weltfremden Konzepte, auch wenn es angeblich erste wissenschaftliche Untersuchungen gibt, dass Baumumarmungen heilend wirken. Er versucht die Betroffenen mit einer einfachen und klaren bodenständigen Botschaft zu erreichen. Dass dies auf eine hohe Zustimmung trifft, hat ich schon bei unzähligen Begegnungen erfahren. Seine Erfahrungen zeigen ganz klar, dass sich Menschen in kurzer Zeit positiv verändern, wenn sie die Kraft der Natur in sich aufnehmen. Diese Erkenntnisse und die vielen Werkzeuge, die er bei seinen Begleitungen den Klienten zur Verfügung stellt, sind eine wesentliche Unterstützung auf ihrem Weg zu mehr Achtsamkeit, Selbstkompetenz und einem Gefühl von Selbstverantwortung für sich selber und der Umwelt.
Die nächste viertägige Pilgerbegleitung von Krumau bis zum Stift Schlägl findet im heurigen August statt. Mehr dazu unter www.instituthuemer.at