Das weltweite Umsatzplus im Hochpreissegment wird sich dieses Jahr auf bis zu 4 Prozent belaufen
In Europa ist ein Wachstum von bis zu 9 Prozent möglich
Luxusgüterhersteller müssen sich fit machen für die Bedürfnisse der Kunden von morgen
Europa hat sich in jüngster Zeit von wirtschaftlicher Unsicherheit und nachlassendem Tourismus erholt. Deshalb rechnet die Luxusgüterbranche hier in diesem Jahr mit einem deutlichen Umsatzplus von bis zu 9 Prozent. Zu diesem Schluss kommt das Frühjahrs-Update des „Worldwide Luxury Market Monitor 2017“ der internationalen Managementberatung Bain & Company in Kooperation mit dem italienischen Verband der Luxusgüterhersteller Fondazione Altagamma.
Insbesondere Spanien galt zuletzt als sicheres Ziel für einkaufsfreudige Touristen. Großbritannien wiederum lockte Luxusshopper mit einem schwachen Pfund. „Dieses Jahr entwickelt sich bisher vielversprechend für Europa“, stellt Serge Hoffmann, Bain-Partner und Luxusgüterexperte, fest. „Nachdem 2016 recht schwierig war, hat das erste Quartal 2017 eine gewisse Erholung für die Luxusgüterbranche gebracht. Abzuwarten bleibt allerdings, welche Folgen die jüngsten Terroranschläge haben werden.“
Luxusbegeisterte Chinesen laufen zu neuer Form auf
Der weltweite Markt für persönliche Luxusgüter dürfte in diesem Jahr aufgrund des steigenden Kundenvertrauens um 2 bis 4 Prozent zulegen. Das entspricht 254 bis 259 Milliarden Euro Umsatz. Europa wird zunehmend wieder zum reizvollen Reiseziel für Luxuskunden aus aller Welt. Dazu gehören auch die Chinesen. Sie erweisen sich in den europäischen Metropolen als kaufkräftige Gäste. Gleichzeitig erwerben sie wieder mehr Luxusartikel im eigenen Land. Entsprechend stabiler zeigt sich der chinesische Markt. Dagegen schwächeln Nord- und Südamerika, Japan, Hongkong und Macau. Ursächlich dafür sind unter anderem der starke US-Dollar, politische Unsicherheiten in den USA sowie der rückläufige Tourismus in Asien.
Innovative Strategien sind unverzichtbar
Die aktuellen Marktbedingungen und eine neue Generation von Kunden zwingen viele Luxuslabels, ihre Strategien zu erneuern und bisher unbekannte Wege zu gehen. Insbesondere in fünf Bereichen müssen Hersteller von Luxusgütern ihr Geschäft vorantreiben:
– Nordamerikanischer Markt: Dieser nach wie vor größte Markt für
Luxusgüter wächst nur sehr langsam. Das ist zum einen das
Resultat des politisch unsicheren Klimas, das weniger Touristen
in die USA reisen lässt. Zum anderen ist es die Folge der
wirtschaftlich schwierigen Lage der dortigen Warenhäuser. Die
Luxusmarken brauchen in den USA eine Strategie, die den Kunden
in den Mittelpunkt stellt, aber auch dazu führt, dass
beispielsweise E-Commerce-Lösungen gemeinsam mit den dortigen
Department Stores entwickelt werden.
– Chinesische Käufer im In- und Ausland: In China floriert der
lokale Markt für Luxusgüter wieder. Der Grund sind lokale
Steuersenkungen, die mit sich bringen, dass Luxusprodukte dort
günstiger werden. Gleichzeitig kaufen viele gutsituierte
Chinesen wieder vermehrt in Europa ein.
– Digitale und Off-Price-Verkaufskanäle: Für die Luxusmarken heißt
es, die Digitalisierung für sich zu nutzen und weiter in
Onlineangebote zu investieren. Die Wachstumsaussichten im
Onlinehandel sind vielversprechend, gefolgt von
Off-Price-Kanälen wie Outlets und den nach wie vor wichtigen
Mono-Brand-Stores. Diese dürften ihre Wachstumsgrenzen jedoch
bald erreicht haben.
– Wettbewerb zwischen Gewinner- und Verlierermarken: Der
Luxusmarkt von morgen ist von einer zunehmenden Polarisierung
geprägt. Zwischen erfolgreichen und kriselnden Marken
vergrößerte sich in den letzten Monaten die Kluft bereits
drastisch.
– Luxuskunden von morgen: Alle Marken müssen eine Antwort finden
auf die Bedürfnisse der neuen, aufstrebenden Schicht von
Luxuskäufern. Bis 2025 werden die „Millennials“ sowie die
„Generation Z“ rund 45 Prozent der Zielgruppen hochpreisiger
Marken sein. Die heute 20- bis Mitte 30-Jährigen pflegen einen
veränderten Lebensstil, der nicht zuletzt durch
Technologieaffinität gekennzeichnet ist. Auch stellen sie in
puncto Konsum höchste Ansprüche an Qualität und Service. Zudem
erwarten sie, dass die Marken ihre persönlichen Werte und
Gefühle repräsentieren oder zumindest mit ihnen in Einklang
stehen.
Luxus neu denken
Bis zum Jahr 2020 erwartet Bain für die Luxusbranche ein moderates Wachstum von jährlich 3 bis 4 Prozent auf dann 280 bis 290 Milliarden Euro. Wollen die Luxuslabels daran partizipieren, müssen sie handeln. „Der Kauf eines Luxusprodukts findet fortan nicht mehr einfach nur im Laden statt“, so Bain-Experte Hoffmann. „Wer in Zukunft ein Luxusprodukt erwerben will, begibt sich auf eine persönliche Reise, die ihn auf verschiedenen Ebenen in Kontakt mit der Marke bringt.“
Für die Luxusgüterhersteller bedeutet das:
1. Mehr Kundennähe schaffen und langfristige Beziehungen auf
Augenhöhe pflegen
2. Produkte, Services und Kommunikation weiter personalisieren
3. Die Reise zum Produkt gezielt konzipieren und einen
ganzheitlichen Vertriebsansatz dafür entwickeln
4. Ein „Story Living“ kreieren und die Marke durch inspirierende
Erfahrungen erlebbar machen
5. Alle Kontaktmöglichkeiten mit dem Kunden ausschöpfen und ihm
jederzeit 360 Grad begegnen
Betont Hoffman: „Tatsache ist, die Luxuslabels müssen kundenorientierter denn je agieren und sich heute schon für die Bedürfnisse der Kunden von morgen fit machen.“
Über die Studie
Seit dem Jahr 2000 untersucht Bain & Company in Zusammenarbeit mit Fondazione Altagamma – dem führenden italienischen Verband der Luxusgüterhersteller – den Markt und die Ertragslage von 250 weltweit führenden Luxusgüterherstellern und -marken. Der Unternehmensdatenbestand, der unter der Bezeichnung „Luxury Goods Worldwide Market Observatory“ bekannt ist und zwei Mal jährlich als Studie veröffentlicht wird, hat sich zu einer führenden und weltweit beachteten Informationsquelle für die internationale Luxusgüterindustrie entwickelt.
Bain & Company
Bain & Company ist eine der weltweit führenden Managementberatungen. Wir unterstützen Unternehmen bei wichtigen Entscheidungen zu Strategie, Operations, Informationstechnologie, Organisation, Private Equity, digitale Strategie und Transformation sowie M&A – und das industrie- wie länderübergreifend. Gemeinsam mit seinen Kunden arbeitet Bain darauf hin, klare Wettbewerbsvorteile zu erzielen und damit den Unternehmenswert nachhaltig zu steigern. Im Zentrum der ergebnisorientierten Beratung stehen das Kerngeschäft des Kunden und Strategien, aus einem starken Kern heraus neue Wachstumsfelder zu erschließen. Seit unserer Gründung im Jahr 1973 lassen wir uns an den Ergebnissen unserer Beratungsarbeit messen. Bain unterhält 55 Büros in 36 Ländern und beschäftigt weltweit 7.000 Mitarbeiter, 800 davon im deutschsprachigen Raum.
Quelle: APA Ots