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Virtuelle Meetings, Home-Office, Remote Leadership: Für viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland ist das nach zwei Jahren Corona-Pandemie der neue Job-Alltag. Um gutes hybrides Arbeiten zu ermöglichen, müsse nun der Ordnungsrahmen entsprechend angepasst werden, fordert der Human-Resources-Kreis (HR-Kreis) von acatech in einem neuen Policy Brief.

Kurz nach dem „Tag der Arbeit“ 2022 ist für viele Beschäftigte mobiles und hybrides Arbeiten zur Normalität geworden. Der Human-Resources-Kreis (HR-Kreis) von acatech, dem Personalvorstände führender Technologie- und Dienstleistungsunternehmen sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler angehören, wendet sich mit einem neuen Papier an Politik und Wirtschaft und empfiehlt Nachbesserungen.

„Nach zwei Jahren Pandemie ist klar: Hybrides Arbeiten ist für viele Beschäftigte in Deutschland die neue Job-Realität. Und das Rad wird sich nicht zurückdrehen. Wir müssen jetzt dringend den Ordnungsrahmen anpassen, digitale Kompetenzen stärken und die Mitbestimmung modernisieren. Wir haben eine Verantwortung gegenüber Beschäftigten und Unternehmen, schnellstmöglich dem Betriebssystem unserer Wirtschaft ein Update zu geben, damit der Innovationsstandort Deutschland stark bleibt“, sagt Frank Riemensperger, Co-Gastgeber des HR-Kreises und acatech Präsidiumsmitglied.

In ihrem Policy Brief „Die digitale Transformation gestalten“ identifizieren die HR-Expertinnen und -Experten drei zentrale Handlungsfelder und geben Impulse, wie schnelle Nachbesserungen gelingen können:

1. Mobiles und hybrides Arbeiten: Möglichkeit zum Homeoffice in München, Mailand oder Madrid – ohne regelmäßige Begehung

Orts- und zeitflexibles Arbeiten sollte so gestaltet werden, dass Beschäftigte und Unternehmen gleichermaßen davon profitieren: Neben einer Steigerung der Arbeitgeberattraktivität und der damit einhergehenden Mitarbeiterbindung und Anwerbung von dringend benötigten Fachkräften könne so die Mitarbeiterzufriedenheit und -motivation erhöht werden.

Einen gesetzgeberischen Anstoß zur Förderung mobilen Arbeitens lehnen die Autorinnen und Autoren ab. Der Gesetzgeber sollte stattdessen regeln, dass das Homeoffice arbeitsschutzrechtlich dem mobilen Arbeiten gleichgestellt ist; die Arbeitsstättenverordnung sollte hier keine Anwendung finden. Andernfalls drohe unter anderem die Verpflichtung zur (ergonomischen) Ausstattung des Wahlarbeitsplatzes sowie zur regelmäßigen Begehung und Gefährdungsbeurteilung der Arbeitsstätte. Der damit einhergehende zusätzliche Bürokratieaufwand für Unternehmen und die Finanzverwaltung wäre erheblich, heißt es in der Publikation.

Auch im Ausland kann eine beschäftigte Person heute vom Homeoffice aus arbeiten – aus Sicht der HR-Expertinnen und -Experten sei das aber noch zu häufig mit negativen Auswirkungen auf die Besteuerung des Arbeitsentgelts und auf die sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Beschäftigten verbunden. Um grenzüberschreitendes mobiles Arbeiten noch besser zu ermöglichen, seien deshalb beschränkte Steuerpflichten der deutschen Arbeitgeber nach ausländischem Recht sowie lohnsteuerliche Verpflichtungen im Ausland zu vermeiden. Der Gesetzgeber solle hier deutlich machen, dass in diesen Fällen keine Betriebsstätte vorliegt. Eine Harmonisierung von Steuer- und Sozialversicherungsrecht mindestens in der Europäischen Union wäre zu begrüßen.

2. Mitbestimmung: Mehr Virtualität wagen

Die Mitbestimmung in Deutschland könne insgesamt als sehr konstruktiv und verantwortungsvoll beschrieben werden, Betriebsräte seien wichtige Partner und Wegbegleiter der Unternehmen, so die Autorinnen und Autoren. Eine Mitbestimmungskultur, die die Anforderungen an die Veränderungsfähigkeit von Unternehmen mit den Interessen der Beschäftigten in Einklang bringt, könne zu einem deutschen Alleinstellungsmerkmal in der digitalen Transformation werden.

Dafür brauche es allerdings eine Modernisierung der Mitbestimmung, die über das Betriebsrätemodernisierungsgesetz hinausgeht. Aktuell bedeutet dieses Gesetz aus Sicht der Personalexpertinnen und -experten noch einen zu hohen administrativen und finanziellen Aufwand in den Unternehmen. Während der Corona-Pandemie wurden temporäre Ausnahmeregelungen eingeführt – zum Beispiel konnten Betriebsversammlungen virtuell abgehalten werden –, die eine Fortführung der Mitbestimmungsarbeit im Rahmen des betrieblichen Infektionsschutzes ermöglicht haben. Diese Ausnahmeregelungen sollten von der Ausnahme zur Regel werden, heißt es im Papier.

3. Qualifizierung: Individuelle statt pauschale Weiterbildungsansprüche

Hybrides Arbeiten setzt digitale Kompetenzen stark voraus. In zwei Jahren Pandemie haben sich Beschäftigte mit vielen neuen digitalen Möglichkeiten auseinandergesetzt und ihren Wissenstand erweitert. Doch immer noch seien Lücken vorhanden, lebensbegleitendes Lernen bleibe – ganz unabhängig davon – in der fortschreitenden digitalen Transformation ein kritischer Erfolgsfaktor, so die Autorinnen und Autoren.

Unternehmen und Beschäftigte hätten hier eine gemeinsame Verantwortung: Unternehmen müssten lernförderliche Arbeitsbedingungen schaffen, individuelle Lernprozesse bedarfsgerecht begleiten und die Lernmotivation der Beschäftigten fördern. Die Beschäftigten lernen – nach ihren Möglichkeiten – verstärkt selbstbestimmt und eigenverantwortlich.

Weiterbildung müsse dabei in der Hand der Unternehmen bleiben. Pauschale Regelungen in Form gesetzlicher Weiterbildungs- oder weitgehender Freistellungsansprüche stünden im Widerspruch zu der Anforderung, lebensbegleitendes Lernen mit Blick auf konkrete Bedarfe im Unternehmen und individuelle Bedürfnisse der Beschäftigten zu fördern.

Bei Transferqualifizierungen, d. h. Beschäftigte „von Arbeit in Arbeit“ bringen, sei das konstruktive und zukunftsorientierte Zusammenspiel aller Akteure allerdings entscheidend.

Quelle: Presseportal.de

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