Laut einer aktuellen Deloitte Umfrage haben Frauen in nur einem Fünftel der österreichischen Unternehmen die gleichen Chancen wie ihre männlichen Kollegen. Zwar sprechen sich die meisten Befragten theoretisch für mehr Frauen in Führungspositionen aus. Fehlende messbare Ziele, die allgegenwärtige Teilzeitfalle und konservative Rollenbilder verhindern aber die Realisierung in der Praxis.
Das Beratungsunternehmen Deloitte hat zwischen Jänner und Februar 2019 österreichweit 442 Personen in leitender Funktion zum Thema Frauen und Führung befragt. Das ernüchternde Ergebnis: Theoretisch versprechen sich zwar 93 % der Befragten grundsätzlich einen Wettbewerbsvorteil durch Frauen in Führungspositionen. Praktisch setzen aber viel zu wenige entsprechende Maßnahmen zur Erhöhung der Chancengleichheit im eigenen Unternehmen.
Ein Haupthindernis stellt das Fehlen von konkreten Zielsetzungen dar. Nur 28 % der Führungskräfte haben messbare Ziele zur Erhöhung des Frauenanteils formuliert. Und das, obwohl 84 % von deren Notwendigkeit überzeugt sind.
„Das Ergebnis der Umfrage bestätigt einmal mehr: Theorie und Praxis klaffen beim Thema Gleichstellung stark auseinander. In vielen Unternehmen beschränkt sich Diversity noch immer auf Lippenbekenntnisse“, analysiert Gundi Wentner, Partnerin bei Deloitte Österreich.
Chancengleichheit ist die Ausnahme
Trotz angekündigter Vorhaben und guter Vorsätze ist Chancengleichheit in den meisten Betrieben aktuell nicht gegeben. Die Frage, ob Frauen im Unternehmen prinzipiell die gleichen Karrierechancen wie ihre männlichen Kollegen haben, offenbart einen ernüchternden Status quo. Nur 21 % gehen von einer generellen Chancengleichheit im eigenen Unternehmen aus, bei fast einem Drittel ist sie nicht existent.
„Mehr als die Hälfte der Befragten knüpft Chancengleichheit an das Beschäftigungsausmaß. Eine Vollzeitbeschäftigung ist die Grundvoraussetzung für gleiche Karrieremöglichkeiten“, ergänzt Elisa Aichinger, Senior Managerin bei Deloitte Österreich. „Frauen befinden sich oft in der Teilzeitfalle. Das liegt vor allem an ihrer Rolle innerhalb der Familie.“
Konservatives Rollenbild bremst Frauenkarrieren
Die Deloitte Umfrage bestätigt: Kinderbetreuung ist in Österreich nach wie vor Frauensache. Die erschwerte Vereinbarkeit von Familie und Beruf (68 %), konservative Rollenbilder und Vorurteile (61 %) sowie schlechte Rahmenbedingungen im Bereich Kinderbetreuung und Ganztagsschulangebote (60 %) werden am häufigsten als Karrierehemmnisse angeführt. Mehr als die Hälfte der Befragten nennen auch fehlende Ambitionen und Selbstvertrauen seitens der Frauen als Hindernis.
„Insgesamt werden Karrierehürden für Frauen eher auf gesellschaftlicher und individueller Ebene gesehen. Das greift aber zu kurz. Gerade Unternehmen müssen ihre Verantwortung beim Thema Gleichstellung von Mann und Frau wahrnehmen. Die Einflussmöglichkeiten der Wirtschaft sind beträchtlich“, betont Gundi Wentner.
Erhöhung des Frauenanteils ist wichtiges Ziel
Zumindest hat die Mehrheit der Unternehmen laut der vorliegenden Studie den Nachholbedarf erkannt. So steht die Erhöhung des Frauenanteils in den obersten Führungsebenen bei 60 % der heimischen Unternehmen auf der Agenda. Gerade die großen Unternehmen streben einen höheren Frauenanteil an.
„Ein ausgewogenes Geschlechterverhältnis auf Führungsebene wirkt sich positiv auf Herausforderungen wie den Fachkräftemangel, den demographischen Wandel und die Digitalisierung aus“, erklärt Elisa Aichinger. „Gerade international ausgerichtete Unternehmen haben den Nutzen diverser Teams schon erkannt. Die breite Unternehmerschaft muss endlich folgen.“
Quelle: Deloitte