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Schlüsselkompetenzen gefordert: Beherrschung des Zugangs – Schulen als Fundament der digitalen Wissensgesellschaft – Deutschland hat keine Spezialisierungsvorteile bei digitalen Technologien und Geschäftsmodellen – Warnung vor „digitalen Analphabeten“ – Privatwirtschaftlich wie öffentlich bereitgestellte digitale Weiterbildung wird immer wichtiger

Im elften Jahresgutachten der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI), das der Bundeskanzlerin in Berlin übergeben wurde, betonen die Wissenschaftler die entscheidende Bedeutung der digitalen Bildung: „Vor uns stehen große Herausforderungen durch neue digitale Technologien auf Basis von künstlicher Intelligenz, autonomer Systeme, Robotik, Big Data oder Cloud Computing, die künftig Deutschlands bisherige Spezialisierungsvorteile in Frage stellen und zugleich aber auch neue Geschäftsmodelle ermöglichen“, so der Vorsitzende der Expertenkommission, Prof. Dietmar Harhoff vom Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb. „Den neuen digitalen Anforderungen muss sich deshalb auch das deutsche Bildungs- und Weiterbildungssystem stellen: Fähigkeiten in Software- und Algorithmen-Entwicklung bzw. entsprechend qualifizierte Fachkräfte mit digitalen ‚Schlüsselkompetenzen‘ sind wichtige Voraussetzungen für Produktivitätswachstum und Innovation in alten wie in neuen Branchen.“ Solche Schlüsselkompetenzen umfassen gemäß der Expertenkommission alle computer-, daten- und IT-bezogenen Kompetenzen und bilden die „Grundlage, um digitale Technologien sinnvoll einsetzen zu können“.

Den Bedarf an Fachkräften, die den digitalen Wandel aktiv gestalten sollen, schätzt die Kommission als hoch ein. Dabei erlaube die Verwendung von Statistiken zu IT-Fachkräften im engeren Sinne bestenfalls eine konservative Abschätzung, da sich neu entwickelnde Berufsgruppen wie die der „Datenwissenschaftler“ in diesen Statistiken bisher nicht erfasst werden. Aber allein die auf IT-Fachkräfte im engeren Sinne bezogenen Zahlen seien eindeutig: Laut einer Umfrage beklagten Ende 2016 bereits 70 Prozent der deutschen Unternehmen einen wachsenden IT-Fachkräftemangel. Demnach waren 51.000 Stellen für IT-Fachkräfte unbesetzt, etwa 20 Prozent mehr als im Vorjahr und 35 Prozent mehr als im Durchschnitt der vorangegangenen neun Jahre. Darüber hinaus stieg die Anzahl ausgeschriebener Stellen für IT-Fachkräfte zwischen August 2016 und August 2017 um 20 Prozent. Jede dritte IT-Stelle ist länger als 60 Tage ausgeschrieben, also offenbar nur schwer zu besetzen.

Zudem sei in vielen weiteren Berufen inzwischen auch die Fähigkeit zur Erstellung von Software erforderlich. Allerdings reiche ein Fokus auf Software allein nicht aus – vielmehr ist eine Verschränkung mit anderen Fähigkeiten nötig. „In jedem Fall muss das Angebot an qualifizierten Arbeitskräften durch verbesserte digitale Bildung an den Schulen und Hochschulen, in der dualen Berufsausbildung und der Weiterbildung erhöht werden“, so Prof. Backes-Gellner von der Universität Zürich und Mitglied der Kommission. Sie warnt dabei vor einem möglichen „digitalen Analphabetentum“, das es zu verhindern gelte. „Schüler müssen zudem schon möglichst früh in die Lage versetzt werden, mit persönlichen Daten verantwortungsbewusst umzugehen.“

Schulen müssen Fundament der digitalen Wissensgesellschaft werden

Das Schulfach Informatik, sofern überhaupt angeboten, werde in Deutschland frühestens ab der Sekundarstufe I und damit zu spät unterrichtet. Prof. Backes-Gellner weiter: „Zudem sind IT-Ausstattung und -Wartung sowie Internetzugänge an vielen Schulen, trotz eines leicht positiven Trends in den letzten Jahren, verbesserungsbedürftig. Auch die didaktische Weiterbildung der Lehrenden im Hinblick auf die sich stetig wandelnden IT-Inhalte ist stark verbesserungswürdig.“

Die Expertenkommission mahnt insbesondere bei „Schulen, dem Grundstein für die digitale Wissensgesellschaft“, eine deutlich höhere Dynamik an: für einen frühen Beginn der Digitalkunde bereits in der Grundschule; für eine bessere Ausstattung der Schulen mit Computertechnik und Breitband-Internetzugängen; für Lernsoftware, -plattformen und -medien; für die Weiterbildung von Lehrpersonal und für neue Lehrpläne in Schulen und Berufsschulen. „Hier muss jetzt geklotzt und nicht gekleckert werden!“, so der Vorsitzende der Kommission, Prof. Harhoff, „da Deutschland sonst hinter anderen Ländern weiter zurückfällt.“

Die Expertenkommission begrüßt, „dass die Bundesregierung digitale Schlüsselkompetenzen als Qualifikationsanforderung einer zunehmend digital geprägten Arbeitswelt ausdrücklich anerkennt“. Sie sieht jedoch weiterhin einen großen Handlungsbedarf und empfiehlt die folgenden Maßnahmen zum Ausbau der digitalen Bildung durch Bund und Länder:

– Digitale Schlüsselkompetenzen sollten bereits in Grundschulen

flächendeckend unterrichtet werden. Lehrende in Schulen

benötigen nicht nur eine exzellente IT-Ausstattung, sondern auch

fortwährende Weiterbildung. Der „DigitalPakt Schule“ braucht

einen ausreichenden Finanzierungsrahmen und ist im

Regierungsprogramm der neuen Bundesregierung fest zu verankern.

– Um den absehbaren Engpass bei qualifiziertem Lehrpersonal zu

entschärfen und die Entwicklungen zu beschleunigen, sollte die

Rekrutierung von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern

forciert werden. Allein über den regulären Weg der Lehrerbildung

wird die Gewinnung qualifizierten Lehrpersonals zu lange dauern.

– In der dualen Berufsausbildung sollten die Angebote im

IT-Bereich, insbesondere Programmierung, IT-Sicherheit sowie

Software- und Web-Entwicklung, über alle Disziplinen hinweg

deutlich erweitert werden. Digitalkompetenzen sollten als fester

Bestandteil in jeder Berufsausbildung, nicht nur in IT-Berufen,

verankert werden.

– An den Hochschulen sollten, ebenfalls über alle Disziplinen

hinweg, neben Programmierkompetenzen und Kenntnissen der

Software- und Web-Entwicklung auch Datenwissenschaften und

Methoden des maschinellen Lernens vermittelt werden.

– Eine Stärkung der Weiterbildungsmöglichkeiten („lebenslanges

Lernen“) ist vor dem Hintergrund sich immer schneller wandelnder

Qualifikationsbedarfe im IT-Bereich unerlässlich. Aus Sicht der

Expertenkommission bedarf es auch neuartiger Angebote aus der

Privatwirtschaft. Diese sind von der F&I-Politik in geeigneter

Weise zu begleiten und hinsichtlich ihrer Wirkung und Bedeutung

für das Bildungssystem fortwährend zu evaluieren.

– Um digitale Kompetenzen fördern zu können, müssen sie

kontinuierlich erfasst werden. Die Expertenkommission begrüßt

daher ausdrücklich die Teilnahme Deutschlands an internationalen

Vergleichsstudien zur Messung der digitalen Schlüsselkompetenzen

von Schülern und Erwachsenen.

Die Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) mit Sitz in Berlin leistet seit über zehn Jahren wissenschaftliche Politikberatung für die Bundesregierung und legt jährlich ein Gutachten zu Forschung, Innovation und technologischer Leistungsfähigkeit Deutschlands vor. Wesentliche Aufgabe der EFI ist es dabei, die Stärken und Schwächen des deutschen Innovationssystems im internationalen und zeitlichen Vergleich zu analysieren und die Perspektiven des Forschungs- und Innovationsstandorts Deutschland zu bewerten. Auf dieser Basis entwickelt die EFI Vorschläge für die nationale Forschungs- und Innovationspolitik.

Quelle: Presseportal.de

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