Warum sich Unternehmen öfter die Frage stellen sollten, ob der Ball rund sein muss!
Muss der Ball rund sein? Diese Frage stellen sich viele Unternehmen viel zu selten, die meisten nie. Es wird als Fakt, als eiserne Regel akzeptiert, dass der Ball rund ist. Punkt. Und dann gibt es doch immer wieder Menschen, die das in Frage stellen. Zum Glück für das Unternehmen und zur Bereicherung für die Wirtschaftswelt. Viele der bekanntesten Marken, Firmen und Produkte hätten ohne interessante Antworten auf diese Frage gar nie das Licht der Welt erblickt. Doch die Welt ist auch in dieser Beziehung nicht schwarz/weiß. Es gibt evolutionäre Entwicklungsstufen und fünf Prototypen von Unternehmen, die diese verkörpern.
Zombies
Zombies, die sich interessanter Weise im Kino in letzter Zeit wieder deutlich steigender Popularität erfreuen, gibt es auch unter den Firmen. Sie haben mit Ihren Vorbildern von der Leinwand eines gemein: sie denken nicht. Sie bewegen sich, ein wenig, aber sind eigentlich schon tot. Zombie-Unternehmen machen ihr Geschäft so wie sie es schon immer gemacht haben, bzw. wie „man es eben in der Branche so macht“. Sie kommen gar nicht auf die Idee, dass man darüber nachdenken könnte etwas zu tun, um das Geschäft anzukurbeln. Der Gedanke etwas anders zu machen ist sowieso jenseits des potenziell Denkbaren. Ein Zustand, der in der heutigen Wirtschaft nur mehr funktioniert, wenn man das Glück hat auf einem Monopol zu sitzen. Und selbst dann stellt sich die Frage: Wie lange noch?
Preisspieler
Zur nächsten Kategorie gehören jene Unternehmen, die zwar aktiv sind und Ihre Umsätze und Gewinne steigern wollen, doch das Einzige, was Ihnen dazu einfällt ist: Preise senken und Preisaktionen machen. Eine sehr gefährliche Strategie, wie die Erfahrung zeigt – Schlecker und Praktiker sind unter anderem dieser Strategie zum Opfer gefallen. Obwohl es einfach aussieht, ist es sehr schwierig Preisspieler zu sein UND damit langfristig profitabel zu agieren. Das funktioniert nur bei entsprechender Firmengröße und damit verbundene Einkaufsmacht, die niedrige Kosten mit sich bringt, und bzw. oder in Kombination mit anderen Strategien. Hofer (Aldi in Deutschland), einer der erfolgreichen Preisspieler, ist ja nicht einfach nur billig, sondern hat auch z.B. einen drastisch reduzierten Sortimentsumfang.
Optimierer
Die Optimierer sind die Prototypen der nächsten Evolutionsstufe. Bei den Optimierern geht es viel um Begriffe wie Prozesse, KAIZEN und SIX Sigma. Sie agieren meist sehr professionell und bemühen sich jede noch so kleine Möglichkeit zu nutzen, die eine Kosteneinsparung, eine Prozessoptimierung oder einen Zusatzumsatz bringen kann. Dagegen ist rein gar nichts zu sagen. Mit dieser Strategie kann ein Unternehmen langfristig erfolgreich unterwegs sein. Der einzige Wermutstropfen könnte sein: Optimierer sind angesehen, gehören aber oft nicht zu den Superstars, die in allen Medien und in aller Munde sind und deren Gewinne und Umsätze jeglichen Vergleich sprengen. Wenn man das möchte, muss man zumindest die nächste Stufe der Unternehmens-Evolution erklimmen.
Regelbrecher
Hier beginnt es jetzt wirklich spannend zu werden. Es gibt in jeder Branche Regeln – festgeschrieben oder auch nur gelebt. Die meisten, die ein Geschäft betreiben tun das gemäß diesen Regeln. Teilweise bewusst, oft aber auch ohne drüber nachzudenken, dass man drüber nachdenken könnte. Die Regelbrecher unter den Firmen beugen diese Regeln, oder brechen sie sogar ganz. Oft nur eine, manchmal auch mehrere. Als Nespresso begonnen hat Kaffee in Microportionen (zu extrem hohen Preisen!) zu verkaufen, war das ein eindeutiger Regelbruch in einer Branche wo Packungsgrößen von ½ oder ganzen Kilos üblich waren. Und Regelbrüche fallen auf, nicht nur den Mitbewerbern, die dann manchmal zu Nachahmern werden (das Microportionskonzept hat ja bekanntlich um sich gegriffen), sondern auch den Kunden. Das ist neu, anders, ungewohnt und schon allein deshalb interessant. Man spricht darüber. Ein Regelbruch kann der Unterschied sein, der den Unterschied macht, ein USP. Mit dem Regelbruch kommt ein Unternehmen zumindest ein Stück weit aus der Vergleichbarkeit. Der Preis wird weniger wichtig, was das Nespresso Beispiel deutlich zeigt. Dadurch wird es möglich Deckungsbeiträge zu erwirtschaften von denen der Mitbewerb nur träumen kann.
Gamechanger
Wo Regelbrecher aber immer noch in bekannten Branchen mit bekannten Produkten, Dienstleistungen und bekannten Konzepten ihr Geschäft machen, bewegen sich Gamechanger auf komplett neuem Terrain. Die wirklich Erfolgreichen brechen die Regeln nicht. Sie erfinden ein neues Spiel. Ein neues Produkt, eine neue Dienstleistung, einen komplett anderen Prozess oder sogar eine Branche, die es bis dahin nicht gab. Dietrich Mateschitz war mit Red Bull seinerzeit ein Gamechanger ersten Ranges. Energy Drinks gab es nicht. Heute ist das anders. Es ist eine Riesenbranche daraus entstanden. Das Post-It ebenso und das Auto, damals. Wenn ein Unternehmen das Spiel verändert, entzieht es sich oft komplett der Vergleichbarkeit, vor allem auch bezüglich des Preises. Wie soll man ein Produkt vergleichen, das das einzige seiner Art ist? Was ist ein angemessener Preis dafür? Dieser wird neben den Kosten nur dadurch definiert was sich der Kunde leisten kann oder vor allem will, nicht aber durch den Mitbewerb. Es gibt (noch) keinen. Und wer das Spiel erfindet darf die Regeln bestimmen.
Revolutionen
Revolutionen werden zu allermeist durch Gamechanger ausgelöst, manchmal auch durch Regelbrecher. Die meisten wirklich großen Namen in der Firmenwelt waren zu einem Zeitpunkt Ihrer Geschichte, oder auch immer wieder, Regelbrecher oder Gamechanger. Manche sind es noch, andere haben sich zu Optimierern zurückentwickelt. Und es gibt kein exklusives ODER was das angeht, sondern oft verbindendes UND. Ein regelbrechendes Produkt, kombiniert mit optimierten Prozessen, oder auch genau umgekehrt. Es muss nicht immer das Produkt sein, das die Revolution darstellt. Henry Ford hat das Auto nicht erfunden, aber er war Regelbrecher bzw. sogar Gamechanger was den Produktionsprozess angeht.
Muss der Ball rund sein?
Doch am Anfang steht die Frage, das Hinterfragen, das Anzweifeln vor allem der Dinge, die „so sind“. Immer wieder. Konsequent. Permanent. Und das Zulassen von Ideen. Selbst wenn diese das bisherige Weltbild komplett über den Haufen werfen. Gerade diese. Das sind oft die spannendsten, die ergiebigsten, die revolutionären. Und gibt es dann eine Idee, muss die nächste Frage sein: „Und wie lässt sich das umsetzen?“ statt wie leider so oft „Warum geht das bei uns nicht?“.
Übrigens hat ein Salzburger Unternehmer die Frage nach dem runden Ball mit „nein“ beantwortet und einen Ball – den Corpus – erfunden, der komplett unförmig ist und dabei sehr erfolgreich verkauft wird – als Trainingsgerät für Fußballer.
Über den Autor:
Roman Kmenta – Als Impulsgeber für Veränderungen im persönlichen und wirtschaftlichen Bereich ist er seit über 20 Jahren in 7 Ländern in Verkauf und Führung tätig. Als Speaker und Berater arbeitete er schon mit mehr als 100 der TOP Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Als Autor publizierte er die Bücher „Die letzten Geheimnisse im Verkauf“ und „Der Stretchfaktor“ sowie diverse Artikel und Fachbeiträge in Zeitschriften. Sein Credo lautet „Es gibt nichts Dauerhaftes außer der Veränderung!“ und dieses legt er inhaltlich gehaltvoll und sehr unterhaltsam auf Marketing, Vertrieb, Führung und das Leben generell um.
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