Von Konfuzius ist uns eine Weisheit überliefert, die viele schon gehört haben und manche auch leben: “Wenn Du Deine Arbeit liebst, wirst Du Dein ganzes Leben nicht mehr arbeiten müssen“ Altkluges Geschwätz? Idealistische Wahnvorstellung? Aus der Zeit gefallene Besserwisserei? Lange nach Konfuzius formulierte der Industrielle Charles Michael Schwab diesen Zusammenhang aus der materiellen Perspektive: „Wer nicht aus Liebe zur Sache arbeitet, sondern nur des Geldes willen, der bekommt gar nichts: weder Geld noch Glück. Die Liebe zur Sache ist der Schlüssel zur Freude an der Arbeit und zum Erfolg.“ Erfahren Sie hier, was es mit der Liebe zur Sache auf sich hat.
Amateure sind die besseren Profis
Liebe zur Sache empfindet, wer Amateur und Dilettant bleibt. Nicht erschrecken, bitte, ich meine das ernst. Amateure und Dilettanten sind die, die etwas lieben und sich daran erfreuen! Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Begriffe Amateur (von lateinisch amator, Liebhaber) und Dilettant (von lateinisch delectare, sich erfreuen) noch positiv besetzt. Sie bezeichneten Menschen, die Tätigkeiten nicht zum Gelderwerb, sondern aus Liebhaberei und zum Vergnügen ausübten. Damit wurde eine emotionale Beziehung ausgedrückt, über das fachliche Niveau und die Sachkenntnis wurde damit keine Aussage gemacht.
Amateure machen Geschichte
Geheimrat Johann Wolfgang von Goethe entwickelte eine Farbenlehre und der Priester Gregor Mendel begründete die Vererbungslehre. Beide waren in diesen Betätigungsfeldern Dilettanten. Werner von Siemens, der die deutsche Industriegeschichte entscheidend prägte, war am Anfang seiner Karriere Erfinder im Nebenberuf. Im Hauptberuf war er Soldat. Als Unternehmer bekannte er: „Ich sehe im Geschäft erst in zweiter Linie ein Geldeswerth Object.“
Und ein US-amerikanischer Unternehmer, der am Neujahrstag 2016 verstorbene Gilbert Kaplan, entwickelte sich in den letzten 35 Jahren seines Lebens zu einem weltweit bekannten Dirigenten von Gustav Mahlers 2.Symphonie – und zwar als Amateur. Als solcher war er 1996 der Erste, der eingeladen wurde, bei den Salzburger Festspielen zu dirigieren.
Amateure sind die Guten
Amateure und Dilettanten sind nicht gefährlich, sondern unentbehrlich. Gefährlich sind in allen Berufen die Laien. Das sind Menschen ohne Erfahrung und Fachkenntnisse. Im antiken Griechenland waren das die, die aus dem Volk kamen (von laikós, zum Volk gehörig), die Anfänger und Ungebildeten. Laientum ist weniger anzustreben. Amateurschauspieler ja, aber Laiendarsteller … na ich weiß nicht recht?
Weit verbreitet in vielen Bereichen sind die Banausen. Heutzutage gehören die meisten Menschen dieser Gruppe an. Es sei denn, sie sind reich geboren und können ein großes Erbe antreten. Als bánausos bezeichnete man nämlich im antiken Griechenland die unfrei Geborenen. Sie hatten keine Wahl und mussten arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Kommt Ihnen das bekannt vor?
Vom Laien zum Banausen
Die meisten von uns sind als Laie auf die Welt gekommen. Wir wuchsen heran und das System hat uns klar gemacht, dass wir von etwas leben werden müssen. So kam es zu Ausbildung und Berufswahl. Möglicherweise war das der Schritt ins Banausentum der Erwerbsarbeit. Und um uns in unserem Metier zum Profi weiter zu entwickeln, haben wir immer weiter gelernt. Wir haben unsere Fähigkeiten und Fertigkeiten verbessert. Daher kommt das Schlagwort vom „lebenslangen Lernen“, das in die Frage mündet: »Gibt es ein Leben nach dem Lernen?«
Viele Menschen machen ihre Arbeit zwar sehr gut, aber leider nicht immer sehr gerne. Um sich vom unfreien Banausen weiter zu entwickeln, genügt es nicht, sich nur zu verbessern, man muss sich auch „verliebern“: Die Dinge nicht nur besser, sondern auch lieber machen. Ansonsten wird man durch Lohnarbeit versklavt.
Das Zeug zum Profi wurzelt im Dilettanten
Liegt nicht dort die Wurzel der Geringschätzung der Erwerbsarbeit? Durch diese Unfreiheit im Sinne von Unfreiwilligkeit der Arbeit sind heute noch viele der Meinung, dass Arbeit ja gar keine Freude machen könne, müsse und dürfe. Wir kommen nicht drum herum: Der Weg zum wirklichen Profi führt über den Amateur und Dilettanten. Trauen Sie sich ein Dilettant zu sein!
Es liegt an Ihnen, die Perspektive zu wechseln. Freude an der Arbeit braucht Arbeit an der Freude. Überlegen Sie, ob der nächste Weiterbildungsschritt zur Abwechslung einmal nicht in Richtung noch mehr fachliche Expertise gehen könnte. Verbessern Sie sich dadurch, dass Sie sich „Verliebern“. Machen Sie sich Ihre Rolle für andere bewusst. So erkennen Sie Ihren Wert für andere und entwickeln ein Gefühl für Ihre Selbstwirksamkeit. Nichts ist erfreuender als das Gefühl, für andere Bedeutung zu haben.
Aus dem Blickwinkel des Wiener Literaten Egon Friedell sollten wir als Menschen in der Arbeit seltener Banausen und häufiger Dilettanten sein. Er schrieb: Nur beim Dilettanten decken sich Mensch und Beruf. Denken Sie öfter daran. Und Sie werden erkennen, dass es leichter ist als geglaubt, die Liebe zu Ihrer Arbeit zu sichern.
Autor: Gerhard J. Vater