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Transfermanagement umfasst alle Aktivitäten mit dem Ziel, Wissen im Unternehmen in praktische Handlungen umzusetzen. Dabei sind sowohl die Wissensvermittler (Trainer, Coaches, Consultants) als auch die Führung und die Organisationsentwicklung gefordert. Ronny Hollenstein, Geschäftsführer der ic2 concepts & trainings GmbH erklärt im Interview, wie die Herausforderungen zu bewältigen sind.

Was sind die Herausforderungen für ein erfolgreiches Transfermanagement?

Chronologisch gesehen fängt alles bei der Erhebung des Bildungsbedarfes an. Dieser Bedarf wird oft in Mitarbeiter-Gesprächen zwischen direkter Führungskraft und Mitarbeiter besprochen. Hier sind schon gute Optimierungsmöglichkeiten vorhanden, wenn diese Gespräche entsprechend offen und gut moderiert geführt werden. Hierbei halte ich das Trainieren von Fragetechniken und Moderationsmethoden für Führungskräfte für sehr wichtig. Die Herausforderung ist oft, dass diese Gespräche eher pro forma ablaufen und nicht ehrlich und tiefgründig mögliche Defizite bzw. – noch besser – schon vorhandene Stärken herausfiltern. Bei der Erstellung des Bildungskonzeptes, also wie nun der Bedarf gedeckt werden kann, finde ich es sehr wichtig auf die Besonderheiten des Unternehmens Rücksicht zu nehmen: Das beginnt bei der zeitlichen Planung, wann was angeboten wird, welche Kultur das Verhalten der Menschen in der Organisation bestimmt bis hin zu den konkreten Fällen in den Weiterbildungsmaßnahmen, die als Beispiele und Übungen heran gezogen werden. In den Trainings sind natürlich in erster Linie die Trainer gefordert, praxisnah, verständlich, angstfrei und übungsorientiert zu arbeiten. Dann sind die Führungskräfte und die Organisation als Ganzes gefordert, die Inhalte auch zu leben.

Was kann bzw. muss die Führung bzw. die Organisation beitragen?

Die Organisation bestimmt ganz maßgeblich das Verhalten der Menschen in dieser. Beispielsweise wird eine Organisation in der eine Kultur der Absicherung und Fehlervermeidung vorherrscht es schwer haben, offene und kreative Prozesse zu implementieren, bei denen man neue Wege beschreitet bzw. aus Fehlern lernen könnte. Die Führung als Gesicht der Organisation den Mitarbeiter/innen gegenüber kann hier durchaus sehr viel beitragen. Führungskräfte sollten als Vorbilder dienen, sich gut informieren über die Inhalte der Seminare und auf diese auch Bezug nehmen. Wir bieten deswegen den Führungskräften kurze Vorträge an, in denen wir der Führung kurz vermitteln, was in den Seminaren trainiert wird. Die Führung bzw. die Organisation sollte auch entsprechende Lernräume bieten. Wir von ic2 versuchen das Lernen in der Organisation zu verankern. Dabei bilden wir beispielsweise Lernmoderatoren aus, die nach den Seminaren mit den Teilnehmer praktische Fälle gemeinsam analysieren können, Gesprächsleitfäden weiter entwickeln und zusätzliche Lernräume wie PeerGroups, Lernpartnerschaften, Lesezirkel, interne Wikis etc. gestalten und weiter verfolgen.

Was können die Wissensvermittler beitragen?

Wir beraten unsere Kunden von Beginn an auch zum Thema Transfer. So planen und vereinbaren wir teilweise schon in den Trainings, wie die Inhalte längerfristig trainiert werden können. Bei der Wissensvermittlung ist zunächst mal die Beziehung zwischen Trainer/Coach und Teilnehmern wichtig. Hier reden wir von Anschlussfähigkeit. Ohne diese läuft gar nichts. Die Teilnehmer müssen sich sicher sein können, dass der/die Trainer/-in eine Ahnung von ihrer Arbeitsrealität hat. Dann sollten die Inhalte natürlich vor Ort geübt und immer wieder auf den Punkt gebracht werden. Ein offenes Klima, in dem Fragen, Experimente und Scheitern als lehrreich empfunden werden, ist genauso wichtig wie möglichst viele praktische Übungen. Hier sollte die Methode immer dem Ziel untergeordnet werden, was die Vermittler primär in ihrer Methodenkompetenz fordert.

Gibt es Beispiele für sehr erfolgreiches Transfermanagement?

Ein Kunde von uns, der auch beim WIFI Trainerkongress in den Workshops anwesend sein wird, hat große Erfolge mit den firmeninternen Lernmoderatoren erzielt. Diese übernehmen beispielsweise im Rahmen von Jour Fixen kurze Wiederholungssequenzen zu den Seminarinhalten, organisieren und halten kleine Supervisionen zur Umsetzung der Inhalte und ergänzen laufend einen praktischen Gesprächsleitfaden, in dem sie die besten Verhaltensweisen sammeln. In diesem Leitfaden sind dann beispielsweise gute Verkaufsargumente, Reaktionen auf Einwände des Kunden und Tipps für den Umgang mit schwierigen Situationen konkret aufgelistet. Hier wurde die Beschäftigung mit und die Umsetzung von den Inhalten zu einer alltäglichen Tätigkeit und funktioniert hervorragend. So ganz nebenbei haben diese Lernmoderatorrn dann auch zusätzliche Aufgaben im Unternehmen übernommen wie beispielsweise die Planung und Durchführung von Klausuren oder die Moderation von Besprechungen.

Wo sehen Sie die Zukunft?

Die Zukunft liegt meiner Meinung nach nicht in den Präsenzseminaren. Sie werden zwar nicht vollständig ersetzt werden können, aber sie werden kürzer und seltener werden. Die Zukunft liegt in der lernenden Organisation: beim Wissensmanagement in dem Erfahrungen, Wissen, Best Practice-Methoden allen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden, bei internen Wissensvermittlern (also firmeninternen Experten), die methodisch entsprechend geschult werden und natürlich vermehrter Nutzung von anderen Medien wie internen Austausch-Plattformen.

Das klingt nach schlechten Nachrichten für den Trainingsmarkt

Das Trainingserlebnis mit einem externen Impulsgeber wird es auch weiterhin geben, weil es sinnvoll und richtig ist. Aber wir Trainer werden uns vermehrt anstrengen müssen. Wissen allein ist ja noch keine Handlung.

Über den Autor:

Hollenstein_Portrait_300x300Ronny Hollenstein hat 2001 die ic2 concepts & trainings GmbH gegründet, die firmeninterne Bildungskonzepte, Trainings und Coachings anbietet. Er ist systemischer Consultant und Coach und hat sich als Trainer besonders auf die Thematik „schwierige Gesprächsführung“ spezialisiert.

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