Stellen Sie sich vor, Sie erkennen, dass der eigentliche Erfolgsfaktor Ihres Unternehmens Ihre Mitarbeiter sind. Das ist nicht wirklich überraschend. Überraschend ist vielmehr, wie wenig wir darüber wissen, wie diese Mitarbeiter am besten zu Teams zu verbinden sind und was das Management zum Erfolg dieser Teams beitragen kann. Böse Zungen behaupten, dass es dazu seit den Büchern von Peter Drucker aus den 1970ern nichts wirklich Neues gibt. In den letzten Jahren hat sich jedoch ein nicht ganz unbekanntes Unternehmen aus dem Silicon Valley vorgenommen, diese Probleme ein für alle Mal zu lösen.
Das perfekte Team
2012 startete Google das „Project Aristotle“ und investierte viele Millionen USD und unzählige Arbeitsstunden in die endgültige Beantwortung der Frage: „Wie setzt sich ein perfektes Team zusammen?“ Nach einem ausführlichen Literaturstudium der Publikationen der letzten Jahrzehnte wurden Hypothesen in einem Modell abgebildet und über Jahre an Tausenden Google-Mitarbeitern getestet. Es wäre nicht Google, wenn der Detaillierungsgrad nicht beeindruckend wäre: Neben Geschlecht, Alter, Ausbildungsstand, Erfahrung und allen anderen „Lebenslauffaktoren“ wurde jede Interaktion während und außerhalb der Teamtreffen genau aufgezeichnet. Wie oft gibt es Mailverkehr zwischen den Teilnehmern, wie oft gehen sie gemeinsam essen, wer spricht in den Meetings wie oft, was sind die Charaktereigenschaften der Teammitglieder usw. Und das Ergebnis? Alle individuellen Merkmale der Teammitglieder (Persönlichkeit, Intelligenz, Intro-/Extrovertiertheit, Fähigkeiten, Hierarchien, Teamleader) haben keinen relevanten Einfluss auf den Erfolg eines Teams. Dies führt zu dem provokanten Schluss, dass es egal ist, welche Personen in einem Team verbunden sind. Nur zwei Faktoren, die mit der Teamkultur verbunden sind, sind relevant. Zunächst und am wichtigsten: die „psychologische Sicherheit“. Wenn sich jedes Teammitglied darin sicher fühlt, ohne negative Konsequenzen seine Meinung äußern zu können und sich auch mit persönlichen Anliegen gut aufgehoben fühlt, wird Freiraum für Kreativität und Produktivität geschaffen. Dies ist auch die Basis für den zweiten Erfolgsfaktor: die „gleichmäßige Kommunikationszeit“. Teams, in denen alle Mitglieder in etwa gleich lange zu Wort kamen, konnten eine signifikant bessere Leistung erzielen als Teams mit einem klaren Wortführer.
Der perfekte Manager
Ursprünglich war Google der Meinung, dass Manager sinnlos sind und das beste Management jenes ist, das die Mitarbeiter in Ruhe arbeiten lässt. Mit zunehmendem Wachstum wurde jedoch erkannt, dass Personen, die Ressourcen zuteilen, Ergebnisse steuern oder Konflikte entscheiden, nicht gänzlich unwichtig sind. Das „Project Oxygen“, das die Performance-Daten aller Mitarbeiter und Manager strukturierte und sie mit verschiedenen Führungsprinzipien verband, wurde gestartet. Kaum 10.000 Beobachtungen und einige Jahre später war die Liste der Eigenschaften des perfekten Managers auch schon fertig. Ergebnis sind acht Prinzipien, die nach ihrer Wichtigkeit gereiht sind:
Klares und konstruktives Feedback:
Geben Sie positives wie negatives Feedback und unterstützen Sie die Mitarbeiter regelmäßig in persönlichen Gesprächen.
Delegation und kein Mikro-Management:
Geben Sie Ihren Mitarbeitern Freiheit, aber große Ziele.
Interesse am Erfolg und Wohlbefinden Ihrer Mitarbeiter:
Lernen Sie Ihre Kollegen auch privat kennen und sichern Sie einen guten Einstieg von neuen Mitarbeitern.
Produktivität und Ergebnisorientierung:
Setzen Sie Prioritäten und nutzen Sie Ihr hierarchisches Potenzial, um Hindernisse auszuräumen.
Kommunikation und Achtsamkeit:
Ermöglichen Sie eine offene Kommunikation, hören Sie zu und vermitteln sie das große Bild.
Karriereentwicklung:
Unterstützen Sie Ihre Mitarbeiter bei ihrer Karriere.
Klare Vision und Strategie:
Vermitteln Sie klare Ziele und involvieren Sie das Team in die Entwicklung der Vision.
Expertentum:
Scheuen Sie nicht die konkrete Arbeit mit dem Team und verstehen Sie die Herausforderungen der Aufgabenstellungen.
Falls Sie diese Liste nicht besonders beeindruckt, da viele der angeführten Punkte aus jedem Managementbuch zu entnehmen sind, so sollten Sie bedenken, dass Google damit die Managementqualität um bis zu 75 % verbesserte. Aus Sicht des Unternehmens gibt es zwei wesentliche Unterschiede zu anderen Managementempfehlungen:
Googles Liste ist gereiht, dh sie setzt klare Prioritäten, worauf der Schwerpunkt zu legen ist. Weiters erhebt Google keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit, sondern hat die Studie zur eigenen Verwendung durchgeführt. Sind diese Themen damit endgültig geklärt?
Nun, sollte auch Ihr Unternehmen jährlich zwei Millionen Bewerbungen erhalten und durchschnittlich 130.000 € Gehalt bezahlen, dann ja. Wenn nicht – zurück zu Peter Drucker.
Über den Autor:
Dr. Christian Kreuzer ist Mitglied der Geschäftsführung des Österreichischen Controller-Instituts sowie Managing Director bei Contrast EY Management Consulting. Bis 2009 er den Fachhochschulstudiengang für Finanz-, Rechnungs- und Steuerwesen der FH Wien geleitet und war Visiting Professor an der University of Southern California sowie Assistent am Institut für Unternehmensführung der WU Wien.
Dr. Kreuzer trainiert und berät seit über 25 Jahren im In- und Ausland in den Bereichen Finanzen, Controlling und Betriebswirtschaft.
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