Es gibt eine Reihe an Soft Skills, die für das Berufsleben und den persönlichen Erfolg heute und in Zukunft von Bedeutung sind. Im Interview mit Weiterbildungsmarkt.at erklärt der auf „Soft Skills & Soft Facts“-spezialisierte Trainer Gustav Waigl, auf welche Fähigkeiten besonderes Augenmerk gelegt werden soll.
Weiterbildungsmarkt.at: Soft Skills vs. Hard Skills – Wo liegt der Unterschied? Und was versteht man genau darunter?
Gustav Waigl: Beide Begriffe wurden erstmals in einem Trainingssystem für die US -Army in den 70` und 80´Jahren bei grundsätzlicher Unterscheidung menschlicher Eigenschaften, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Qualifikationen nach Art, Herkunft, Wirkung und dem Grad und Instrumentarium ihrer Erlernbarkeit geprägt. Später wurden diese, wie viele andere US Bezeichnungen auch, auf multinationaler Ebene von Personalmanagementsystemen und Bildungseinrichtungen übernommen. Heute gelten sie als Qualitätszeichen der Persönlichkeit im Wirtschafts- und Arbeitsleben und werden zunehmend auch für andere Handlungsfelder unseres Lebens verwendet.
„Soft Skills“ ist die Sammelbezeichnung für überfachliche menschliche Eigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, die uns auf der emotionalen Ebene zu bestimmten Entscheidungen und Handlungen führen. Das können persönliche sein (Umgang mit sich selbst – z.B. Selbstvertrauen, Selbstbeobachtung, Selbstdisziplin, etc.), soziale (Umgang mit anderen Menschen – z.B. Einfühlungsvermögen, Kommunikationsfähigkeit und Menschenkenntnis, etc.), oder methodische (Kompetenz für die Handhabung bestimmter Methoden und Techniken, um Soft Skills zu repräsentieren – z.B. strukturierte und zielorientierte Arbeitsweise, Beherrschung verschiedener Verhaltensgrundsätze und Kommunikationstechniken , etc.). „Heart Skills“ könnte eine anderer Bezeichnung für Soft Skills lauten und würde schon darauf hinweisen, dass wir diese als Teile unserer positiven Gefühlswelt betrachten können.
„Hard Skills“ sind Fähigkeiten, Fertigkeiten und Qualifikationen, die aus fachlichem Wissen und Verständnis stammen und Entscheidungen und Handlungen auf der Sachebene begründen, mitbestimmen oder initiieren (z.B. Daten, Fakten, Fachkenntnisse, rationales, logisches und analytisches Denken). Entgegen der öfters vertretenen Meinung, dass Entscheidungen und Handlungen grundsätzlich aus diesen Fähigkeiten resultieren oder resultieren sollten, werden die meisten, falls nicht alles verfügbare Wissen im Einzelfall deutlich dagegen spricht, auf der emotionalen Ebene getroffen bzw. ausgeführt oder von dieser zumindest wesentlich beeinflusst.
Der psychologische Hintergrund hierfür liegt darin, dass innere und äußere Reize, vor dem Einsetzen von Denkprozessen, zunächst körperlich und geistig emotional markiert werden und sodann bestimmte Gefühle in uns bewirken, die im darauf folgenden Denkprozess ständig mitschwingen und nicht nur in der unmittelbaren Reaktion, sondern auch im Verhalten in dieser Sache und auch später über das Unterbewusstsein, eine bedeutende Rolle spielen. Das ändert nichts daran, dass Fachwissen enorm wichtig und die Basis für die Qualität von Produkt und Leistung und den sogenannten Fortschritt ist, soll aber die Funktion und Bedeutung von „Soft Skills“ in gebührendes Licht stellen.
Man kann also sagen, dass „Soft Skills“ und „Hard Skills“ gemeinsam und in ständiger Wechselwirkung im „Konzert“ des menschlichen Systems spielen. In der Arbeits- und Geschäftswelt ist fachliche Qualifikation die Basis und ihre ständige Aktualisierung hat grundsätzlich und angesichts der immer kürzer werdenden Halbwertszeit, elementare Bedeutung. Doch über den Lebenserfolg und die Entfaltung bzw. Entwicklung der einzelnen Persönlichkeit im Gesamten entscheiden „Soft Skills. Beruflich wie privat.
Während Fachkompetenz, also Hard Skills, etwa das Fachwissen bzw. die kognitive Leistungsfähigkeit, über zahlreiche Testmodelle mit einiger Verlässlichkeit objektiv gemessen werden kann, stößt die Evaluation von Soft Skills, bei gleichem Anspruch auf Verlässlichkeit, im Hinblick auf die Kompliziertheit der Modelle und befürchteter Validitätsmängel auf Schwierigkeiten und wird von vielen Organisationen mit Skepsis betrachtet. Der Mensch fühlt, denkt und handelt eben meist nicht logisch, sondern psychologisch, was im Klartext Unberechenbarkeit, Hintergründigkeit und Psychologische Spiele bedeutet.
Weiterbildungsmarkt.at: Sind Soft Skills angeboren oder sind die Fähigkeiten durch die richtigen Maßnahmen erlernbar?
Gustav Waigl: Manche Leute sagen „Entweder man hat`s oder man hat`s nicht“. Ganz so ist es aber nachweislich nicht. Genetische Voraussetzungen, auch im Falle persönlicher Eigenschaften und Fähigkeiten, sind zwar zum Teil, über dessen Größe die Fachmeinungen immer noch auseinandergehen, mehr oder weniger an der Persönlichkeitsstruktur beteiligt.
Doch unsere Lebenserfahrungen- und Erlebnisse bewirken, bei kognitiver und emotionaler Verarbeitung, Schlussfolgerungen und Initiativen, die Bestätigung oder Veränderung von Einstellung bzw. Verhalten. Soft Skills sind daher grundsätzlich unter verschiedenen Voraussetzungen trainierbar und damit erlernbar. Durch Hinterfragung von Grundeinstellungen, Werten, Ethik und Moral, durch Ausbau von Grundlagenwissen und Methoden und durch Umsetzung konkreter Handlungsempfehlungen aufgrund einschlägiger Kommunikation und Übungen. Denken wir nur an die Elemente aktiv zuhören, konstruktives Feedback oder kleine Gesten der Wertschätzung.
Weiterbildungsmarkt.at: Welche Soft Skills zählen heutzutage im Berufsleben zu den wesentlichen Erfolgsfaktoren?
Gustav Waigl: Bei der vorhandenen Vielzahl und ihrer Vernetzung fällt es mir nicht leicht eine Auswahl zu treffen. Ich denke aber, dass die folgenden Fähigkeiten eine große Rolle spielen:
Selbstmanagement
Das bedeutet entsprechendes Bewusstsein für ein Verhalten zur „Ordnung“ des eigenen Lebens, innere Stabilität als Basis, um nicht nur sich selbst, sondern auch andere führen oder „mitnehmen“ zu können. Dazu gehören z.B. Selbstverantwortung, Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl, um eigene Ideen in neue Strukturen einzubringen, Durchsetzungsvermögen, um Neues auch gegen Widerstände, in die Welt zu bringen, Zielsetzung, Planung – allerdings ohne diese als Dogma zu sehen, Organisation, Lernfähigkeit, und Erfolgskontrolle durch Feedback und Selbstreflexion. Selbstmanagement bedeutet aber auch sich selbst so zu behandeln, wie wir von anderen gerne behandelt werden möchten. Unsere Stärken zu kennen und zu schätzen, aber auch unsere Schwächen zu sehen und nach Möglichkeit zu verändern, dabei aber letztlich auch unsere Grenzen zu akzeptieren. Schließlich ein positives Bild von uns zu sehen, voll offenstehender Möglichkeiten in diesem Leben.
In meiner Trainertätigkeit oft verwendete Sätze:
- „Wer nicht sein Bestes verfolgt, verfällt seinem Schlimmsten“
- „Wer aufhört besser zu werden, hat aufgehört, gut zu sein“
Diese haben zwar auf den ersten Blick starken Leistungscharakter, sind aber meiner Meinung nach ebenso auch auf die Freude am Leben und unseren Beitrag daran, bezogen.
Kommunikationsfähigkeit
Permanenter Austausch verschiedener Meinungen und diesbezügliche Abstimmungsprozesse erfordern die Fähigkeit zu erkennen, was das Gegenüber möchte, um darauf verständlich, effektiv und konstruktiv reagieren zu können. Eine offene und aufeinander zugehende Art zu kommunizieren begünstigt ihre Effizienz und das Unternehmensklima bzw. die Arbeitsatmosphäre. Kommunikation heißt aber nicht nur situationsadäquate und bestimmten Regeln folgende Interaktion in der Gemeinschaft, sondern auch entsprechende Fähigkeit, um die Sach- und Beziehungsebene, in einer für alle an der Kommunikation beteiligten Partner z.B. externen oder internen Kunden (Mitglieder der Organisation) in passender, anregender und weiterführende Art, zu verbinden.
Motivation & Engagement
Ich meine dabei die innere treibende Kraft und das Streben, eine Aufgabe um ihrer selbst willen zu bewältigen und sich für eigene bzw. selbst vertretene Werte einzusetzen. Diese Motivation wird getragen von hohen eigenen Standards und Maßstäben, fördert Begeisterung für das Thema und entwickelt zielgerichtete Loyalität gegenüber der Organisation, die für den Einzelnen und die betriebliche Allgemeinheit Erfüllung ermöglicht. Ein zentraler Bestandteil von Soft Skills, weil diese Fähigkeit zu weiterführenden Handlungen führt oder diese direkt beeinflusst.
Kooperationsbereitschaft & Teamfähigkeit
Darunter verstehe ich den Respekt und gegebenenfalls die Akzeptanz der Expertise des anderen, Wahrnehmung und Wertschätzung bzw. Anerkennung seiner Perspektive mit Bewusstsein für die Unterschiedlichkeit von Persönlichkeiten, Kritikfähigkeit, Ermutigung und Hilfe bei der Entfaltung von Fähigkeiten und dem Wissensausbau anderer und den Beitrag zu gemeinsamen Problemlösungen und grundlegende Offenheit und Freundlichkeit jedem gegenüber ohne Ansehung von Rang und Namen.
Empathie & Emotionale Intelligenz
Bewegung in und Beweglichkeit von Organisationen verlangen vor allem von Mitarbeitern, die andere führen nicht nur die emotional passende Einstellung, sondern auch Fähigkeiten, die ihrer Funktion gerecht werden wie z.B. Moderationsgestaltung, Diskussionsleitung oder Coaching-Fertigkeiten. Besonders wertvoll sind dabei – und das gilt für alle Lebensbereiche – die Wahrnehmung von Emotionen und Gefühlen bei sich selbst und anderen, die Verwendung von Emotionen und Gefühlen zur Unterstützung des Denkens, das Verstehen von Emotionen und Gefühlen von sich selbst und anderen und ein angemessener und konstruktivem Umgang mit Emotionen und Gefühlen von sich selbst und anderen. Diese Fähigkeiten sind eng verbunden mit sozialer Kompetenz.
Flexibilität & Reaktionsschnelligkeit
Immer raschere und zum Teil disruptive Veränderungen Lebensbereichen als in der Arbeitswelt am Markt und in unserer Gesellschaft- damit auch in Organisationen und die rasante technologische Entwicklung bedürfen, neben hohem und aktuellem Wissenstand, auch schnelle Anpassungsfähigkeit, Perspektivenwechsel, Kreativität und in bestimmten Fällen auch Einstellungsänderungen.
Weiterbildungsmarkt.at: Gibt es Soft Skills, die zwar im Berufsleben wenig Bedeutung haben, hingegen für den persönlichen Erfolg wichtig sind?
Gustav Waigl: Ich glaube, das hängt davon ab was wir unter persönlichem Erfolg verstehen. Für den einen Menschen sind das Karriere, Status, Anerkennung oder/und Geld, für den anderen die Familie, für den dritten Beruf und Familie zugleich, für den vierten Freizeit und den fünften vielleicht etwas ganz anderes. Das ist sehr an die persönliche Vorstellung von Lebenszufriedenheit und an das individuelle Glücksempfinden gebunden.
Ein Volkssprichwort sagt „Jeder soll es halten wie er will und auf seine Art glücklich werden“. Ein oder mehrere Körnchen Wahrheit sind hier wohl enthalten. Ich glaube aber, dass es Fähigkeiten gibt, die wahrscheinlich für die meisten Menschen, in jeder Lage von hoher Bedeutung sein können. Wenn ich bei der umfangreichen Liste von Beispielen für Soft Skills in einschlägigen Publikationen bleibe, gibt es kaum eine darin angeführte Fähigkeit, die nicht auch in anderen Lebensbereichen als in der Arbeitswelt wichtig und vorteilhaft ist. Von mir bisher nicht oder nicht direkt genannte sind z.B. Vertrauens- und Glaubwürdigkeit, Urteils- und Entscheidungsvermögen, Kreativität, Kampfgeist, Kreativität, Konfliktbewältigung, Problemlösungskompetenz, Redegewandtheit, Belastbarkeit, Durchhaltvermögen – doch es gibt sicher noch etliche weitere.
Ich möchte unsere Aufmerksamkeit aber auch auf Fähigkeiten im emotionalen Bereich lenken, die bisher im Business weniger Beachtung gefunden haben, aber großen Einfluss auf unsere Persönlichkeit und die Gesamtheit unseres Lebens haben, Auch hier wird es sicherlich noch weitere geben und ich weiß zudem nicht ob sie in den klassisch gebräuchlichen Begriff Soft Skills, der ja aus der Berufswelt stammt, eingereiht werden können. In die Welt der positiven Gefühle und Tugenden können sie es jedoch allemal.
Liebe & Erlebnisfähigkeit
Liebe zu einzelnen Menschen und zu anderen Lebewesen, zum Leben und seinen Handlungsfeldern, zu Objekten und Ideen, zu unserer Welt schlechthin, zu wen oder was auch immer. Ich sehe die Liebe als Steigerungsform von Motivation & Engagement.
Erlebnisfähigkeit in der emotionalen Wahrnehmung, Verarbeitung und dem Genießen verschiedenster Ausdrucksformen unserer Welt, unabhängig von den Maximen unserer Erlebnisgesellschaft und vielfach überzogenen Erscheinungen von Hype, Leistungsnormen, Intellekt und „Erlebnisverstärkern“.
Demut & Dankbarkeit
Demut – nicht als „Masche“ bzw. zum Schein, sondern in seiner positiven Bedeutung. Demut vor der Vielfalt unserer Erde und ihren Phänomenen und befreit von einengenden Vorurteilen. Dankbar dafür zu sein dieser Welt anzugehören, den gegebenen Augenblick und alles, was einem begegnet als Gabe und Geschenk achtsam wahrzunehmen. Diese Fähigkeiten sind Zeichen für unsere eigentliche Würde als freie Individuen mit Gefühlen, Verstand und Vernunft und wir schaffen damit gleichzeitig die Grundlage für die Überwindung des eigenen Narzissmus, ohne aber dabei unser ebenso wichtiges Selbstwertgefühl zu verlieren.
Humor
Als Fähigkeit es zu verstehen, die Perspektive zu wechseln, als äußerste Freiheit von Geist und Herz, sich selbst im Denken und Verhalten „probeweise“ in Frage zu stellen, als Phänomen der plötzlichen Einsicht in einen unerwarteten Zusammenhang und als „Gymnastik“ Für Körper und Geist. Mit Humor lässt sich (fast) jede Situation besser meistern.
Weiterbildungsmarkt.at: Was sind denn die bedeutendsten Soft Skills für die Zukunft?
Gustav Waigl: Bevor ich das versuche zu beantworten, möchte ich ein Paar Expertenbeiträge zum Thema Gesellschaft und Wirtschaft in der Zukunft bringen. Diese wird offensichtlich geprägt sein von der fortschreitenden Datenverfügbarkeit und der totalen digitalen Vernetzung unserer Gesellschaft, natürlich auch der Unternehmen. Das heißt, dass in absehbarer Zeit soziales Leben und Arbeits- bzw. Wirtschaftsformen denkbar sind, die wir vor einigen Jahren noch für utopisch gehalten haben.
Der renommierte US – amerikanische Managementvordenker Jeremy Rifkin, Autor von 20 Büchern über die Auswirkungen des wissenschaftlichen und technischen Wandels auf Arbeitswelt, Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt, sieht, wie das Weiterbildungsmagazin ManagerSeminare zu berichten weiß: „…bis 2050 wird der Gemeinschaftssinn über dem Machtsinn stehen und damit auch über das Kapital. Gemeinschaft und Lebensqualität als Kennzeichen dieser neuen Richtung treten jedenfalls schon jetzt in einzelnen Branchen in Erscheinung treten. Z.B. in der Film -und, Musikindustrie, bei Fernsehsender und Verlage.
Der Konsument wird hier zum Mitgestalter, im weitesten Sinn zum Produzenten. Der Kapitalismus wird sicher nicht enden aber er wird zurückgedrängt von einem neuen Wirtschaftssystem, der sogenannten Sharing Economy, in Form kooperativer und partizipativer Zusammenschlüsse von Personen und Vereinen, die primär nicht unbedingt auf Gewinn aus sind, sondern auf Gemeinschaft und Lebensqualität.“
Der in Österreich lebende US-Amerikaner Tim Cole, Bestsellerautor und Publizist auf dem Gebiet von Wirtschaftsprognosen und Auswirkungen der Digitalisierung, ergänzt:
„Alles was sich digitalisieren lässt, wird in Zukunft digitalisiert. Alles was sich vernetzen lässt, wird in Zukunft vernetzt. Unternehmen kaufen immer neue Systeme, die auf digitaler Vernetzung basieren. Mitarbeiter werden zu „Wissensarbeiter“ im Sinne des kompetenten Einsatzes intelligenter Systeme.
Expertenmeinungen zufolge werden die Hauptanforderungen an erfolgreiche Organisationen und damit auch an ihre Mitglieder in Agilität, Schnelligkeit, Qualitätsbewusstsein, Transparenz nach außen und innen, soziale Verantwortlichkeit und Integrität liegen. Während diese Kriterien grundsätzlich durch Weiterbildung im Persönlichkeitsbereich und geübter Praxis durchaus erzielbar erscheinen, habe ich bei Integrität, angesichts von Vorgängen in manchen Großkonzernen, des fraglichen Charakters von Einzelpersonen und den Lehren von Gegenwart und Vergangenheit meine Bedenken. Immerhin werden verschiedene Organisationsmodelle und Führungskonzepte koexistieren und sich überlappen, ein Zustand der zum Teil heute schon der Fall ist. Der hierarchisch und an bewährte Handhabung in der Vergangenheit orientierte Führungsstil wird jedenfalls immer mehr von Kooperation, dem Schaffen selbstverantwortlicher und innovativer Rahmenbedingungen, dem ständigem Hinterfragen von Denk- und Handlungsmustern und dem „Kommen lassen, was entstehen will“ statt überbetonter Kontrolle und dem Verharren im oft unbewusst gewählten bzw. vorgegebenen Wissensraum, abgelöst.
Gleichzeitig wird aber auch das Bedürfnis der Menschen nach positiven „menschlichen“ Eigenschaften und Verhaltensweisen, die in ihnen wieder das Gefühl des „Bodenständigen“ und der „Ursächlichkeit“ geben, größer. Das wird unser Leben im Privaten wie im Job betreffen. Positive „Soft Skills“ werden nicht nur, wie bisher angenehm erlebt werden, sondern im Wust und in der Fülle von digital gesteuertem Wissensmanagement noch stärker als heute zu Entscheidungen und Entwicklungen beitragen.
Cole: Man wird in den Führungsetagen im Marketing und der Unternehmenskommunikation statt zu verkünden und kontrollieren wieder mehr zuhören und lernen müssen damit Entwicklung, Produktion und Vertrieb auf die Bedürfnisse der Kunden im (digitalen) Dialog reagieren können. Es werden mehr Freiheiten erforderlich sein. Für das Ausprobieren möglicher Vorteile und der Befriedigung von Kundenwünschen durch vernetzte Daten. Und durch flexible, effiziente Gemeinsamkeiten in der in der Arbeitswelt bis zum Endprodukt.
Von allen bisher erwähnten Soft Skills und ihrer auch zukünftigen Bedeutung, scheinen mir aufgrund dieser Prognosen folgende Fähigkeiten, vor allem in der Wirtschaft, in Zukunft am stärksten nachgefragt zu werden.
- Kooperationsbereitschaft & Teamfähigkeit
- Empathie & Emotionale Intelligenz
- Flexibilität & Reaktionsschnelligkeit
Weiterbildungsmarkt.at: „Hire für attitude, train for Skills“ besagt eine Recruiting-Empfehlung. Worauf sollten Unternehmen bei der Auswahl neuer und bei Beurteilung vorhandener Mitarbeiter achten?
Gustav Waigl: Dieser plakative Satz hat meiner Ansicht nach tatsächlich tiefe Bedeutung. Attitude, verstanden als innere menschliche Einstellung – positiv, negativ oder ambivalent – deutlich merkbar oder unbewusst – zu einzelnen Menschen und Lebewesen oder im Gesamten, zum Beruf oder Job, zu Dingen, Orten , Ereignissen oder Situationen, zur Welt und ihren Erscheinungsformen etc. hat starken Einfluss auf unser Verhalten und damit auf die innere Qualität unserer außen gezeigten emotionalen Skills. Innere Einstellungen können sich, wenn sie nicht durch ihre Anlage oder langjährige persönlicher Lebenserfahrung tief verankert sind, einerseits spontan, andererseits aber durch die daraus aus Gewohnheit gebildeten Glaubenssätze, nur sehr schwer und langsam verändern.
Ein Mensch, dessen innere Einstellung in keiner positiven Beziehung zu seinem Beruf oder Job steht, wird sich schwer tun, von innen heraus kommende Soft Skills im Arbeitsleben zu repräsentieren. Wer mit „Herz“ bei der Sache ist, wird die erwähnten Kompetenzen von sich aus, vielleicht auch unbewusst, besitzen und dankbar für die Vermittlung oder Ergänzung seiner Fähigkeiten mit Lernhilfen in methodischer Hinsicht sein. Den Grundstein dafür hat er ja selbst bereits gelegt. Das ist die beste Voraussetzung dafür, dass Unternehmen und Mitarbeiter eine lang anhaltende, von Zufriedenheit getragene Leistungsgemeinschaft einzugehen bereit sind oder bilden – sowohl für die Vorgangsweise beim Recruiting als auch bei Funktionsbesetzungen im bestehenden Arbeitsverhältnis. „Wer seine Sache mit Freude macht, wird sie gut machen“. Unternehmen sind gut beraten, wenn sie dabei mit Tools arbeiten, die ihnen bei dieser Orientierung helfen. Das enthebt den Einzelnen allerdings nicht davor selbst aktiv zu werden, weil es ja sein eigenes Leben ist, das am Spiel steht. Zugebenerweise ist das mit Kosten und Zeit verbunden – doch lässt sich das betrieblich mit längerfristiger Personalplanung und persönlich durch Interesse und Initiative durchaus institutionalisieren.
Ein Beispiel für die Gleichzeitigkeit von Lernen, Bewährung und Orientierung aus der beruflichen Praxis ist das sogenannte Assessment Center, ein Personalauswahl- und Beurteilungsverfahren, das sowohl bei Neuaufnahmen als auch bei Neu -oder Umbesetzungen hilfreich ist und mit einiger Sicherheit, die dafür erforderlichen Kosten rechtfertigt.
In dieser Methode werden die Kandidaten sowohl in „Hard Skills“ als auch „Soft Skills“ von mehreren Führungskräften und externen Beratern einzeln und in Interaktion mit Mitbewerbern in ihrem Verhalten und Beiträgen begutachtet. Ziel ist dabei die konkrete Betrachtung und Bewertung individueller Einstellung, Fähigkeiten und Entwicklungspotenziale. Online- Assessments erfüllen naturgemäß die Anforderungen nicht oder nur sehr wenig. Aussagefähige Assessments laufen ein-oder mehrtägig. Sie bestehen in der Regel aus strukturierten Interviews, Gruppendiskussionen, Entscheidungsszenarien, Rollenspiele, Präsentationsaufgaben, Fragebögen – psychometrische Testverfahren, Persönlichkeits- und Leistungstests, IQ (Intelligenzquotient) und EQ (Emotionale Intelligenz) – Tests mit Zeitvorgaben und Abschlussgesprächen.
Der Vorteil dieser Methode ist, dass diese Tests im Gegensatz zum klassischen Bewerber Interview nicht nur in einer, sondern in mehreren praxisähnlichen Situationen, über einen längeren Zeitraum und unter Anwesenheit und Beobachtung mehrerer Bezugspersonen bewertet werden. Manipulationen seitens der Kandidaten können allerdings auch hier nicht ganz, wenn auch in zu vernachlässigendem Ausmaß ausgeschlossen werden.
Immerhin liefert diese Methode brauchbare Ergebnisse über individuelle Einstellungen und Soft Skills.
Weiterbildungsmarkt.at: Welche Soft Skills lassen sich aus Ihrer Erfahrung besonders gut trainieren?
Gustav Waigl: Das lässt sich generell sehr schwer sagen. Die Individuelle Persönlichkeit ist ein Mix aus einer Vielzahl ebenso individueller Fähigkeiten, die noch dazu im „Puzzle“ Charakter Hand in Hand gehen, aber grundsätzlich von der inneren Einstellung zum jeweiligen Subjekt, Objekt oder Thema etc. und der damit zusammenhängenden Mobilisierung individueller Ressourcen abhängen. Das Schwergewicht im Training kann daher nicht in der einen oder anderen Fähigkeit und der Technik ihrer Handhabung liegen, sondern immer in einem Bündel von Soft Skills und vor allem in der Bewusstmachung von Vor- und Nachteilen bestimmter kognitiv oder affektiv bedingter Einstellungen.
Es ist nicht damit abgetan, einzelne Soft Skills wie ein Kapitel nach dem anderen, zu trainieren, abzuhaken und dann, bildlich oder tatsächlich, nach einem Handbuch vorzugehen. Die begrenzte Wirkung solcher Vorgangsweisen ist z.B. öfters im Kundenservice gut zu beobachten. Es muss ein inneres Bedürfnis entstehen, unsere Verhaltensweis danach auszurichten, weil wir damit nicht nur in der Gemeinschaft etwas bewirken, sondern selbst an Lebensqualität gewinnen.
Damit ist eine der wesentlichen Vorrausetzungen für Lernfähigkeit angesprochen, nämlich das Interesse, das offene Fühlen und Denken für Entwicklungen, Alternativen bzw. Optionen und die Neugierde an den Dingen des Lebens und nicht nur an jenen, die uns unmittelbar betreffen. Die Hauptaufgabe von Training liegt daher in der Schaffung dieser emotionalen Basis. In der Entfachung von Lust, sich auf bestimmten Gebieten oder generell weiterzubilden, durch weiterführende Literatur, durch mehr als das gegenwärtige Seminar, so gut es sein mag, durch individuelles Coaching, um in geschützter Atmosphäre an eigenen Einstellungen, und Fähigkeiten zu arbeiten und vor allem in der täglichen Praxis im Leben von und in der Interaktion mit Menschen zu lernen. Im Gespräch, in der Unterhaltung, Diskussion, auch im Streit und im Schlichten und Trösten, im Motivieren, im Hören, im Fragen, im Helfen und Handeln.
Weiterbildungsmarkt.at: Gibt es Soft Skills, die besonders schwierig oder langwierig erlernbar sind?
Gustav Waigl: Das kann aus den gleichen Gründen wie vorhin, meiner Ansicht nach, nicht generell beantwortet werden, sondern immer nur im Bezug zur individuellen Persönlichkeit. Um authentisches Verhalten zu erzielen, muss die innere Einstellung stimmen. Und um die zu ändern oder zu bestätigen braucht es nicht nur Wissen und sachliche Argumente, sondern vor allem emotionale Erlebnisse. Nur dadurch können natürliche Widerstände gegen Veränderungen abgebaut und unser Vorstellungsraum für andere Perspektiven und Alternativen erweitert werden. Erfahrene Trainer und kompetente Trainingsproramme berücksichtigen dies im Design und Inhalt von Seminaren oder Coachings. Sogenannte Webinare – also Seminare auf Basis Online und/oder Video sind dabei hilfreiche Lernquellen für die Vermittlung von Wissen,, können aber meiner Meinung nach, Präsenzseminare mit Soft Skills als vorrangiges Thema nicht ersetzen, sondern nur ergänzen.
Weiterbildungsmarkt.at: Weiterbildungsbudgets werden immer stärker an Erfolgskriterien gekoppelt. Was raten Sie Unternehmen, wie diese Entwicklungsmaßnahmen für Soft Skills evaluieren können?
Gustav Waigl: Was verstehen wir in dem Zusammenhang unter Erfolg? Wenn damit ausschließlich der unmittelbare wirtschaftliche gemeint ist, hat die Sache einen oder mehrere Haken. Diese liegen einerseits in den klassischen mechanistisch- und verfahrensorientierten P- Prinzipien im Marketing. Product, Price, Place, Promotion. Der Faktor People ist typischerweise erst viel später und auch nicht offiziell, sondern durch die Praxis dazugekommen, als wäre er eine gegebene Selbstverständlichkeit. Andererseits ist die schlüssige Bewertung der Leistung eines Menschen an einem (finanziellen) Gesamtergebnis seit je her eine offene Frage. Und doch sind es Menschen, die an der Wiege, im Betrieb und manchmal auch an der Bahre von Organisationen stehen. Menschen, die am Weg zum wirtschaftlichen Erfolg die Hebel in mehr oder weniger richtiger Weise betätigen.
Ich denke es würde uns nicht einfallen die Leistungsfähigkeit von Menschen im Unternehmen in fachlicher Hinsicht dem Zufall zu überlassen. Noch dazu bei den geschilderten Zukunftsaussichten. Es gibt allerdings noch immer Unternehmer, welche die fachliche „Aus“-bildung als Ende der Fahnenstange betrachten und die Bedeutung lebenslangen Lernens nicht einmal auf der fachlichen Ebene, geschweige denn auf der persönlichen verstehen. Der Misserfolg ist damit meist schon vorprogrammiert. Ebenso kann sich niemand auf den Zufall verlassen, damit sich die Menschen in seiner Organisation in einer Art verhalten, die kurz- mittel- und langfristige finanziellen Erfolg, das Ansehen bzw. die soziale Stellung seiner Organisation in der Öffentlichkeit und die Lebenszufriedenheit seiner Mitarbeiter, sichert.
Weshalb steht dann nach wie vor Erfolg und am besten gleich gemessen am (finanziellen) Gesamtergebnis des Unternehmens im Vordergrund? Die Antwort ist sehr einfach. Weil schließlich das Kapital unsere Existenz sichert und das Schlagwort „Der Mensch im Mittelpunkt“ nicht wirklich umgesetzt wird. Betrachten Sie bitte daher meinen Beitrag als gutgemeinten Rat, der eigentlich gar nicht notwendig sein sollte.
Für die wirkliche Umsetzung dieses geflügelten Wortes – sowohl das Produkt oder/und die Dienstleistung an den Kunden betreffend, als auch den Leistungsbeitrag der Mitarbeiter zum Unternehmenserfolg. Psychologische Tests, welcher Art auch immer, aber auch Bildungsmaßnahmen, die sich mit Soft Skills beschäftigen, werden leider zu wenig in Anspruch genommen. Je kleiner ein Unternehmen, umso geringer sind, der Statistik zufolge, die Investitionen bzw. Ausgaben für betriebliche Weiterbildung pro Mitarbeiter. Man verlässt sich in dabei in vielen Fällen eher auf das kostenlose „Gespür“ was zwar grundsätzlich nicht ganz falsch, aber natürlich subjektiv und daher nicht repräsentativ ist.
Tatsächlich gibt es in der Szene viele Fachmeinungen und Tipps für Unternehmen zur Sicherstellung betrieblicher Weiterbildung und ihrer „Rentabilität“ und speziell zur Qualität von Soft Skills. Es ist inzwischen auch evident, dass hinter „Hard Facts“ also (finanziellen und anderen) Ergebnissen, Daten und Fakten „Soft Facts“, resultierend aus der Wirkung von „Soft Skills“, stecken. Allerdings gibt es meines Wissens keine „Gesamtschau“. Auch hält sich die finanzielle Förderung der öffentlichen Hand in Grenzen, ein Umstand, der für kleinere Unternehmungen zusätzliche Erschwernis darstellt.
Evaluation emotionaler Fähigkeiten kann offensichtlich letztlich nur auf Basis von Hypothesen (wie gut ist das Lernziel einer Bildungsmaßnahme erreicht?) durch Befragungen über Kunden – und Mitarbeiterzufriedenheit, Image-Studien, Beobachtungen, interne oder externe Methoden wie Lerntagebuch, Blitzlicht, Stimmungsbarometer, Nachbereitungsveranstaltungen, Qualitätszirkel und Wettbewerbsvergleiche bewerkstelligt werden.
Es gibt hier eine Reihe von Modellen am Markt. Wirklich schlau wird man aber bei der Bewertung der an ihre Interpretation gebundenen Ergebnisse, eher selten. Wenn z.B. eine Einzelperson, als Unternehmer oder Dienstnehmer finanziellen Erfolg hat, kann niemand mit Sicherheit sagen, welchen Anteil sein Fachwissen oder seine persönlichen Fähigkeiten und hier wieder welche spezifischen Teilbereiche daran haben. Man weiß ja schließlich auch nie, was geschehen wäre, wenn man mehr, weniger oder gar nichts in menschliche Qualität investiert hätte. Eines scheint aber festzustehen. Der Weg ist wohl eine Balance aus beiden Kategorien von Skills, wobei die Unverzichtbarkeit beider dabei deutlich wird. So wird der erfolgversprechende Umfang betrieblicher Weiterbildung zwar zwangsläufig an die finanziellen Möglichkeiten des Unternehmens gebunden sein, aber Investition in Bildung ist und bleibt, insbesondere bei persönlichkeitsbildenden Maßnahmen, eine unternehmerische Entscheidung, die sich einiger Indikatoren, aber keinem in sich schlüssigem Beurteilungssystem bedienen kann. Es bleibt die Bedeutung von Weiterbildung und dafür notwendiger Investitionen und Ausgaben. Weniger als steuerlicher Absetzposten, mehr als integrierender Bestandteil von „People“ und eines längerfristigen Unternehmenserfolges.
Weiterbildungsmarkt.at: Vielen Dank für das Interview!
Im Interview: Gustav Waigl
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