So machen Selbstständige ihre Pressearbeit zunichte

Selbstständige sind zumeist Dienstleister. Trotzdem beachten viele bei ihrer Pressearbeit den Bedarf ihrer Kunden, der Redakteure, nicht. Entsprechend mager sind oft deren Früchte.

„Haben Sie noch einen Artikel zum Themenkomplex ‚…‘, den Sie uns bis spätestens morgenfrüh schicken könnten. Denn leider hat uns ein Berater ein zugesagtes Manuskript nicht rechtzeitig geliefert. Deshalb brauchen wir einen Ersatz.“

Solche Anrufe erhalten wir Monat für Monat von (Fach-)Zeitschriften-Redakteuren. Denn diese sammeln im Kontakt mit Selbstständigen wie Beratern und Coaches, aber auch Rechtsanwälten, Architekten und Wirtschaftsprüfern oft die Erfahrung: Diese sind zwar heiß auf Presseveröffentlichungen. Entsprechend häufig kontaktieren sie die Redaktionen mit Anfragen wie „Wären Sie an einem Artikel zum Thema x oder y interessiert?“ – entweder persönlich oder über ihre PR-Agenturen. Doch wenn es dann um das Einhalten der Absprachen mit den Redaktionen geht, erweisen sich sie oft als unzuverlässig.

Die Redaktionen haben oft „Lieferkettenprobleme“

Immer wieder kämpfen denn auch – nicht nur Industrieunternehmen, sondern auch – Redaktionen mit „Lieferkettenproblemen“. Denn wenn zum Beispiel ein Berater den vereinbarten Abgabetermin für ein Manuskript nicht einhält und der Drucktermin des Magazins naht, haben seine Redakteure ein echtes Problem. Denn zwei, drei Seiten im Heft sozusagen leer lassen, das können sie nicht. Also brauchen sie einen Ersatz-Artikel. Und der ist zuweilen schwer zu finden; speziell dann,

  • wenn der Artikel im Rahmen eines Themenschwerpunkts in dem Heft eingeplant ist oder
  • wenn ein Artikel zum Thema „…“ im vorherigen Heft angekündigt wurde.

Denn dann brauchen die Redakteure ein Manuskript zum selben Thema, und dieses lässt sich binnen zwei, drei Tagen oft schwer beschaffen. Also rufen sie zum Beispiel bei uns an und fragen, ob wir „so ein ähnliches Manuskript“ in unseren Schubladen haben und dieses eventuell ihrem Bedarf anpassen könnten.

Den Bedarf der Kunden Redakteure kennen

Uns freuen solche Anrufe selbstverständlich. Doch unverständlich bleibt für mich, warum so viele Selbständige, die in der Regel ja Dienstleister sind, so nachlässig im Kontakt mit ihren Kunden Redakteuren sind.

Wie die Redakteure sind meine Kunden? Das mag nun manch Leser denken. Ja, sie sind Ihre Kunden, denn Sie wollen ihnen, wenn Sie Pressearbeit betreiben, etwas verkaufen: nämlich Ihren Artikel oder Ihre Nachricht. Und angenommen ein Redakteur „kauft“ Ihr Manuskript, veröffentlicht es also kostenlos. Dann bezahlt er Sie zwar nicht mit Geld, jedoch mit Seiten bzw. Seitenanteilen in seinem Heft. (Entsprechendes gilt für Online-Publikationen.)

Und angenommen nun ein Artikel erstreckt sich in einer Fachzeitschrift über zwei Seiten. Dann müssten Sie, wenn Sie stattdessen Anzeigen schalten würden, hierfür oft mehr als 10.000 Euro bezahlen. Also sollten Sie, wenn Sie dieselbe Leistung umsonst bekommen möchten, die Bedürfnisse des Kunden Redakteurs schon ernst nehmen – bei Kunden, die Sie mit Geld bezahlen, tun Sie dies ja auch.

Häufige Fehler im Kontakt mit Redaktionen

Bei Redakteuren tun dies Selbstständige oft nicht. Da werden den Redakteuren zum Beispiel, wenn sie mit einem Berater einen Artikelumfang von 10.000 Zeichen vereinbart haben, oft Manuskripte mit 30.000 Zeichen geliefert, denn der Autor hat ja so viel sagen. Und der Redakteur kann dann schauen, wie er „das Monstrum“ so kürzt, dass es auf die geplanten zwei Heftseiten passt.

Und die Autorenhinweise, die Redaktionen Autoren nicht selten vorab senden, und in denen zum Beispiel steht,

  • was beim Artikelschreiben beachtet werden sollte,
  • wie die Überschriften, Vorspänne usw. formuliert sein sollten,
  • in welchem Dateiformat Grafiken angeliefert werden sollten?

Die werden oft nicht gelesen. Stattdessen wird dem Redakteur nicht selten auf den letzten Drücker ein Manuskript zugesandt, das der Autor offensichtlich schon vor vielen Jahren verfasst hat.

Die Redakteure müssen die Artikel auch bebildern

Doch nicht nur diesbezüglich klagen Redakteure oft über „Lieferkettenprobleme“. Dasselbe gilt für Bilder und Grafiken. Denn wenn ein Artikel in ihrem Heft erscheint, dann möchten, nein müssen die Redakteure diesen auch illustrieren. Denn eine Bleiwüste animiert keinen Leser zum Lesen.

Probleme bereitet es den Redakteuren oft schon, für Fachartikel Portraitfotos der Autoren zum Bebildern der Autorenangaben zu erhalten. Nicht selten erhalten sie erst nach der zweiten, dritten Nachfrage ein solches zugeschickt; und dieses erweist sich dann oft als unbrauchbar – zum Beispiel,

  • weil das Foto eine so niedrige Auflösung hat, dass es zwar online, aber nicht zum Drucken verwendet werden kann, oder
  • weil es offensichtlich mit einem Handy in der Freizeit, draußen im Grünen aufgenommen wurde, was nicht zu einer Fachzeitschrift im Business-Bereich passt, oder
  • weil das Foto nur schwarz-weiß oder blau-weiß ist, obwohl die Zeitschrift im Vierfarbdruck erscheint, oder
  • weil …..

Ein Bild sagt oft mehr als 1000 Worte

Und ganz mau wird es, wenn der Redakteur einen Selbstständigen fragt, ob er ihm außer dem Autorenfoto noch zwei, drei Fotos zur Verfügung stellen kann, die inhaltlich zum Thema seines Artikels passen und mit denen er diesen illustrieren kann. Solche Fotos haben fast alle Selbstständigen nicht. Dabei sollten sie diese zumindest zu den Kernthemen ihrer Arbeit haben, wenn die Pressearbeit eine zentrale Säule ihrer Marketingstrategie ist, denn: Wenn Sie solche Fotos einer Fachzeitschriften-Redaktion mitliefern können, erhöht dies die Chance, dass ihr Manuskript veröffentlicht wird, enorm (auch weil viele Fachzeitschriften keinen Etat für Bilder haben.)

Hierfür ein Beispiel. Angenommen ein Berater ist auf den B2B-Vertrieb spezialisiert und er kann dem Redakteur auch zwei, drei Fotos liefern, die ihn in einer Verkaufsverhandlung oder bei einem Beratungsgespräch in der Produktionsanlage eines Unternehmens zeigen. Dann ist die Chance groß, dass der Redakteur eines dieser Fotos als Aufmacherfoto für den Artikel verwendet. Das heißt, in dem Magazin erscheint außer dem briefmarkengroßen Autorenfoto unter dem Artikel auch ein Foto, das zum Beispiel eine Drittel Heftseite einnimmt. Vereinzelt werden solche Fotos, sofern sie gut und entsprechend hoch aufgelöst sind, sogar für das Cover des Magazins verwendet.

Sich als guter und zuverlässiger Lieferant erweisen

Das heißt, wie oft und in welcher Aufmachung Artikel von Selbstständigen in Fachzeitschriften und Online-Magazinen erscheinen, hängt auch davon ab, inwieweit diese sich bemühen, die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden Redakteure zu erfüllen. Diesbezüglich unterscheiden sich die Kunden Redakteure gar nicht so sehr von ihren sonstigen Kunden. Auch bei deren Kaufentscheidung spielt die Frage eine entscheidende Rolle: Inwieweit erfüllt der Anbieter meine Bedürfnisse und liefert er mir das, was ich und mein Unternehmen brauchen? Der einzige Unterschied: Die Bedarf bzw. neudeutsch „Need“ der Redakteure ist zum Teil ein anderer.

Ähnlich verhält es sich, wenn es um Folgeaufträge geht. Erweist sich ein Dienstleister in der Zusammenarbeit bzw. im Leistungserbringungsprozess als schwierig, erhält er von seinem Kunden einmal einen Auftrag und dann nie wieder. Ähnlich ist es bei Redaktionen: Erweist sich ein Selbstständiger beim Erstellen und Publizieren eines Artikel als schwierig, dann machen sie um ihn beim nächsten Mal einen weiten Bogen. Und der Selbstständige? Er wundert sich, warum von Mitbewerbern immer wieder Artikel in der Presse erscheinen, von ihm jedoch nicht.

Autor: Bernhard Kuntz

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