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Wenn Unternehmen Personal abbauen, dann kommt auf ihre Führungskräfte eine Mehrbelastung zu – auch emotional. Auf diese Stresssituation sind insbesondere die jungen Führungskräfte in der Regel schlecht vorbereitet. Denn sie stehen meist erstmals vor der Führungsaufgabe Personalabbau.

„Wir bauen Personal ab.“ Das haben in jüngster Zeit zahlreiche Banken, Energieversorger und Automobilindustrie-Zulieferer verkündet. Und in den kommenden Monaten werden dies noch zahlreiche Unternehmen auch aus anderen Branchen tun.

Also steht eine wachsende Zahl von Führungskräften vor den Fragen:

  • Wie setze ich diese Entscheidung der Unternehmensspitze um? Und:
  • Wie führe ich meine Mitarbeiter, wenn feststeht, dass ein Teil von ihnen in naher Zukunft das Unternehmen verlassen muss – auch wenn noch unklar ist, wen dieses Schicksal trifft?

Denn dies ist die Crux, speziell wenn Großunternehmen einen Personalabbau beschließen: Dann beginnt meist eine monatelange Hängepartie, bevor feststeht, wer gehen muss und die Trennung vollzogen ist.

Dieser Schwebezustand lähmt das gesamte Unternehmen. Denn unter dem Beschluss Personalabbau leiden letztlich alle Mitglieder der Organisation. Deshalb sollten die Entscheider in Unternehmen, wenn ein Personalabbau schon unvermeidbar ist, wenigstens möglichst schnell agieren, damit die Hängepartie bald beendet ist und der Blick wieder nach vorne gerichtet werden kann.

Die „Umsetzer“ unterstützen

Außerdem sollte die Unternehmensführung die Führungskräfte, die ihre Personalabbau-Entscheidung umsetzen müssen, bei ihrer Arbeit unterstützen. Denn sie durchleben ein Wechselbad der Gefühle – speziell wenn sie befürchten müssen, dass auch ihnen mittelfristig gekündigt wird. Und auf sie kommt mit dem Beschluss „Wir entlassen Mitarbeiter“ eine deutliche Mehrbelastung zu – emotional, denn sie stehen im direkten Dialog mit den betroffenen Mitarbeitern, und arbeitsmäßig, denn mit einem Personalabbau sind zahlreiche Zusatzaufgaben verbunden.

Auf diese Herausforderung sind insbesondere die jungen Führungskräfte in der Regel schlecht vorbereitet. Denn sie sind meist erstmals mit der Führungsaufgabe Personalabbau konfrontiert. Entsprechend unsicher sind sie. Deshalb wäre in dieser Stressphase eine systematische Unterstützung nötig – zum Beispiel in Form von Trainings, in denen die Führungskräfte Verhaltensstrategien für die verschiedenen Phasen des Personalabbauprozesses entwickeln. Oder in Form von moderierten Treffen, in denen sich die Führungskräfte im Kollegenkreis über ihre aktuellen Aufgaben und emotionalen Probleme austauschen und gemeinsam Handlungsstrategien entwickeln.

Eine solche Unterstützung wird den Führungskräften selten gewährt. Denn wenn ein Unternehmen Personal abbaut, befindet es sich meist in einer Krise. Die Unternehmensführung kämpft also zugleich an mehreren Fronten. Entsprechend wenig Zeit und Muße hat sie, sich mit den Problemen der Führungsmannschaft zu befassen. Dabei übersieht sie jedoch oft: Vom Verhalten der Führungskräfte hängt es weitgehend ab, wie reibungslos der Personalabbau verläuft und wie schnell und dynamisch das Unternehmen danach wieder durchstartet.

Mit der Ungewissheit leben

Deshalb hier einige Tipps, wie Führungskräfte sich verhalten sollten, wenn ein Personalabbau ansteht. Angenommen der Vorstand Ihres Unternehmens hätte gerade öffentlich verkündet: „Wir bauen aus Kostengründen zehn Prozent unseres Personals ab.“ Dann sollten Sie sich speziell in Kapitalgesellschaften darauf einstellen, dass Sie selbst auf Nachfrage keine näheren Infos erhalten. Denn es existieren noch keine genauen Pläne. Wie der Personalabbau vonstatten geht, muss erst noch (mit dem Betriebsrat) ausgehandelt werden. Zugleich müssen Sie sich aber darauf einstellen, dass Ihre Mitarbeiter, wenn sie vom Personalabbau erfahren, in große Aufregung geraten. Das heißt, sie bestürmen Sie mit Fragen. Und diesen Fragen müssen Sie sich stellen – selbst wenn Sie keine Antworten haben.

In dieser Phase sollten Sie Ihren Mitarbeitern signalisieren, dass Sie ihre Ängste und Befürchtungen, Wut und Enttäuschung verstehen; des Weiteren, dass Sie ihre Sorgen und Emotionen berechtigt sind. Keinesfalls sollten Sie mit Killerphrasen wie „Das wird alles nicht so schlimm“ darauf reagieren. Nehmen Sie die Gefühle Ihrer Mitarbeiter ernst. Und versprechen Sie ihnen nichts, was Sie nicht sicher halten können. Versprechen Sie ihnen aber, dass Sie sie informieren, sobald Sie genauere Infos haben.

Das Gespräch mit den Mitarbeitern suchen

Den Gesprächen mit den Mitarbeitern sollten Sie sich nicht nur stellen. Sie sollten diese aktiv suchen. Achten Sie in den Gesprächen aber darauf, dass Sie nicht selbst Unverständnis für die Entscheidung der Unternehmensleitung äußern und eventuell sogar wie Ihre Mitarbeiter auf „die da oben“ fluchen. Denn Ihr Job als Führungskraft wird es sein, die Entscheidung der Unternehmensführung umzusetzen. Und wenn Sie sagen, dass Sie die Entscheidung, Personal abzubauen, „eher kritisch“ sehen, dann verkündet der Flurfunk in Ihrem Unternehmen bald: „Auch unser Chef ist dagegen.“ Doch nicht nur dies! Ihre Mitarbeiter werden Sie immer wieder mit Ihrer Aussage konfrontieren – zum Beispiel, wenn Sie mit ihnen Trennungsgespräche führen.

Bewährt hat es sich, wenn der Personalabbau frisch verkündet wurde, mit den Mitarbeitern zu vereinbaren: „Lasst uns in zwei Tagen nochmals zusammensetzen und darüber sprechen. Dann habe ich vielleicht schon etwas mehr Information.“ Denn zwei, drei Tage nach der Ankündigung des Personalabbaus hat sich meist der erste Sturm der Entrüstung gelegt. Denn die Mitarbeiter konnten hierüber schlafen und für sich analysieren: Was könnte die Entscheidung für mich bedeuten? Deshalb sind nun sachlichere Gespräche möglich. Nun sind die Mitarbeiter zumeist auch für Argumente offen wie: „Leute, dass etwas geschehen würde, war klar – bei den Zahlen, bei der Marktsituation. Da musste der Vorstand reagieren. Wenn er nicht reagiert hätte, hätten wir im nächsten Jahr vermutlich alle geklagt: Warum hat der Vorstand nicht früher reagiert?“ Dies sollten Sie den Mitarbeitern auch sagen. Zugleich sollten Sie ihnen aber vermitteln, dass Sie es als angemessen erachten, wenn sich jeder Gedanken über seine persönliche Situation macht. Außer sollten sie ihnen versprechen, dass Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten alles tun werden, um den Prozess des Personalabbaus möglichst fair zu gestalten.

Wird ein Personalabbau publik, sinkt die Leistung der Mitarbeiter meist stark – zumindest für ein, zwei Wochen. Danach steigt sie häufig wieder leicht. Unter anderem, weil viele Mitarbeiter versuchen zu beweisen, wie wichtig ihre Arbeitskraft ist – in der Hoffnung, dass dann das Schicksal „Kündigung“ an ihnen vorüber geht. Diese Übergangsphase sollten Sie nutzen, um für sich Kriterien zu entwickeln, nach denen Sie entscheiden, auf wessen Mitarbeit Sie am ehesten verzichten würden und wen Sie auf alle Fälle halten möchten. Denn selbst wenn in Unternehmen die Auswahlkriterien aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Sozialauswahl weitgehend vorgegeben sind, gibt es immer wieder Grenzfälle geben, in denen Sie entscheiden müssen: Mache ich mich für Herrn Mayer oder für Frau Müller stark?

Kündigungs- und Trennungsgespräche gut vorbereiten

Wenn feststeht, welche Ihrer Mitarbeiter das Unternehmen verlassen müssen, ist es in der Regel Ihr Job, dies den Betroffenen mitzuteilen – und zwar bevor die Kündigungsschreiben in den Briefkästen liegen. Kündigungsgespräche zu führen, ist nicht leicht; diese Aufgabe bereitet Führungskräften oft schlaflose Nächte. Entsprechend gut sollten Sie sich darauf vorbereiten. Reden Sie im Gespräch nicht um den heißen Brei. Nennen Sie das Kind nach ein, zwei einleitenden Sätzen beim Namen, um anschließend die Entscheidung beziehungsweise Auswahl zu begründen.

Bei einer Sozialauswahl ist das Begründen recht einfach. Dann können Sie sich auf deren Kriterien berufen. Anders ist dies, wenn Fertigkeiten, Einstellungen oder Leistungsunterschiede (mit-)entscheiden. Dann müssen Sie beim Begründen Fingerspitzengefühl beweisen – um die zu kündigenden Mitarbeiter nicht unnötig zu verletzen und damit die Kündigungen nicht juristisch anfechtbar werden.

Auf die Mitteilung ihrer Kündigung reagieren die Betroffenen unterschiedlich: manche gefasst, manche geschockt, manche hysterisch. Andere versuchen zu verhandeln und mit ihnen die Auswahlkriterien zu diskutieren. Dann ist Vorsicht angesagt. Denn wenn Sie nun nicht aufpassen, diskutieren sie schnell über die Kündigung selbst.

Zumindest wenn die Gekündigten auf die Hiobsbotschaft nicht gefasst reagieren, sollten Sie im Kündigungsgespräch selbst mit den Betroffenen nicht über die Trennungsmodalitäten sprechen. Schlagen Sie ihnen vor, sich zwei, drei Tage später nochmals zusammenzusetzen, um zu besprechen, wie der Zeitraum bis zum endgültigen Ausscheiden gestaltet wird.

Für eine geordnete Übergabe sorgen

Zuweilen werden Mitarbeiter nach der Kündigung bis zum Ende der Beschäftigung freigestellt. Der Vorteil ist: Den „Survivors“, also den Mitarbeitern, die bleiben, und den Gekündigten wird ein regelmäßiges weiteres Zusammentreffen erspart und im Unternehmen kehrt schneller wieder Ruhe ein. Ob ein Freistellen möglich ist, obliegt aber meist nicht der freien Entscheidung der Führungskräfte, die die Kündigungs- und Trennungsgespräche führen – gerade wenn viele Mitarbeiter entlassen werden.

Ein sofortiges Freistellen ist oft auch nicht sinnvoll. Denn dann kann keine geordnete Übergabe der Aufgaben an die verbleibenden Kollegen erfolgen. Wie die Übergabe erfolgt, sollte ein zentrales Thema im Trennungsgespräch sein. In ihm begehen Führungskräfte oft den Fehler, dass sie den gekündigten Mitarbeitern sozusagen freie Hand geben, wie sie die noch verbleibenden Arbeitstage gestalten – meist weil sie (unbegründet) ein schlechtes Gewissen plagt. Dies sollten Sie nicht tun. Überlegen Sie sich vor dem Gespräch, was Sie noch von dem Mitarbeiter erwarten – schließlich bezieht er weiterhin Gehalt. Im Gegenzug können Sie ihm anbieten, ihn bei der Suche nach einem neuen Job, soweit möglich, zu unterstützen.

Die „Survivors“ im Blick behalten

Den „Survivors“ wird bei einem Personalabbau meist die wenigste Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei will das Unternehmen mit ihnen die Zukunft meistern. Die „Survivors“ durchleben im Personalabbauprozess ein Wechselbad der Gefühle. Zunächst plagt sie selbst die Angst: Was wird aus mir? Danach bedauern sie die Betroffenen, mit denen sie teils jahrelange (Arbeits-)Beziehungen verbinden, und würden gerne etwas für sie tun. Auf der anderen Seite wollen sie aber gegenüber dem Unternehmen loyal bleiben,  und oft haben sie nach einiger Zeit auch ein gewisses Verständnis für die Personalabbauentscheidung, während die Betroffenen weiterhin auf die Firma und dessen Management schimpfen.

Dieses Hin- und hergerissen sein führt bei den „Survivors“ zu Verhaltensänderungen. Denn solange der Personalabbau nicht vollzogen ist, ist ihr Kopf nicht frei. Deshalb ist auch ihre Arbeitsmotivation und -leistung geringer als normal. Wie stark die Verhaltensänderung ist, hängt stark davon ab,

  • ob die „Survivors“ das Gestalten des Personalabbauprozesses als fair empfinden,
  • wie sie die Auswirkungen des Personalabbaus auf ihre eigene Arbeitssituation einschätzen und
  • wie stark Sie als Führungskraft ihnen in dieser Leidensphase Orientierung und Halt bieten.

Deshalb sollten Sie, wenn feststeht, wer das Unternehmen verlässt, gezielt das Gespräch mit den „Survivors“ suchen – nicht nur, um sie über den Stand der Dinge zu informieren. Mindestens ebenso wichtig ist es, dass Sie

  • sich gezielt nach ihrem Befinden erkundigen,
  • ihnen Verständnis dafür signalisieren, dass sie ein Wellenbad der Gefühle durchleben, und
  • ihnen, soweit möglich, ihre weiteren Perspektiven im Unternehmen aufzeigen.

Das heißt, gerade in der Zeit, in der die Gekündigten noch im Unternehmen sind, müssen Sie als Führungskraft eine hohe Präsenz zeigen. Denn so lange hält auch die innere Zerrissenheit der „Survivors“ an.

Die neue gemeinsame Zukunft planen

Doch dann kommt jedoch endlich der ersehnte Tag, an dem alle Gekündigten das Unternehmen verlassen haben. Dann kann man meist bei allen Verbliebenen ein tiefes Durchatmen spüren: Endlich ist die emotional belastende Zeit vorbei. Diese Situation sollten Sie nutzen. Setzen Sie sich nochmals mit den „Survivors“ zusammen und sprechen Sie mit ihnen über die zurückliegende Zeit. Verleihen Sie zunächst noch einmal Ihrem Bedauern über den Personalabbau Ausdruck, um dann zum Resultat zu gelangen, wie froh Sie sind, dass nun endlich diese für alle Beteiligten wenig erquickliche Phase endgültig vorüber ist. Danach sollten Sie den Blick in Richtung Zukunft richten. Das heißt, Sie sollten den Mitarbeitern nun nochmals aufzeigen, welche Chancen sich aufgrund des vollzogenen Personalabbaus für das Unternehmen ergeben, bevor Sie schließlich mit ihnen festlegen, wie sie nun gemeinsam die Zukunft gestalten.

Und noch ein Tipp. Einen Bereich oder eine Abteilung in einer Phase des Personalabbaus zu führen, ist eine der schwierigsten Führungsaufgaben – vor allem emotional. Achten Sie deshalb in dieser Zeit auf Ihr körperliches und psychisches Wohlbefinden und sorgen für einen emotionalen Ausgleich.

Über die Autorin:

Voss, Julia - PortraitJulia Voss ist Geschäftsführerin des Trainings- und Beratungs-unternehmens Voss+Partner, Hamburg

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