Optimisten leben länger, schreibt der berühmte Psychologe Martin Seligman in seinem Buch. Stimmt das und wenn ja, warum? Lesen Sie hier, was optimistisches Denken ausmacht und welchen Nutzen Sie davon haben. Für alle Motivierten gibt es dann gleich zwei Tipps, die sofort umgesetzt werden können. Denn stellen Sie sich vor: Optimismus kann man tatsächlich lernen… vorausgesetzt man will!
Warum es sich auszahlt, Nonnen zu erforschen.
In einer berühmt gewordenen amerikanischen Studie untersuchten die Psychologen eine Gruppe von 180 Frauen, die über Jahrzehnte ein sehr ähnliches strukturiertes Leben geführt hatten – perfekt für die Forschung, denn so gibt es kaum „Störvariablen“. Es handelte sich um katholische Nonnen, die 1930 einem Orden beigetreten waren. Dafür schrieben die damals rund 20-jährigen Novizinnen, warum Sie Nonnen werden möchten und welche Gefühle sie bewegten. Jahrzehnte später werteten die Wissenschaftler aus, wie sich die positive oder negative Lebenseinstellung, die sich aus den Texten ableiten ließ, auf die Lebenserwartung ausgewirkt hatte. Das Ergebnis: Obwohl alle Frauen ein gesundes Leben mit regelmäßigen Tagesabläufen und wenig Stress geführt hatten, wurden die positiv eingestellten Frauen deutlich älter als ihre weniger optimistischen Glaubensschwestern:
Nonnen | Mit 85 Jahren lebten noch… | Mit 93 Jahren lebten noch… |
Pessimistisch / wenig positive Gefühle | 34% | 11% |
Optimistisch / viele positive Gefühle | 90% | 54% |
Quelle: Danner, Snowdon & Friesen (2001)
Im Schnitt (und durch andere Studien bestätigt) entspricht das sieben optimistischen Lebensjahren mehr. Also es lebt sich mit vielen positiven Gefühlen nicht nur angenehmer, sondern auch noch gleich viel länger! Da lohnt es sich ja fast, die eine oder andere negative Gedankenautobahn zu hinterfragen und einen neuen Weg zu beschreiten, oder? Falls Sie da zustimmen, dann lesen Sie mal frisch und froh weiter. Bei einem „Nein“ zahlt es sich wahrscheinlich nicht aus.
Was Pessimisten über Optimisten vielleicht noch wissen wollen…
Sie haben „Nein“ gesagt und lesen trotzdem noch? Na gut, dann noch ein paar wissenschaftliche Ergebnisse, die vielleicht hilfreich sind…
- Optimisten reagieren gelassener auf Stress.
- Sie sorgen sich weniger.
- Sie suchen kreativer nach Lösungen.
- Sie haben einen niedrigeren Blutdruck.
- Ihr Immunsystem bildet mehr Abwehrzellen.
- Sie haben gesündere Lebensweisen (vielleicht weil Sie größere Hoffnung haben, das das was nützt?): Sie bewegen sich mehr, rauchen und trinken weniger und ernähren sich gesünder.
Was macht Optimismus aus?
Optimisten sehen die Welt anders als Pessimisten. Aus dem überreichen Angebot an Informationen, Bildern und Ereignissen rund um uns fokussieren sie ihre Aufmerksamkeit häufiger auf die positiven Aspekte. Sie blicken eher mit dem inneren Auge der Fülle auf die Welt als mit dem Auge des Mangels. Und ich werde jetzt das Glas halbvoll mit Wasser sicher nicht erwähnen. Aber vielleicht Ihren Arbeitsplatz? Wie viele positive und negative Dinge fallen Ihnen ad hoc dazu ein? Kritzeln Sie am besten gleich auf einem Zettel mit und zählen Sie mal… Keine Sorge, ich warte inzwischen.
Und: Wie ist die Tendenz? Haben Sie mehr positive oder mehr negative Aspekte auf Ihrer Liste? Das könnte mal ein erster Hinweis auf Ihren Fokus sein.
Ein wesentlicher Unterscheidungspunkt zwischen Optimisten und Pessimisten sind die Gründe, die sie Ereignissen zuschreiben – der sogenannte Attributionsstil:
- Bei einem Misserfolg schreibt sich ein Pessimist selbst die ganze Verantwortung zu und ist sich sicher, dass er ganz generell und permanent unfähig ist. „Ich hab den Job nicht bekommen, weil ich mich nicht verkaufen kann. Ich bin einfach eine Niete.“ Der Optimist schreibt Ursachen eher externen Faktoren zu und wenn er es sich selbst zuschreibt, dann als etwas Vorübergehendes und als nur ein sehr spezifisches, auf einen kleinen Bereich beschränktes Unvermögen. „Andere Bewerber entsprachen eher dem Profil. Das kann vorkommen, dass man mal einen Job nicht bekommt. In den anderen Bereichen bin ich jedenfalls kompetenter.“ Spüren Sie den Unterschied? Das eine führt zu Hilflosigkeit und Depression, das andere zu Resilienz. Dabei ist der „wahre Grund“ für den Misserfolg (wer kennt ihn überhaupt?) vordergründig gar nicht so wichtig.
- Spannenderweise ist es bei Erfolg genau umgekehrt! Der Optimist schreibt ihm sich selbst und seinen permanenten Fähigkeiten zu. „Ich bin einfach gut!“ Der Pessimist schreibt Erfolg dem Zufall oder einer zwar eigenen, aber vorübergehenden Leistungsfähigkeit zu. „Da hatte ich eben ausnahmsweise mal Glück. Da hab ich genau das geantwortet, was der andere grad hören wollte.“
Welchen Effekt hat nun eine optimistische Denkweise? Neben mehr Freude und Leichtigkeit bringt das dem Optimisten mehr Motivation und Tatkraft! Winston Churchill sagte einmal, dass ein Optimist in jeder Herausforderung eine Chance sieht und ein Pessimist in jeder Chance eine Herausforderung. Also willkommen in Ihrer self-fullfilling prophecy! Denn wenn ein Hindernis auftaucht, spornt das den Optimisten nur an um sein Ziel zu erreichen, während der Pessimist seine Handlungen einstellt und darauf hinweist, dass er ja schon immer wusste, dass das nicht klappen kann…
Was Sie sofort beginnen können!
Noch eine gute Nachricht zum nahenden Schluss: im Gegensatz zu vielen anderen Persönlichkeitsmerkmalen zeigen Zwillingsstudien, dass Optimismus nur zu rund 25% genetisch bedingt ist. Unsere Sicht auf die Welt ist also vor allem abgeschaut, erlernt, anerzogen… Das heißt, man kann das gut ändern. Ein bisschen Training braucht es – ein Six-Pack wächst auch nicht von alleine – und deshalb gleich hier zwei Übungen, mit denen Sie heute noch beginnen können!
Das Glückstagebuch: Wissenschaftlich bestätigt ist das eine sehr einfache und sehr wirksame Maßnahme! Legen Sie sich ein nettes Notizbuch und einen Stift auf Ihr Nachtkästchen und schreiben Sie als Ritual jeden Abend vor dem Einschlafen drei oder mehr Dinge/Kleinigkeiten auf, die an diesem Tag schön waren, die einen Glücksmoment ausgelöst haben. Achtung: Das Aufschreiben ist wichtig, weil Gedanken sehr flüchtig sind. Sie haben gleich drei positive Effekte davon: 1. Sie schlafen mit positiven Gedanken anstatt mit Sorgen ein. 2. Sie können an einem trüben Tag mal nachlesen, welche Glücksschätze Ihnen das Leben bisher geboten hat. 3. Sie werden aufmerksamer für die positiven Momente im Leben und können Sie schon während des Tages bewusster genießen!
Die Raunzerzone: Aber es gibt auch so viel Negatives und raunzen tut Ihnen gut? Dann mal gleich vorweg, es tut nicht besonders gut, denn so lange Sie an etwas Negatives denken oder darüber reden sind Sie gleichzeitig voller negativer Gefühle. Also prinzipiell lieber durchatmen und den Gedanken loslassen als ihn breittreten. Um nun ein Ventil für „Notfälle“ zu haben und im Team bewusst zu machen wie viel oder wenig geraunzt wird, können Sie im Büro eine Ecke als Raunzerzone deklarieren. Bitte aber nicht die Kaffeeküche oder eine gemütliche Sitzecke; am besten ein Stehplatz. Sobald jemand Frust loswerden will, gehen Sie dorthin. Nur dort, ausschließlich dort wird geraunzt. Probieren Sie es mal aus, das startet eine spannende Dynamik…
Viel Erfolg und Freude beim Umsetzen! Und zum Schluss noch ein Zitat, dass ich gerne mag:
„Optimismus ist die Fähigkeit, den blauen Himmel hinter den Wolken zu ahnen.“
Madeleine Robinson
Buchtipp
Martin E.P. Seligman (2002), „Der Glücksfaktor – Warum Optimisten länger leben“ Bastei Lübbe
Über die Autorin:
MMag. Silena Sabine Piotrowski unterstützt Menschen in Organisationen, um aus eigener Kraft aufzublühen und mehr Freude, Sinn und Engagement aus ihrer Arbeit zu gewinnen.
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