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Veränderungsprozesse begleiten – das ist heute eine (fast) alltägliche Führungsaufgabe. Doch meist sind die Führungskräfte auf der operativen Ebene auf diese Aufgabe ungenügend vorbereitet. Deshalb entwickeln sie oft selbst Widerstände gegen das Projekt.

Die Produktivität steigern, den Service verbessern, die Prozesse beschleunigen – vor solchen Herausforderungen stehen heute die meisten Unternehmen permanent. Entsprechend viele Veränderungsprojekte laufen in ihnen – oft parallel. Und entsprechend viel Erfahrung mit dem Managen solcher Projekte haben sie bereits gesammelt.

Trotzdem werden bei vielen Projekten die gewünschten Wirkungen nicht erzielt. Hierfür gibt es zwei zentrale Ursachen:

  1. Den Verantwortlichen ist oft nicht ausreichend bewusst, dass die initiierten Veränderungen sich nicht nur auf die Bereiche auswirken, in denen die Prozesse und Strukturen geändert werden. Sie wirken meist breiter. Deshalb treten häufig in Bereichen Widerstände auf, die sie nicht im Fokus hatten.
  2. Die Verantwortlichen reflektieren im Vorfeld oft zu wenig die Auswirkungen der Veränderungen auf die Struktur sowie Arbeitsabläufe im Unternehmen und auf dessen Kultur. Sie übersehen, dass in jeder Organisation die drei Dimensionen Strategie, Struktur und Kultur wie Zahnräder ineinander greifen müssen. Sonst arbeitet das gesamte System mit reduzierter Kraft.

Die Arbeit „an der Front“ würdigen

Unternehmen steuern heute Veränderungsprozesse auf der strukturellen Ebene meist routiniert. Den Umgang mit deren Auswirkungen auf der kulturellen Ebene betrachten die Verantwortlichen aber oft als lokale Führungsaufgabe. Das heißt: In der Regel informiert die Unternehmensführung die Belegschaft eher allgemein über die geplanten Änderungen. Die Führungskräfte vor Ort sollen danach ihren Mitarbeitern im Dialog vermitteln, warum die Veränderungen nötig sind und was sie für deren Arbeitsalltag bedeuten. Außerdem sollen sie die Mitarbeiter beim Entwickeln neuer Denk- und Verhaltensmuster begleiten und ihnen das Gefühl vermitteln, dass die Veränderung möglich ist.

Das ist soweit okay! Gefährlich wird ein solches Vorgehen jedoch, wenn das Bewältigen der Veränderungen nicht nur als lokale Führungsaufgabe gesehen, sondern bagatellisiert wird. Denn dann wird gemäß der Maxime „Die machen das schon“ beim Planen der Projekte meist nicht mitbedacht: Wie bereiten wir die Führungskräfte auf diese Aufgaben vor und wie unterstützen wir sie dabei? Also sieht das Projektdesign zum Beispiel keine Veranstaltungen vor, bei denen die Führungskräfte vorab darüber informiert werden:

  • Was ist geplant?
  • Was kommt auf uns zu?
  • Mit welchen Reaktionen müssen wir rechnen? Und:
  • Wie sollten wir darauf reagieren?

Die Folge: Die Führungskräfte sind rat- und hilflos, wenn die Mitarbeiter sie nach der Ankündigung der Veränderungen mit Fragen bestürmen und mit ihren Ängsten konfrontieren.

Außerdem sieht das Projektdesign keine kollegialen Beratungsgruppen vor, in denen sich die Führungskräfte im Projektverlauf über ihre Erfahrungen austauschen. Die Folge: Die Führungskräfte haben vielfach das Gefühl „Nur ich kämpfe mit diesem Problem“, obwohl ihre Kollegen vor derselben Herausforderung stehen. Und: Erfolgreiche Lösungsansätze werden nicht kommuniziert.

Operative Führungskräfte (mental) unterstützen

Weil solche Unterstützungsmaßnahmen fehlen, fühlen sich die operativen Führungskräfte oft im Stich gelassen. Also entwickeln sie selbst Widerstände gegen das Projekt – auch weil sie sich überfordert fühlen. Zu Recht! Denn wenn sie nicht wissen, wie Veränderungsprozesse verlaufen, können sie auch nicht einschätzen, welche Reaktionen der Mitarbeiter zu erwarten sind. Und schon gar nicht können sie adäquat reagieren, wenn ihre Mitarbeiter das entsprechende Verhalten zeigen.

Deshalb sollte den Führungskräften im Vorfeld von Veränderungsprozessen vermittelt werden,

  • wie solche Prozesse in der Regel verlaufen und
  • welche Verhaltensmuster Mitarbeiter in den sieben Phasen eines Veränderungsprozesses meist zeigen.

Welches Führungsverhalten ist wann gefragt?

Diese Phasen seien kurz beschrieben.

Phase 1: Gerüchte über geplante Veränderungen verursachen Unruhe und Sorge – noch bevor diese offiziell verkündet wurden. In dieser Phase ist es wichtig, als Führungskraft mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen und mit ihnen Spielregeln für den Umgang mit der Situation zu vereinbaren.

Phase 2: Mit der offiziellen Bekanntgabe wird die Notwendigkeit der Veränderung definitiv. Hoffnungen und Befürchtungen werden geäußert, doch noch kaum jemand kann sich auf neue Zukunftsvisionen einlassen. Zuhören, Informieren und Verständnis zeigen sind nun gefragt.

Phase 3: Nach dem ersten Schreck zeigen sich Ärger und Wut. Die Folge sind Abwehrreaktionen, die zuweilen sogar zu mehr Produktivität führen. Denn die Mitarbeiter möchten zeigen: „Es geht auch so.“ Jetzt gilt es ihnen zu vermitteln, dass der Wandel trotzdem notwendig und unausweichlich ist.

Phase 4: Wenn die Mitarbeiter rational akzeptiert haben, setzen sie sich mit ihr persönlich auseinander. Sie fragen sich: Was bedeutet der Wandel für mich? Welche Herausforderungen kommen auf mich zu? Kann ich sie bewältigen und wenn ja wie? Dies können die Betroffenen in dieser Phase meist noch nicht einschätzen. Also gilt es jetzt, sie beim Aushalten dieses Zustands der Ungewissheit zu unterstützen.

Phase 5: Der Tiefpunkt ist erreicht, wenn klar ist: Es gibt kein Zurück. Damit das Neue auch emotional akzeptiert wird, muss das Alte gewürdigt werden – zum Beispiel in Workshops und Einzelgesprächen. Denn das Trauern und Abschied-nehmen braucht seine Zeit.

Phase 6: Erst danach richtet sich die Energie auf das Neue. Nun gilt es, Neugier zu wecken und das erforderliche Wissen und Können zum Umgang mit dem Neuen zu vermitteln. Ermutigung und Geduld sind nun hilfreich sowie Möglichkeiten zum Erfahrungsaustausch.

Phase 7: Allmählich wird das Neue zur Normalität und Lernerfolge schaffen Selbstvertrauen. Und die Leistung? Sie steigt über das ursprüngliche Niveau. Nun gilt es, den Prozess zu bewerten: Was lief nicht so gut? Was hat sich bewährt? Aus diesen Erfahrungen kann jeder Einzelne und die Organisation lernen – und damit künftige Veränderungen besser bewältigen.

Wenn Führungskräfte die typischen Phasen eines Veränderungsprozesses kennen, können sie ihre Mitarbeiter besser beim (mentalen) Bewältigen der neuen Herausforderungen unterstützen. Dadurch steigt auch ihr Selbstbewusstsein als Führungskraft. Zudem wächst ihre Fähigkeit, Veränderungsprozesse zu begleiten. Hierdurch erhöht sich wiederum die Kompetenz der Organisation, mit Veränderungen professionell umzugehen. Das zahlt sich bei Folgeprojekten aus.

Über den Autor:

Georg KrausDr. Georg Kraus ist geschäftsführender Gesellschafter der international agierenden Unternehmensberatung Dr. Kraus & Partner, Bruchsal, für die über 100 Berater, Trainer und Projektmanager arbeiten.  Er ist u.a. Autor des „Change Management Handbuch“ und zahlreicher Projektmanagement-Bücher.

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