Das nervöse „Keine-Zeit-Karussell“ scheint sich immer schneller zu drehen. Umso größer ist die Herausforderung, all die multiplen Bedürfnisse und Ansprüche so unter einen Hut zu bekommen, dass unterm Strich eine gesunde Lebensbalance möglich wird.
Teil 1 greift erhellende Hintergründe und Widersprüche im Zusammenhang von „Work & Life“ auf und fragt nach dem „Was nun?“.
Der folgende Teil 2 bringt mehr Licht in den vieldeutigen wie missverständlichen Begriff „Work-Life-Balance“ und erläutert die „4 Qualitäten des Lebens“. Ergänzt durch Anregungen für die Praxis.
Work-Life-Balance – ein Missverständnis?
Zunächst ein Präzisierungsversuch im Zusammenhang mit dem inflationären, missverständlichen und begrifflich unscharfen Diskurs rund um „Work-Life-Balance“.
Der Begriff „Work-Life-Balance“ (kurz „WLB“) mag strittig sein. Weil er einerseits vordergründig suggeriert, es würde sich um den notwendigen Ausgleich von Gegensätzen handeln. Begleitet von Kommentaren wie: „Leben tun wir ja doch immer!“ oder „Lebe ich etwa nicht, wenn ich arbeite?“ Und weil er anderseits teils unzulässig verkürzt wird, etwa auf Fragen der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Dabei wird übersehen, dass WLB je nach Ziel-/ Altersgruppe auf ganz anderen Parametern beruhen kann.
WLB ist nicht als unversöhnliches Gegensatzpaar zu verstehen, das nur aus „Arbeit“ und/oder „Leben“ besteht. Vielmehr weist der Begriff auf die Notwendigkeit bzw. Sinnhaftigkeit eines dosierten Ausgleichs hin. Etwa dort, wo Gesundheit oder Beziehungen aus dem Ruder laufen, weil „Leben“ nur noch aus „Arbeit“ besteht. Es geht um Work and Life, nicht um Work versus Life. WLB lässt sich nicht auf Dualitäten wie „Arbeit – Leben“ oder „Arbeit – Freizeit“ reduzieren. Sie ist weit differenzierter. „Lebensbalance“ könnte deshalb zutreffender sein.
WLB kann z. B. auch ein gelungenes Verhältnis der Lebenssphären von Erwerbsarbeit und Nicht-Erwerbsarbeit bzw. außerberuflicher Aktivität abbilden. Oder von Be- und Entschleunigung („Bentschleunigung“). Ebenso spielt wohl nicht nur die rein quantitative Zeitdimension eine Rolle, sondern v. a. die Qualität des subjektiven Erlebens bzw. Gestaltens.
Die 4 Qualitäten des Lebens
Der persische Arzt Nossrat Peseschkian hat schon vor vielen Jahren ein bis heute brauchbares Modell entwickelt. Für ihn bestanden die „4 Qualitäten des Lebens“ aus den Bereichen „Leistung“ (Beruf, Arbeit, materieller Wohlstand, etc.), „Körper“ (Gesundheit, Erholung, Ernährung, etc.), „Kontakt“ (Beziehungspflege, Familie, Freunde, etc.) und „Phantasie“ (Bereiche, die über unmittelbar materielle Dimensionen hinausgehen, Sinnfragen, Selbstverwirklichung, etc.).
Die Lebensbereiche stehen dabei nicht in Konkurrenz zueinander, sondern bilden ein wechselseitiges Kontinuum. „Balance“ ist dabei kein stabiler Zustand, sondern ein dynamischer Prozess.
Lebensbalance in der Praxis
In der Praxis kann das „Lebensbalance“-Modell eine wertvolle Reflexionskrücke sein. Zur Anregung ein Beispiel, das die subjektive Zufriedenheit im Fokus hat: Wenn Sie die 4 Qualitäten betrachten – wie zufrieden sind Sie mit den einzelnen Lebensbereichen?
0 = überhaupt nicht (weil…)
10 = total zufrieden (weil…)
Eine alte persische Lebensweisheit mag Anreiz sein, dort erste oder weitere Schritte zu setzen, wo es nottut: „Es ist nie zu früh oder zu spät, es ist immer nur höchste Zeit.“ Apropos: Wofür ist es bei Ihnen „höchste Zeit“?
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Hinweis: Der Artikel ist ein Auszug aus „Work & Life“, dem OaseLetter Nr. 21 der ManagementOASE. Abrufbar unter www.managementoase.at / OaseLetter.
Über den Autor:
Mag. Dr. Franz J. Schweifer ist Geschäftsführer des Beratungsinstituts „Die ManagementOASE – Schweifer & Partner, Coaching. Training. Consulting.“ in Mödling b. Wien. Als Temposoph, Zeitforscher, FH-Lektor, Managementtrainer & Coach mit über 20 Jahren Beratungserfahrung hat er sich v.a. auf ZEIT-spezifische Themen und Widersprüche spezialisiert. Und das auf gesellschaftlicher, unternehmerischer wie persönlicher Ebene.
Aktuelle Publikation: (1) Tempo all´arrabbiata (2) Ach du liebe Zeit (3) Zeit – Macht – Ohnmacht
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