Kundenbegeisterung Was Unternehmen von der Hotellerie lernen können

Irgendein Geschäft – irgendwo in Deutschland (vor oder nach der Pandemie): Fast unbemerkt betritt der Kunde den Shop seiner Wahl. Zwei Mitarbeiter, offenbar gut gelaunt in ein fesselndes Gespräch vertieft, nehmen kaum Notiz davon. Stattdessen wird sich unbeirrt auf die zu erwartende Pointe einer hoch spannenden Geschichte konzentriert. Hat der Kunde doch endlich Glück und ergattert die Aufmerksamkeit eines Verkäufers, darf er sich auf ein begeisterndes Beratungsgespräch freuen. Fragen zu einem bestimmten Produkt werden mit dem wertvollen Hinweis auf die Website des Herstellers beantwortet. Hochengagiert und bemüht zeigt sich der Verkäufer zudem bei dem Versuch, die von der Geschäftsleitung dringend angeordneten Zusatzverkäufe von Serviceleistungen anzubieten. Beherzt drückt er dem Interessenten den eigens dafür vom Marketing kreierten Flyer in die Hand mit der Bemerkung: „Hier finden Sie alle wichtigen Infos.“ Überzeugt und sehr zufrieden ob der Unterstützung in seiner Entscheidungsfindung verlässt der Kunde das Geschäft, um schnurstracks zum Wettbewerber zu marschieren – oder online zu bestellen. Der Verkäufer ist froh, sich endlich den zahlreichen administrativen Aufgaben, die auf ihn warten, zuwenden zu können. Schließlich ist ja bald Feierabend.

Wie dieses Beispiel zeigt, kann das hochgelobte Kundenerlebnis schnell in einem Desaster enden. Herrscht doch in vielen Unternehmen immer noch eine völlig verkrustete Denkweise: Serviceorientierung ist „nice to have“ – viel entscheidender ist das Produkt! Zumindest vertritt mancher Mitarbeiter am Point of Sale im direkten Kundenkontakt die längst überholte und antiquierte These, dass nur die Qualität zählt.

Szenenwechsel

Zu sehen ist ein Gast, der gerade ein Hotel betritt. Hier wird Service großgeschrieben. Er wird mit ganzer Aufmerksamkeit empfangen und herzlich begrüßt. Und zwar von Mitarbeitern, die ihren Job offensichtlich lieben und ihn aus tiefster Überzeugung ausführen. Dem Gast werden die Koffer abgenommen, ein Getränk angeboten und das lästige Ausfüllen der Anmeldung so angenehm wie möglich gestaltet. Eine persönliche Ansprache und das gekonnte Erfüllen individueller Wünsche ist hier selbstverständlich. Jeder Hotelmitarbeiter ist auf seine Weise erpicht darauf, den Aufenthalt des Gastes so angenehm wie möglich zu gestalten. Sichtlich begeistert von „seinem“ Hotel klärt der jeweilige Mitarbeiter an der Rezeption den Gast über sämtliche Leistungsoptionen auf, verbunden mit der Anregung, diese gleich zu buchen. Vom Reinigungsservice über Wellness-Anwendungen hin zum abendlichen Restaurantbesuch. Der Gast fühlt sich rundherum wohl und bestens aufgehoben.

Dieses Beispiel steht stellvertretend für eine gelebte Begeisterungskultur, die jedem Gast seinen Aufenthalt versüßt und so die Loyalität zum Hotel stärkt. Gäste, die das erleben, sind weniger preissensibel und eher dazu bereit, eine Weiterempfehlung auszusprechen. Was in der gut geführten Hotellerie zur Normalität gehört, ist in vielen anderen Branchen eher selten zu finden. Warum eigentlich? Ist die Hotellerie in der viel zitierten Servicewüste Deutschlands ein gallisches Dorf?

Begegnungsqualität macht den Unterschied

Rundum-Service beginnt und endet beim Gefühl des Kunden. Zufriedene Kunden, die sich wohlfühlen, kommen nicht nur wieder – begeisterte Kunden neigen auch zu mehr Umsatz. So oder so steht der Mitarbeiter an erster Front und im direkten Kontakt mit dem Kunden. Ob es sich um die Bankfiliale, das Optikergeschäft oder ein Hotel handelt – das Verhalten des Mitarbeiters wirkt sich unmittelbar auf das Kauferlebnis aus. Kunden spüren sofort, wenn ihr Gegenüber voller Herzlichkeit und aus tiefster Überzeugung seiner Aufgabe nachgeht. Sie wissen dies zu schätzen und lassen sich äußerst gerne von jemandem beraten, der

  • sein Thema sicher beherrscht und seine Tätigkeit mit Begeisterung ausübt,
  • authentisch und auf Augenhöhe kommuniziert, ohne zur Überheblichkeit zu tendieren,
  • über das Normale hinaus agiert und Freude daran hat, die Erwartungen des Kunden zu übertreffen,
  • nur ein Ziel verfolgt, nämlich dem Kunden das zu verkaufen, was am besten zu ihm passt und seinen Wünschen entspricht.

Fakt ist: Fühlt sich der Kunde willkommen, ernstgenommen und wertgeschätzt, wächst seine Preisbereitschaft. Und die wirkt sich naturgemäß positiv auf den Umsatz aus. Gleichzeitig fängt der Aufenthalt im Geschäft an, dem Kunden Spaß zu machen. So wird aus jedem schnöden Einkauf ein wahres Shoppingerlebnis, das ihn dazu veranlasst, seinem Umfeld davon zu erzählen und ernst gemeinte Empfehlungen auszusprechen. Das positive Gefühl eines perfekten Service sowie die persönliche Zufriedenheit überwiegen nachhaltig die Sorgen über den Einkaufspreis – oder die oft später eintretende Kaufreue.

Der Mitarbeiter als wichtigster Faktor

Eine gewisse Empathie und Haltung der Mitarbeiter ist Voraussetzung. Ebenso dazu gehört die Bereitschaft, das eigene Verhalten regelmäßig zu reflektieren und immer besser werden zu wollen. Auch das Vergnügen daran, die erforderliche Verantwortung für das Wohl des Kunden zu übernehmen, spielt eine entscheidende Rolle. Ein weiterer Aspekt ist eine im Unternehmen einheitlich gelebte kundenorientierte Kultur, für die die gesamte Mannschaft an einem Strang zieht – Führungskräfte und Vorgesetzte inklusive. Für alle gilt dabei die Maxime: „Der Kunde steht im Mittelpunkt und nicht im Weg!“

Über die Autorin:

Maja Schneider, Expertin für Kundenbegeisterung, ist Smiling Customer. Ausgebildet im Hotel liebt sie den Moment, wenn der Kunde erkennt, dass es um ihn geht. Mittlerweile unterstützt sie auch Unternehmen anderer Branchen dabei, den Service zu durchleuchten und auf das nächste Level zu heben.

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