Kaltakquise

Viele Berater – gleich welcher Couleur – wollen mehr und lukrativere Aufträge haben. Doch zugleich erachten sie das Verkaufen als eine unehrenhafte Tätigkeit. Denn sie  haben ein falsches Verkaufsverständnis – und wissen oft nicht, wie es geht.

„Ich will mich und meine Leistungen nicht wie einen Staubsauger verkaufen. Das ist mit meinen Prinzipien nicht vereinbar.“ Solche Äußerungen hört man oft von Beratern und Coaches – speziell solchen mit einem pädagogischen oder psychologischen Background.

Immer wieder registriert man im Kontakt mit ihnen: Sie setzen das Verkaufen mit einem Klinkenputzen gleich – ähnlich wie bei einem Versicherungs- oder Staubsaugervertreter. Dabei lassen sie sich täglich gern etwas verkaufen. Vom Bäcker. Im Zeitungskiosk. Warum also diese negative Einstellung zum aktiven Verkauf der eigenen Leistung?

Wer volle Auftragsbücher hat, bleibt sich eher treu

Viele Berater setzen das Verkaufen unbewusst damit gleich, anderen Menschen etwas aufzuschwatzen. Und sie pochen darauf, ihr Wertesystem verbiete ihnen dies. Welch scheinheiliges Gerede, um die eigene Unfähigkeit oder Trägheit zu kaschieren. Denn in der Regel ist das Gegenteil der Fall. Gerade Berater und Coaches, denen ihr Wertesystem angeblich ein aktives Verkaufen verbietet, verraten dieses meist schnell, wenn ihre Auftragsbücher leer sind und sie nicht wissen: Wie soll ich in zwei, drei Monaten meine Miete bezahlen? Womit ernähre ich dann meine Familie?

Trifft dann eine Kundenanfrage bei ihnen ein, sagen sie meist „Ja“ zum Auftrag – selbst wenn sie das Gefühl haben: Eigentlich bin ich hierfür nicht der richtige Mann oder die richtige Frau. Denn wenn das Auftragsbuch leer ist, ist fast allen Beratern das eigene Hemd näher als der Rock.

Deshalb gilt: Eine systematische Marktbearbeitung und ein aktives Verkaufen sind nicht ein Verrat an den eigenen Prinzipien. Nein, sie sind oft eine Voraussetzung dafür, um ihnen treu zu bleiben. Denn wenn das Auftragsbuch voll ist und ausreichend Folgeaufträge in der Pipeline sind, fällt es Beratern auch leichter, zu potenziellen Kunden mal zu sagen: „Diesen Auftrag nehme ich nicht an, weil ….“ Oder anderes formuliert: Wer seine Leistungen aktiv vermarktet und verkauft, muss sich seltener verraten und verkaufen.

Den eigenen Markt bearbeiten statt „tagträumen“

Die eigentliche Ursache, warum viele Berater „Pfui Teufel“ zum Verkaufen sagen, ist: Sie wollen zwar hohe Honorare und Umsätze erzielen, jedoch weder Zeit noch Geld ins Verkaufen investieren. Sie hoffen, dass ihnen die Aufträge gleich „gebratenen Täubchen“ in den Mund fliegen. Dies ist in einem weitgehend gesättigten Markt, in dem eine immer größere Schar von Beratern, um eine begrenzte Zahl von Aufträgen buhlt, meist ein Tagtraum.

Vielen Beratern graust es zudem vor dem Verkaufen, weil sie nicht wissen, wie es funktioniert. So ist zum Beispiel den meisten Beratern gleich welcher Couleur nicht ausreichend bewusst, dass sie eine Leistung verkaufen, die aus Kundensicht in der Regel teuer ist; außerdem eine Leistung, bei der die Kaufentscheidung – aus Kundensicht – extrem risikobehaftet ist. Denn die Kunden können die immaterielle Leistung Beratung vorm Kauf weder anfassen, um ihre Qualität zu prüfen, noch können sie diese, wenn sie ihnen nicht den erhofften Nutzen bringt, zurückgeben oder umtauschen. Entsprechend zögerlich sind die meisten Personen und Organisationen, wenn es um den Kauf von Beratungsleistungen geht.

Aufgabe: die Zielkunden zur Kaufentscheidung führen

Ebenfalls nicht bewusst machen sich viele Berater, dass niemand ihre Leistungen so spontan kauft  wie zum Beispiel ein Eis am Stiel (weil er oder sie hierauf gerade Lust hat). Der Kaufentscheidung geht stets ein längerer Prozess voraus, in dem der Kunde mehrere Bewusstseinsstufen durchläuft.

Bewusstseinsstufe 1: Der Berater xy existiert. Dies zu wissen, ist die Grundvoraussetzung, damit ein potenzieller Kunde einen Berater überhaupt kontaktieren kann.

Bewusstseinsstufe 2: Der Berater xy könnte mir einen Nutzen bieten, weil …. (Konjunktiv). Gelangt ein potenzieller Kunde nicht zu dieser Überzeugung, besteht für ihn kein Anlass, sich näher über einen Berater zu informieren.

Bewusstseinsstufe 3: Der Berater xy bietet mir einen Nutzen, weil … (Indikativ). Ohne diese Überzeugung erwägt kein Noch-nicht-Kunde ernsthaft, einem Coach einen Auftrag zu erteilen.

Bewusstseinsstufe 4: Der Nutzen, den ich aus der Beratung ziehe, ist größer als die Investition. Nur wenn ein Interessent zu dieser Gewissheit gelangt, öffnet er sein Portemonnaie und ….

Die Hausaufgaben als Unternehmer machen

Verkaufen heißt nichts anderes, als potenzielle Kunden Schritt für Schritt zu obiger Gewissheit zu führen – aufgrund des „Mehrwerts“, den ich ihnen als Berater zum Beispiel aufgrund meiner Kompetenz, Erfahrung, Arbeitsweise usw. verglichen mit den Mitbewerbern biete. Also sollten Coaches, die mehr Aufträge möchten, sich überlegen: Wie mache ich meinen Zielkunden klar, dass es mich gibt? Wie vermittle ich Ihnen, dass ich Ihnen einen Nutzen bieten könnte? Wie …….? Das Ergebnis ist ein Marketing- und Vertriebssystem, in dem die Einzelmaßnahmen wie die Zahnräder eines Uhrwerks ineinander greifen und die Zielkunden Schritt für Schritt zur Kaufentscheidung führen.

Ein solches Marketing- und Vertriebssystem setzt voraus, dass der Berater weiß: Wem kann ich aufgrund meiner Erfahrung und Kompetenz einen Nutzen beziehungsweise „Mehrwert“ bieten? Denn nur bezogen auf diese Zielkunden kann er eine überzeugende Verkaufsargumentation entfalten – also ihnen darlegen, warum diese sich für ihn (und keinen Mitbewerber) entscheiden sollten. Auf diese Zielkunden – und niemand sonst – sollte er sein Marketing und seine Verkaufsaktivitäten fokussieren.

Die Werte leben – statt nur postulieren

Verkaufen bedeutet also nichts anderes, als dass ein Berater seinen Zielkunden aufzeigt und transparent macht, warum sich eine Beratung bei ihm (oder ihr) für sie lohnt. Es hat nichts damit zu tun, sich zu verbiegen oder die eigenen Prinzipien und Werte zu verraten. Im Gegenteil! Es ist eine Voraussetzung, ihnen treu zu bleiben; denn wenn der Umsatz stimmt, kann man auch mal zu einem potenziellen Auftrag „Nein“ sagen.

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