Wie kann ich meinem Geschäftspartner kritische Botschaften per Mail übermitteln? Das fragen sich nicht nur viele Personen, die mit Japanern Geschäftskontakte pflegen. Hilfreich ist hierbei die „Hamburger-…“ oder „Sandwich-Methode“.
Harmonie regelt das gesellschaftliche Leben und ist die Basis des Miteinanders. Dies ist eine Grundüberzeugung in der japanischen Kultur. Auch in der Arbeitswelt und Zusammenarbeit versuchen Japaner eine möglichst harmonische Atmosphäre zu schaffen, unter anderem damit Projekte gut vorankommen.
Deshalb ist das Kommunizieren unangenehmer oder negativer Nachrichten für viele Geschäftsleute in der DACH-Region im Umgang mit Japanern eine große Herausforderung. Entsprechend häufig wird in Japan-Seminaren gefragt: „Wie kann man im geschäftlichen Kontakt Kritisches kommunizieren? Zu Recht! Denn selbst wenn die Beziehungen zu einem japanischen Geschäftspartner hervorragend sind, gibt es in der Zusammenarbeit hin und wieder Situationen, in denen etwas Unangenehmes kommuniziert werden muss. Zum Beispiel: eine Terminverzögerung. Oder Probleme bei der Ein- und Ausfuhr. Oder eine Preissteigerung. Oder technische Probleme bei der Problemlösung.
„Das ist schwierig“ bedeutet oft nein
Generell gilt: In Japan wird Negatives häufig per E-Mail kommuniziert. Wundern Sie sich deshalb nicht, wenn heikle Themen in Meetings nicht angesprochen werden, sondern Sie danach eine E-Mail mit zahlreichen Bedenken der japanischen Seite erhalten. Auch in der mündlichen Kommunikation von Negativem treten oft Missverständnisse auf, da in der japanischen Sprache das Wort Nein (iie) selten benutzt wird. Möchte man „Nein“ sagen, wird meist das Wort „muzukashii“ (übersetzt „schwierig“) verwendet. Wenn Sie in einem Meeting also von einem Japaner den Satz „it is difficult“ hören, denken Sie daran: Ihr Gesprächspartner möchte wahrscheinlich „Nein“ sagen, er tut dies aber aus Höflichkeitsgründen nicht!
Doch wie kommuniziere ich nun Kritisches? Nachfolgend hierfür ein 7-Punkte-Plan. Er zielt darauf ab, die negative oder heikle Botschaft ähnlich wie die Fleischbulette in einem Hamburger oder die Wurst in einem Sandwich zu verpacken.
In 7 Schritten heikle Nachrichten „smart“ verpacken
Hamburger und Sandwichs bestehen stets aus mehreren Schichten. Und die Fleischbulette oder Wurst? Sie ist zwischen vielen Schichten bestehend aus Brötchen, Salat, Käse, Tomaten usw. so verpackt, dass man sie oft kaum sieht. Dieses Bild sollten Sie vor Augen haben, wenn es um das Verkünden heikler oder kritischer Nachrichten geht.
Schritt 1: Suchen Sie eine positive Einleitung. Sagen Sie zum Beispiel zunächst „Danke“. Danke kann man für so vieles sagen: zum Beispiel dafür, dass Ihr Partner Ihnen eine Mail schrieb, oder dass er Ihre Mail, die Sie ihm gerade schreiben, liest. Oder dafür, dass er bezüglich einer Sache nachfragte. In vielen japanischen E-Mails finden Sie zudem in der Einleitung ein, zwei Sätze zum Wetter. Sie können auch Gemeinsamkeiten erwähnen wie ein vorangegangenes Treffen, die Familie oder ähnliches. Oft gilt für die E-Mails von Japanern: Je länger die Einleitung ist, umso heikler ist der folgende Inhalt.
Schritt 2: Artikulieren Sie in der Überleitung Ihr Bedauern. „I am sorry to bother you in this busy time with such a small matter“ ist ein Standardsatz in der Kommunikation mit Japanern. Das zeigt, wie wichtig es ist, nicht „mit der Tür ins Haus zu fallen“, sondern das Gegenüber mit einigen Worten des Bedauerns auf die negative Aussage vorzubereiten. Da die japanische Art der Kommunikation sehr indirekt ist, bedeutet obiger Satz übersetzt: Ich möchte keineswegs über eine Kleinigkeit sprechen; die Angelegenheit ist vielmehr sehr wichtig und/oder dringlich.
Schritt 3: Benennen und erklären Sie kurz das Problem. Benennen Sie das Problem, die Kritik oder unangenehme Nachricht. Haben Sie oder Ihr Unternehmen einen Fehler gemacht, erklären Sie kurz, wie es dazu kam. Europäer tendieren dazu, Probleme detailliert zu schildern und ausführlich zu erklären, wie es (vermutlich) dazu kam. Das wird von Japaner häufig als Ausrede interpretiert. Halten Sie Ihre Erklärung also kurz und konzentrieren Sie sich stattdessen auf den nächsten Punkt.
Schritt 4: Zeigen Sie Lösungswege auf. Überlegen Sie sich mehrere Wege, wie das Problem (eventuell) gelöst werden könnte und zeigen Sie diese Ihrem Partner auf; unter anderem um ihm zu signalisieren: Ich lasse Sie bei der Problemlösung nicht alleine. Dieser Teil der E-Mail ist sehr zeitaufwendig, aber unverzichtbar. Mit dem Aufzeigen möglicher Lösungswege zeigen Sie, dass Sie sich auch künftig eine gute Kooperation wünschen.
Schritt 5: Mit Fakten überzeugen. Die japanische Arbeitskultur ist fakten- und zahlenbasiert. Wenn Sie überzeugen möchten, benötigen Sie Zahlen. Bauen Sie Zahlen, Statistiken und Graphiken in Ihre E-Mails ein oder hängen Sie diese als Anhang an – speziell dann, wenn sie das Gefühl haben, dass Ihr Partner die Fakten als Argumentationshilfe oder zum Absichern seiner Entscheidung gegenüber Vorgesetzten braucht.
Schritt 6: Doppelt hält besser – nochmals entschuldigen. Gegen Ende Ihrer Mail sollten Sie sich nochmals entschuldigen – zum Beispiel für den Fehler oder die Nachlässigkeit. Oder für die verursachten Irritationen oder die Mehrarbeit. Das ist in der japanischen Korrespondenz und Kommunikation üblich. „Doppelt genäht hält besser“, ist auch bei uns eine Redewendung.
Schritt 7: Verweisen Sie auf die weitere gute Zusammenarbeit. Schreiben Sie zum Schluss noch einen wohlklingenden Satz zum Beispiel bezüglich der guten künftigen Zusammenarbeit wie „I am always happy working with you“ oder „… looking forward to xy.“. Dann ist Ihre E-Mail perfekt und einer weiteren harmonischen Zusammenarbeit steht nichts mehr im Weg.
Auch Europäer schätzen eine „harmonische“ Kommunikation
Ein solches Vorgehen ist weder neu, noch „revolutionär“. Zudem gehen wir bei unserer Kommunikation mit Europäern bei heiklen Themen oft ähnlich vor, da auch sie respektvoll und wertschätzend behandelt werden möchten – auch wenn sich Respekt und Wertschätzung in den verschiedenen Kulturen in teils unterschiedlichen Dingen zeigen. Deshalb hat sich der Begriff „Hamburger-…“ oder „Sandwich-E-Mail“ in vielen Unternehmen schon für entsprechende Mails etabliert. In der Kommunikation mit Japanern hat ein solches Vorgehen kulturbedingt aber eine besonders hohe Relevanz. Zudem ist in ihr außer dem Sich-bedanken das wiederholte Sich-entschuldigen und Aufzeigen von Lösungswegen sehr wichtig. Nehmen Sie sich deshalb für das Entwickeln möglicher Problemlösungen Zeit.
… und noch ein Tipp.
Angenommen Ihrem japanischen Geschäftspartner unterlief offensichtlich ein Fehler – zum Beispiel, er hat die Zahlen nicht gecheckt, Vermeiden Sie dann direkte Beschuldigungen wie: „Sie haben eine falsche Zahl eingetragen…“. Kommunizieren Sie den Fehler lieber so „neutral“, als ob er sich niemandem zuordnen ließe. Sagen oder schreiben Sie zum Beispiel: „Hier liegt vermutlich ein Missverständnis vor. In meinen Unterlagen steht eine andere Zahl. Welche ist die Aktuellste?“. Dann ist eine harmonische Problemlösung wahrscheinlicher, als wenn Sie nach dem „schwarzen Peter“ suchen.
Über die Autorin:
Ulrike Fröhlich ist Inhaberin der Managementberatung Understanding Japan, Weil am Rhein. Die studierte Volkswirtschaftlerin, Soziologin und Japanologin lebte viele Jahre in Japan und arbeitete sieben Jahre für japanische Unternehmen und Behörden. Sie bietet u.a. Japan Business Seminare als Präsenz- und Onlineveranstaltungen an.