Überlastetes Krankenhauspersonal und Investitionsstaus – davon ist nicht nur EIN deutschsprachiges Krankenhaus betroffen. Egal ob privat oder kommunal, kaum ein Haus leidet nicht unter der „Spar- und Effizienz“ -Geißelhaft“, die bereits die typischen Merkmale eines Verdrängungswettbewerbes aufweist.
Es wird jedoch weiter eingespart, wobei Prozesse und Arbeitsabläufe, die sich seit vielen Jahren etabliert haben – mühevoll und meist mit reduzierten oder schlechteren Personalressourcen – aufrecht gehalten werden.
Die Folge dieser Spirale abwärts manifestiert sich vielfältig, oft laut in Widerständen, manchmal still an Klebeetiketten mit der Aufschrift „Pflege am Limit“ oder stark steigenden Krankenstandzahlen.
Mehr vom Selben bringt keine neuen Ergebnisse
Für mich ist jedoch in fast jeder Hierarchieebene auffällig, dass meist mehr von dem, was bis dato keine befriedigenden Ergebnisse gebracht hat, weiterhin gemacht wird.
Aus meiner Arbeit in verschiedensten Kliniken weiß ich, dass nicht nur Prozesse und Arbeitsabläufe konstant gehalten werden, sondern auch Führung die bevorstehenden, notwendigen Veränderungen und bestehende Probleme immer mit den gleichen Werkzeugen vermittelt – dem „Befehl von Oben“ oder dem „Appell an die Einsicht“.
Gerade in den letzten 10 Jahren hat die Gehirnforschung zum Thema Führung und Motivation von Mitarbeitern so erstaunliche Ergebnisse geliefert, dass so manche Theorien, die sich seit vielen Jahren und Jahrzehnten in Managementkreisen hartnäckig halten, grundlegend widerlegt wurden.
Der „Befehl von Oben“, zu sagen, was jetzt zu tun ist, ist sicherlich das bequemste und gleichzeitig das wirkungsloseste Führungsinstrument überhaupt.
Es löst bei den Mitarbeitern ein Vemeidungsverhalten und Stress aus. Die Folge ist das definitiv der Tod für jedes kreative Potential der Mitarbeiter, das gerade in betrieblich schwierigen Zeiten mehr als gefragt ist. Hier liegt auch die Erklärung dafür, dass oft für veraltete Arbeitsabläufe keine passenden Alternativen gefunden werden.
Beim „Appell an die Einsicht“ wird lediglich ein oberflächliches Verständnis für die Veränderung erreicht, jedoch „gewinnen“ auch da die tiefer liegenden Gehirnareale und trotz allem Verständnis, bleibt alles so wie es schon immer war. Dies erklärt auch das nachhaltige Scheitern vieler Veränderungsprozesse.
Die Führungspraxis in Krankenhäusern
Führungsakademien vermitteln ein oft veraltetes theoretisches Basiswissen und Vorbilder, positive wie negative, tun ihr übriges.
Losgelassen mit den wirklich aller besten Vorsätze überrollt die Führungskraft in der mittleren Führungsebene, die meist zusätzlich operativ tätig ist, der Arbeitsalltag. Es bleibt kaum Zeit für Führung, man muss sich jedoch notgedrungen dann Zeit dafür nehmen, wenn es bereits Probleme in und mit Teams gibt oder wenn vorgegebene Ziele nicht erreicht wurden.
Auch Geschäftsführungen praktizieren mehr vom Selben und drehen weiter an der Spar- und Effizienz- Schraube, in der Hoffnung diesmal doch ein besseres Ergebnis zu erreichen. Die zu erreichenden Ziele sind strategisch wohl völlig richtig, deren Vermittlung jedoch steht in Widerspruch mit der menschlichen Natur.
Der „Befehl von Oben“ und der „Appell an die Einsicht“ treffen Teams und Mitarbeiter mehr oder weniger hart. Dann eskalieren Probleme, da sie entweder nicht erkannt oder nicht rechtzeitig oder gar nicht bearbeitet wurden. In vielen Fällen wird dann die Führungsarbeit wider ein oder zwei Hierarchien „hochdelegiert“.
Um es gleich vorab klar zu stellen, eine Geschäftsführung die vielleicht einige Hunderte oder Tausende Mitarbeiter beschäftigt, ist nicht in der Lage in solchen Situationen erfolgreich zu intervenieren.
Radikales Umdenken verspricht Erfolg
Ich sehe da auf der einen Seite die Chancenlosigkeit mit immer dem Gleichen zu versuchen andere Ergebnisse zu erhalten und weiter in der Spar- und Effizienz- Geiselhaft zu verharren. Auf der anderen Seite gibt es die Chance mit gehirngerechter Führung Personal und Teams produktiv und gesund zu halten und Veränderungen im realistischen Maße umzusetzen.
Dieser andere Weg bedingt
- ein grundlegendes Überdenken der eigenen Führungsmuster und der alten Vorbilder,
- die Zeit und den Willen in Führung zu gehen,
- eine Auseinandersetzung, wie die Trägheitsmechanismen im menschlichen Gehirn geschickt zu „umschiffen“ sind und wie Sie mit gehirngerechter Führung sinnvoll Veränderungen initiieren können sowie Mitarbeiter motivieren.
- Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in jeder Hierarchieebene Gestaltungsraum zu geben.
Mit dem „Befehl von Oben“, „Appell an die Einsicht“, emotionsloser Kommunikation und Emails machen Sie vielleicht Ihren Job, aber erreichen werden Sie Ihre Mitarbeiter nicht. Führung beschränkt sich nicht auf Anweisungen von oben nach unten, sondern vielmehr auf den individuellen Umgang mit Menschen.
Entlassen Sie sich und Ihre Teams aus der „Spar-und Effizienz“- Geißelhaft und nutzen Sie die Potentiale Ihre Mitarbeiter und Teams.
Es geht nicht darum alles richtig zu machen, vielmehr darum, das Richtige zu tun.
Über die Autorin:
Andrea Langhold ist spezialisiert auf ganzheitliche Potentialentwicklung von Führungskräften und Teams. Ihre Schwerpunkte liegen in den Bereichen Konfliktberatung, Supervision und Moderation von Teams, Führungskräften und Personen in herausfordernden Situationen.
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