Die Zukunft liegt in den Händen couragierter Ideengeber, die mit jungem, wildem, kühnem Denken und Tun die entscheidenden Umbrüche wagen. Ihre Wissbegier, ihr Wagemut, ihr Tatendrang und ihr Innovationsgeist müssen das ganze Unternehmen erfassen. Nur so kann der Sprung nach vorn tatsächlich gelingen.
Was wäre, wenn … so lockt der Mut. Erfolgsgeschichten beginnen meistens mit Mut. Mut manifestiert sich in dem Moment, in dem wir uns aktiv entscheiden, die Sicherheit des Vertrauten hinter uns zu lassen, um das noch Unbekannte schöpferisch zu erkunden und beherzt in Angriff zu nehmen. Dabei kämpfen wir gegen innere und äußere Umstände an, gegen Konventionen, unser Umfeld, unsere Angst. Wir tun etwas, das wir nur selten tun oder noch nie getan haben: Wir betreten Neuland.
Immer zwischen Hoffen und Bangen stellen uns die möglichen Gefahren auf die Probe, entfachen Nervenkitzel, füttern uns mit unglaublicher Kraft. Und dann: geschafft. Freudentränen, siebter Himmel, Glückseligkeit. Weil es sich großartig anfühlt, wenn Mut die Angst überwindet. Natürlich, man kann auch scheitern, doch es lohnt sich, mutig zu sein. Mut macht stark. Stärkt andere mit. Steckt andere an. Mut führt uns dorthin, wo Fortschritt ist und am Ende Großes gelingt.
Mut führt aus der Komfort- in die Wachstumszone
Mut heißt immer, eine Schwelle zu überschreiten. Die braucht gar nicht hoch zu sein. Oft reicht ein erster kleiner Schritt. Er führt uns aus der Komfort- in die Wachstumszone. Ein Schritt mit Bedacht. Mut heißt ja nicht, waghalsig oder tollkühn zu sein. Mut ist eine Kombination aus Wissen, Können, Optimismus und Entschlossenheit. Mut wägt ab, kalkuliert die richtige Dosis und die beste Zeit.
„Es gibt Fehlschläge, die uns kämpferischer machen, und solche, die uns weiser machen. Und dann gibt es Fehlschläge, die uns offen machen für Neues“, schreibt der französische Philosoph Charles Pépin in seinem wunderbaren Büchlein Die Schönheit des Scheiterns. Selbst wer scheitert, gewinnt: an Erkenntnis – und an der Selbstachtung, es versucht zu haben. Mutige glauben an ihre Bewältigungsfähigkeiten.
Mutlose hingegen glauben nicht, dass sie es schaffen können. So hat auch das Nichthandeln einen Preis: sich verstärkende Zweifel, ein immer größerer Mangel an Übung plus die Erkenntnis, in dem Elend ausharren zu müssen, dem man entfliehen wollte. Oder aber so „Ich habe 9.000 Würfe danebengesetzt. Ich habe fast 300 Spiele verloren. 26-Mal wurde mir vertraut, und ich habe den alles entscheidenden Wurf vermasselt. Ich bin gescheitert. Immer und immer wieder. Und darum war ich so erfolgreich“, erzählt Michael Jordan, einer der besten Basketballspieler aller Zeiten.
Der Mut, den Zukunftsgestalter brauchen
Zukunftsgestalter im Unternehmen sind ein echter Wettbewerbsvorteil. Sie sind offen für neue Themen und treiben mit frischem Wind den Wandel voran. Sie sind in der Lage, entstehende Trends feinfühlig wahrzunehmen. Ihre Innovationsbereitschaft ist hoch. Über Abteilungsgrenzen hinweg entwickeln sie Initiativen, die das ganze Unternehmen befruchten. Als Um-die-Ecke-Denker und Über-den-Tellerrand-Schauer sind sie die treibende Kraft, damit das notwendige Neue entsteht.
Sie sind bereit, sich für die Firma, in der sie arbeiten, mächtig ins Zeug zu legen und scheuen auch nicht vor der Kontroverse zurück. Sie wollen Schwachstellen beseitigen, Alternativen aufzeigen und Altbewährtes zu etwas besserem Neuen machen. Die zahlreichen „blinden Flecken“, die es in jedem Unternehmen gibt, machen sie sichtbar. Von Ausflüchten und Schönfärberei lassen sie sich nicht blenden.
Weil sie aber stichhaltige Fragen stellen, Untätigkeit attackieren, Klartext reden und Glaubenssätze ins Wanken bringen, ist ihr Agieren riskant. So werden sie, anstatt von ihren Vorstößen zu profitieren, bisweilen als „Querulant“ oder „Unruhestifter“ oder „Nestbeschmutzer“ diffamiert. Geradezu paradox: Genau die, die ein Unternehmen zum Überleben so dringend bräuchte, werden angefeindet. Erschreckend oft erfährt das ganz und gar Neue den erbitterten Widerstand der Nutznießer des Alten.
Ohne Mut werden wir die Zukunft nicht packen
Als Early Adopter und mutige Vorwärtstürmer wagen sich Innovatoren und Pioniere auch dorthin, wo keiner vor ihnen war. Abenteuer beginnen, wo asphaltierte Wege enden. Vorne im Neuland ist da, wo noch niemand sich auskennt und wo man erst einen Weg finden muss. Die meisten Chancen gibt es auf unbekanntem Terrain. Und ja natürlich, dabei kann man sich auch verlaufen. Doch wer sich nie verirrt, findet auch keine neuen Wege. Und nur, wer Risiken eingeht, kann Entdeckungen machen.
Unbekanntes löst jedoch auch Irritationen aus und bringt unser Sicherheitssystem aus der Balance. Wie das? Vorsorglich stuft unser Oberstübchen „Wildfremdes“ insbesondere dann, wenn wir es noch nicht so recht verstehen, als bedrohlich ein. Doch je öfter wir Neuartiges hören, sehen und erleben, ohne dabei zu Schaden zu kommen, desto mehr Vertrautheit entsteht. Insofern erfordert Pionierarbeit ein dickes Fell, viel Überzeugungskraft, einen langen Atem und ständiges Wiederholen.
Mut ist immer subjektiv, denn jeder hat eine andere Risikotoleranz. Und natürlich brauchen Vorwärtsdenkende nicht unbedingt die ganz große Portion Mut. Oft ist es sogar klüger, wenn man mit kleinen forschen Schritten beginnt, zum Beispiel so:
Die magic3: Denken Sie sich allein oder im Team drei mutige kleine Aktionen aus, die am eigenen Arbeitsplatz oder im gesamten Unternehmen etwas zum Positiven wenden, und ziehen Sie das dann konsequent durch. Feiern Sie den Erfolg. Machen Sie das Ganze dann gleich noch zwei Mal. Denn man muss üben, um zu brillieren.
Wie Raum für mutige Initiativen entsteht
„Neue, forsche Ideen? Bisher wurde nie etwas umgesetzt. Wieso soll ich mir Mühe geben?“ Ja, Mut hat zwei Komponenten: Man muss ihn haben – und das Umfeld muss ihn zulassen. „Was hindert Sie denn, sich hier voll einzubringen?“ könnte der Chef also fragen. Die ehrliche Antwort des Mitarbeitenden wäre oft: „Sie!“ Doch wer würde es wagen, so etwas seinem Chef ins Gesicht zu sagen? Das wäre wohl beruflicher Selbstmord. Selbst die motiviertesten Veränderer geben irgendwann auf, wenn man ihre Initiativen nicht unterstützt. Ihr Durchhaltewillen sinkt mit jeder Enttäuschung.
Doch kein Unternehmen erzielt Wettbewerbsvorsprünge dadurch, dass die Belegschaft das Übliche tut. Vorsprünge erzielt man durch außergewöhnliche Vorgehensweisen, durch wagemutiges Handeln und einfallsreiche Ideen. Nicht Konformismus, sondern Mut muss man also in den Unternehmen belohnen:
- den Mut, anders zu denken,
- den Mut, anders zu handeln,
- den Mut, Neues zu wagen.
Die Möglichkeitsräume, damit das gelingt, kann dort, wo noch hierarchisch gearbeitet wird, nur die Führungskraft öffnen, etwa mit ermunternden Worten wie diesen:
- „Was haben Sie denn heute Mutiges vor oder schon geleistet?“, will sie interessiert wissen und zeigt damit: Mut ist ihr wichtig, weil sie explizit danach fragt.
- „Es freut mich, dass Sie das so offen ansprechen“, sagt der Chef im Meeting zu einem beherzten Mitarbeiter, der einen seiner Vorschläge attackiert. „Sie zeigen damit, dass Sie gründlich nachdenken und dass Ihnen das Fortkommen der Firma am Herzen liegt. Den Mut, uns allen und besonders auch mir Ihre Meinung hier so offen und nachdrücklich darzulegen, den rechne ich ihnen hoch an.“
- „Sie erhalten zehn Prozent Bonus in diesem Jahr, weil Sie mutig gehandelt und Risiken auf sich genommen haben. Nicht alle Aktionen haben geklappt, aber das ist normal. Das gehört dazu, wenn man Neues wagt. Die Dinge nämlich, die geklappt haben, die haben uns richtig nach vorne gebracht. Prima. Herzlichen Dank.“
Führende, die so denken und handeln, haben einen ausgeprägten Chancenblick. Sie lieben die Zukunft, alles Quirlige, die sich digitalisierende Welt – und neue Ideen. Sie sind offen für interessante Vorschläge und haben Mut für Experimente. So schaffen sie Orte, an denen es vor High Potentials geradezu wimmelt. Das wiederum ermöglicht den Sprung nach vorn und macht Unternehmen zu Überfliegern der Wirtschaft.
Autorin: Anne M. Schüller