Beim Managen von Change- und Qualifizierungsprojekten sowie Trainieren ihrer Mitarbeiter setzen die Unternehmen verstärkt auf firmeninterne Trainer und Berater. Entsprechend boomt der Markt für firmeninterne Trainer-, Berater- und Coachingausbildungen.
„Firmeninterne Trainer und Berater haben gegenüber externen eine Reihe von Vorzügen“, sagt die Strategieberaterin Dr. Daniela Kudernatsch, Straßlach bei München. Unter anderem:
- Sie kennen die Kultur, Historie und Arbeitsabläufe in der Organisation.
- Sie sind in der Organisation verankert und verfügen über ein firmeninternes Netzwerk.
- Sie sind bei akuten Problemen stets erreich- und ansprechbar. Und:
- Sie sind Kollegen, zu denen die Betroffenen oft mehr Vertrauen als zu Externen haben.
Diese Vorzüge sind laut Kudernatsch „gerade bei der Strategieumsetzung im Betriebsalltag von unschätzbarem Wert“.
Interne Trainer ermöglichen andere Trainingsdesigns
Hinzu kommt ein weiterer Vorzug betont Frank Rebmann, Projektleiter beim Stuttgarter Trainings- und Beratungsunternehmen study & train: Weil die firmeninternen Berater sozusagen jederzeit zur Verfügung stehen, können mit ihnen andere Trainingsdesigns als mit externen Unterstützern entwickelt werden – „ohne dass die Kosten aus dem Ruder laufen“.
Rebmann nennt ein Beispiel. Angenommen ein Unternehmen möchte seine Vertriebsmitarbeiter darin schulen, den Markt selbstständig zu bearbeiten. Dann kann es, sofern interne Trainer mit der benötigten Qualifikation zur Verfügung stehen, beispielsweise beschließen: Wir vermitteln unseren Vertriebsmitarbeiter zunächst in einem halbtägigen Seminar das nötige Basiswissen, und danach schulen wir sie alle zwei Wochen – freitagnachmittags, wenn ohnehin wenig los ist – zwei Stunden. In diesen Schulungen bearbeiten wir mit den Vertriebsmitarbeitern jeweils so ein Thema wie
- die Adressen potenzieller Neukunden ermitteln,
- die Zielkunden hinsichtlich ihres Bedarfs qualifizieren,
- diese erstmals kontaktieren und ihr Interesse wecken,
- den Erstbesuch vorbereiten,
- und, und, und …
Die Vorteile eines solchen Designs:
- Das Wissen und Können, das die Vertriebsmitarbeiter brauchen, wird ihnen in kleinen, leicht verdaulichen Häppchen serviert. Und:
- Da die Mitarbeiter sich regelmäßig zur Weiterbildung treffen, kann mit ihnen in den Folgesitzungen jeweils besprochen werden, inwieweit es ihnen gelang, das Gelernte in der Praxis anzuwenden und welche Probleme es hierbei gab.
Dadurch entsteht laut Rebmann „eine größere Verhaltenssicherheit, als wenn das Wissen in zwei, drei Tagen sozusagen ‚en bloc‘ vermittelt wird“.
Diese Vorzüge haben viele Unternehmen erkannt. Also bilden sie eine wachsende Zahl von Mitarbeitern zu Trainern und Beratern, Coachs und Lernbegleitern ihrer Kollegen aus. Das tun sie laut Aussagen der Wiener Managementberaterin sowie Trainer- und Coachausbilderin Sabine Prohaska, teilweise aus Kostengründen, „primär jedoch, um mehr Kompetenz in Sachen Strategieentwicklung und -umsetzung sowie Mitarbeiterqualifizierung im eigenen Haus zu haben“.
Das Ausbildungsangebot wird immer breiter
Auf diesen Wandel hat die Trainer- und Beraterzunft reagiert – schließlich sind die meisten Trainer und Berater auch clevere Unternehmer. Deshalb schießen seit ein, zwei Jahren Trainer-, Berater- und Coachausbildungen für Mitarbeiter von Unternehmen wie Pilze aus dem Boden. Und das Angebot differenziert sich immer weiter aus. Neben berufsbegleitenden Weiterbildungen, die sich über ein, zwei Jahre erstrecken, werden zunehmend Kompakt-Ausbildungen angeboten, die nur aus zwei, drei mehrtägigen Ausbildungsmodulen bestehen.
Auch inhaltlich differenziert sich das Angebot immer weiter aus – nicht nur weil viele Beratungsunternehmen versuchen „ihrer Ausbildung ein eigenständiges Profil zu verleihen, um diese erfolgreich im Markt zu positionieren“, wie Michael Schwartz betont. Dahinter steckt laut Aussagen des Geschäftsführers des ilea-Instituts, Esslingen, auch die Erkenntnis, dass die firmeninternen Trainer und Berater in ihren Organisationen „verschiedene Funktionen wahrnehmen. Also müssen sie auch unterschiedliche Kompetenzen haben.“
Vereinfacht lassen sich die firmeninternen Trainer und Berater folgenden vier Gruppen zuordnen:
- Fachtrainer,
- Verhaltenstrainer,
- Changecoachs,-berater sowie -manager und
- Strategie(umsetzungs-)berater.
Fachtrainer
Sie sind laut Aussagen von Reiner Voss, Inhaber des Trainingsunternehmens Voss+Partner, Hamburg, das seit 25 Jahren offene und firmeninterne Trainerausbildungen durchführt, in erster Linie „Vermittler von Wissen, Erfahrung und praktischen Skills“. Sie kommen zum Beispiel zum Einsatz, wenn neue Mitarbeiter eingearbeitet werden sollen; außerdem, wenn Unternehmen neue Technologien, Verfahren oder Produkte einführen, und „Mitarbeitergruppen das nötige Wissen und Können vermittelt werden soll, um beispielsweise mit den neuen Maschinen oder Software-Programmen zu arbeiten“. Diese Trainer müssen vor allem fachlich fit sein. Sie müssen zudem wissen: Wie lernen Erwachsene? Und: Welche Lerntypen gibt es, und wie kann man bei ihnen Lernprozesse stimulieren? Sie müssen zudem wissen, was dies für ihr Verhalten als Trainer bedeutet – speziell dann, wenn ihr Gegenüber ein Kollege oder gar Kunde des Unternehmens ist.
Diese Trainer arbeiten laut Reiner Voss oft mit fix und fertig ausgearbeiteten Trainingskonzepten und -unterlagen, die beispielsweise die Weiterbildungsabteilung ihres Unternehmens erstellte. Ist dies nicht der Fall, müssen sie zudem wissen: Wie können komplexe Themen so aufbereitet werden, dass die Inhalte außer in Seminaren auch in kleinen Lerneinheiten im Betriebsalltag vermittelbar sind? Außerdem: Wie präsentiere ich Lerninhalte so, dass dies die Teilnehmer motiviert? Sie sollten zudem wissen: Wie stelle ich sicher, dass das Gelernte im Betriebsalltag umgesetzt wird?
Verhaltenstrainer
Sie kommen laut Frank Rebmann vom Trainingsanbieter study & train, Stuttgart, der auch eine Ausbildung zum firmeninternen Verhaltenstrainer anbietet, beispielsweise zum Einsatz, wenn das Ziel einer Qualifizierungsmaßnahme lautet: Die Mitarbeiter sollen danach
- stärker als Team agieren oder
- eigenständiger oder kundenorientierter denken und handeln oder
- bei ihrem Alltagshandeln stärker die übergeordneten Ziele vor Augen haben.
Das heißt, bei Qualifizierungsmaßnahmen, die auch auf eine Einstellungs- und Verhaltensänderung der Teilnehmer abzielen. Deshalb benötigen sie außer den Kompetenzen, über die ein guter Fachtrainer verfügt, weitere Fähigkeiten. Ihnen sollte zum Beispiel bewusst sein, dass Menschen ihre Einstellung und ihr Verhalten in der Regel nur ändern, „wenn sie die Notwendigkeit hierzu erkannt haben und die Einstellungs- und Verhaltensänderung auch als persönlichen Gewinn erfahren.“ Entsprechend groß muss das Einfühlungsvermögen der Verhaltenstrainer sein, und entsprechend viel Zeit und Energie müssen sie darauf verwenden, die Teilnehmer sozusagen als Mitstreiter zu gewinnen.
Verhaltenstrainern sollte laut Hans-Peter Machwürth, dessen Unternehmen Machwürth Team International, Visselhövede, weltweit firmeninterne Trainerausbildungen durchführt, zudem bewusst sein: „Es dauert stets eine gewisse Zeit, bis Menschen neue Denk- und Verhaltensroutinen entwickelt und verinnerlicht haben.“ Einen entsprechend großen Raum sollte in ihren Maßnahmen das Trainieren, sprich Einüben des gewünschten Verhaltens, einnehmen – „sonst zeigen die Teilnehmer zwar im Training das gewünschte Verhalten, doch kaum sind sie in den Arbeitsalltag zurückgekehrt, verfallen sie wieder in ihre alten Verhaltensmuster“.
Changecoachs und -berater oder -manager
In diesem Bereich entstanden in den letzten Jahren die meisten neuen Ausbildungen – mit den unterschiedlichsten „Etiketten“. Dahinter steckt laut Michael Schwartz vom ilea-Institut, Esslingen, das mit dem Steinbeis Transferzentrum pvm, Reutlingen, eine offene und eine firmeninterne Ausbildung nebst Zertifizierung zum „Change Manager“ anbietet, die Erkenntnis vieler Unternehmen: „Das Thema Veränderung wird uns dauerhaft begleiten.“ Und: Der Veränderungs- und somit Lern- und Entwicklungsbedarf ist in unserer Organisation heute so groß, dass wir firmenintern eine ausreichende Zahl von Mitarbeitern brauchen, die Veränderungsprozesse planen und steuern sowie Kollegen bei Verhaltensveränderungsprozessen aktiv unterstützen können.“
Hinzu kommt eine weitere Erkenntnis der Unternehmen: Der Lernbedarf bei unseren Mitarbeitern ist – aufgrund ihrer Persönlichkeit, beruflichen Vorerfahrung sowie Funktion in der Organisation – so verschieden, dass er immer schwieriger durch zentral und top-down organisierte Qualifizierungsmaßnahmen befriedigt werden kann. Also muss sich die Kompetenz zum Planen und Steuern der Qualifizierungsmaßnahmen auf die operative Ebene verlagern. Das heißt, die Führungskräfte benötigen zunehmend die Kompetenz, im Dialog mit ihren Mitarbeitern deren Entwicklungsbedarf zu ermitteln und sie beim Entwickeln der benötigten Kompetenzen zu unterstützen.
Diese Unterstützungsfunktion können Führungskräfte auch an berufserfahrene Mitarbeiter delegieren, die eine entsprechende Ausbildung durchlaufen haben, betont Frank Linde, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens im-prove, Lingen (Ems), das eine Weiterbildung zum Change-Begleiter und -Coach offeriert. Dies ist in Organisationen, bei denen oft viele Mitarbeiter in recht kurzer Zeit Einstellungs- und Verhaltensänderungsprozesse durchlaufen müssen – wie zum Beispiel in den kundennahen Bereichen von Krankenkassen und Versicherungen – teilweise sogar nötig, „denn hier fehlt den Führungskräften aufgrund ihrer sonstigen Aufgaben häufig schlicht die Zeit, ihre Mitarbeiter ausreichend zu unterstützen“. Also empfiehlt es sich, berufserfahrene Mitarbeiter mit dieser Aufgabe zu betrauen.
Strategie(umsetzungs-)berater
Diese Gruppe firmeninterner Berater agiert laut Dr. Daniela Kudernatsch, deren Unternehmen in Kooperation mit der Liker Lean Academy (USA) eine mehrstufige, firmeninterne Lean Leadership-Ausbildung anbietet, vorwiegend auf der Top-Management-Ebene von Unternehmen. Bei ihnen handelt es sich oft um Absolventen einer Top-Universität mit einem Prädikatsexamen, die zudem häufig eine MBA-Ausbildung an einer renommierten Business-School absolviert haben. Nicht selten waren sie zudem, bevor sie Inhouse Consultant wurden, mehrere Jahre in einer international agierenden Unternehmensberatung tätig. Entsprechend exzellent ist ihr fachliches Know-how. Auch über eine fundierte Projektmanagement-Erfahrung verfügen sie. Und auch in Sachen Changemanagement haben sie meist außer einem soliden theoretischen Know-how konkrete Praxiserfahrung.
Ihre Kernaufgaben in den Großunternehmen, in denen sie meist arbeiten, sind in der Regel,
- das Top-Management beim Weiterentwickeln der Strategie sowie des Geschäftsmodells des Unternehmens zu unterstützen,
- die erforderlichen Konzepte für das Umsetzen von strategischen Entscheidungen in der (gesamten) Organisation zu entwerfen,
- das Top-Management sowie die oberen Führungskräfte bei der Strategieumsetzung in ihren Bereichen zu unterstützen und
- das Gesamtprojekt zu steuern.
Dabei wird das Wahrnehmen dieser Aufgaben sowohl von der Unternehmensleitung, als auch von den Beratern selbst, häufig als ein Zwischenschritt für die Übernahme einer Top-Management-Funktion gesehen.
Bei diesen Beratern fokussiert sich die Qualifizierung meist darauf, ihnen das Know-how zu vermitteln, um komplexe, strategische Changeprojekte in Unternehmen zu planen, zu managen und zu evaluieren; außerdem ihnen die Tools an die Hand zu geben, um Changeprozesse so zu steuern, dass das Unternehmen seine (Entwicklungs-)Ziele erreicht. Als Beispiel nennt Kudernatsch solche Management-Tools wie die Balanced Scorecard und solche Managementsysteme wie KVP, Lean Management und Hoshin Kanri.
Beim Qualifizieren dieser Berater spielt laut Dr. Georg Kraus das Thema Changemanagement zwar auch eine wichtige Rolle – „jedoch weniger bezogen auf seine individualpsychologischen Aspekte, sondern primär dahingehend, welche Wechselwirkungen bei der Entwicklung
- in der Organisation selbst, beispielsweise hinsichtlich der angestrebten Ziele, und
- in der Beziehung des Unternehmens zu seinem Umfeld beziehungsweise Markt zu beachten sind“.
Für alle vier genannten Gruppen firmeninterner Trainer und Berater besteht in den Unternehmen ein wachsender Bedarf. Da ihre Funktion in den Unternehmen jedoch sehr verschieden, gilt es bei ihrer Auswahl und Qualifizierung sehr genau darauf zu achten, zu welcher Gruppe von Beratern die Kandidaten zählen. Sonst zielt laut Dr. Georg Kraus „ihre Qualifikation am Bedarf vorbei und ihr Handeln entfaltet nicht die gewünschte Wirkung“.