Ohne einen qualifizierten Adresspool können die meisten Angehörigen beratender Berufe keine systematische Marktbearbeitung betreiben. Entsprechend viel Zeit und Energie sollten sie in den Aufbau und die Pflege ihrer Adressdatei investieren.
Für das Marketing der meisten Angehörigen beratender Berufe wie Anwälte und Steuerberater, Managementberater und Coaches sind – außer ihrer fachlichen Expertise – zwei Dinge unverzichtbar:
- Erstens: Eine aussagekräftige Webseite, die bei Suchabfragen im Internet von den Zielkunden gut gefunden wird.
- Zweitens: Eine personifizierte Adressdatei, die es ermöglicht, die Beziehungen zu den (Noch-nicht-)Kunden mit System auf- und auszubauen.
Diese beiden Elemente bilden sozusagen das Fundament, auf dem das Marketing fast aller Berater fußt. Alles andere ist, salopp formuliert, Nice-to-have-Schnick-schnack, mit dem man das Marketingkonzept verfeinern, abrunden, garnieren kann.
Adresspool-Aufbau ist Fleißarbeit
Dass viele Angehörige beratender Berufe keine entsprechende Webseite haben, ist teilweise verständlich. Denn beispielsweise zum Optimieren einer Webseite für die Websuche benötigt man ein gewisses Expertenwissen. Anders sieht es mit dem Aufbau einer guten Adressdatei aus. Das ist Fleißarbeit. Also gibt es für das Fehlen einer solchen Datei keine Entschuldigung – außer der Berater ist sich deren Bedeutung für den Marketingerfolg nicht bewusst.
Wichtig ist der Aufbau eines qualifizierten Adresspools, weil regelmäßige Mailings an die Zielkunden – elektronisch oder per Post – nahezu die einzige Möglichkeit sind, um im Hinterkopf der Zielkunden die Botschaft zu verankern: Der Berater x existiert, und er ist „Spezialist für…“ Mit Pressearbeit gelingt Ihnen dies beispielsweise nicht – außer Sie schicken die erschienenen Artikel wiederum per Mail an Ihre Zielkunden. Denn selbst wenn Ihre Pressearbeit sehr erfolgreich ist, dann erscheinen Ihre Artikel mal in dieser, mal in jener Zeitung. Deren Leserschaft ist jedoch verschieden. Also erreichen Sie so nicht, dass dieselben Personen regelmäßig auf Ihren Namen stoßen und dieser sich mit der Zeit in deren Köpfen verankert.
Ziel: Beziehung auf- und ausbauen
Hinzu kommt: Bei den Personen, die Sie als Berater kontaktieren, ist der Bedarf oder Leidensdruck häufig noch nicht so groß ist, dass sie sofort beschließen: Ich lasse mich beraten. Meist überlegen sie noch einige Zeit hin und her: Soll ich oder soll ich nicht? Und nicht selten ist ihnen der Preis (noch) zu hoch. Also stehen Sie als Berater vor der Herausforderung, den Kontakt mit den Interessenten so lange zu halten, bis der Leidendruck bei ihnen so groß ist, dass sie entscheiden: Jetzt lasse ich mich beraten … und zahle dafür auch 100 oder 150 Euro pro Stunde.
Das gelingt Ihnen in der Regel nur mit einem Adresspool und Mailingsystem, das sicherstellt, dass sie sich regelmäßig bei den Interessenten in Erinnerung bringen – so dass die lauwarmen Kontakte nicht erkalten. Eine mögliche Alternative wäre, im Vier- oder Sechs-Wochen-Rhythmus bei den Interessenten anzurufen und sie – mehr oder minder direkt – zu fragen: „Na, ist der Leidendruck bei Ihnen endlich so groß, dass Sie bereit sind, 150 Euro/Stunden für eine Beratung zu bezahlen?“ Darüber wären die meisten Angerufenen erbost.
Die Zielkunden genau definieren
Wichtig für den Aufbau eines qualifizierten Adresspools ist eine genaue Zielgruppendefinition, um Wildwuchs zu vermeiden. Hierfür ein Beispiel. Angenommen Sie wären ein Business-Coach. Dann könnte Ihre Zielgruppendefinition lauten „Dienstleistungsunternehmen mit 5 bis 100 Mitarbeitern“. Danach sollten Sie sich fragen: Was haben diese Unternehmen gemeinsam? Antworten könnten sein:
- meist inhabergeführt,
- Personalkosten sind der größte Kostenblock,
- Leistung wird oft im Team erbracht,
- Geschäft ist meist Projektgeschäft (Folgeproblem: schwankende Auslastung),
- und, und, und ….
Sich dies zu fragen, ist wichtig, denn aus den Antworten ergeben sich typische Herausforderungen, vor denen Ihre Zielkunden stehen. Also ruht in ihnen auch das Roh-Material, um zum Beispiel Werbeschreiben zu verfassen, bei denen die Empfänger sich individuell angesprochen fühlen, obwohl das Schreiben an eine Vielzahl von Empfängern geht.
Die Adressdatei mit Kontaktdaten füttern
Der Auf- und Ausbau der Adressdatei ist nach der Zielgruppendefinition zumindest für Berater, deren Zielkunden Unternehmen sind, meist einfach – dank des Internets. Denn in Deutschland gibt es für jede Berufsgruppe und Branche mindestens einen Verband. Und dieser hat stets eine Webseite, auf der oft auch eine Mitgliederliste steht – häufig mit Ansprechpartnern. Dann ist es eine reine Fleißarbeit, diese Adressen in den eigenen Adresspool zu tippen. Und wenn in der Mitgliederliste die Namen der Ansprechpartner fehlen? Dann genügt bei Klein- und Mittelunternehmen meist ein Blick ins Impressum der Firmenwebseite. Denn dort steht der Name des Geschäftsführers.
Hilfreich beim Adresspool-Aufbau sind auch Stellenportale wie monster.de. Denn dort kann man meist auch eine regionalisierte oder branchenbezogene Stellensuche starten. Und im Kopf fast jeder Stellenanzeige steht ein Kurzportrait des betreffenden Unternehmens: „Wir sind…. Aus diesem ergibt sich rasch, ob das Unternehmen ins „Beuteschema“ des betreffenden Beraters passt. Abhängig davon kann er entscheiden: Diese Adresse nehme ich in meinen Adresspool auf oder nicht? Mit etwas Phantasie erschließen sich so viele Wege, wie man als Berater seinen Adresspool rasch füllen kann.
Mögliche Multiplikatoren nicht vergessen
Schwieriger ist der Adresspool-Aufbau meist für Berater, deren Zielkunden primär Privatpersonen sind – wie zum Beispiel bei vielen Coaches. Denn sie können per Google & Co nicht ermitteln: Welche Personen in meiner Zielregion stecken gerade in einer Beziehungskrise oder beruflichen Sackgasse? Also müssen sie Umwege gehen.
Dass alle Personen, die sie schon einmal wegen ihrer Leistungen kontaktierten, in ihren Adresspool aufgenommen werden sollten, ist selbstverständlich. Darüber hinaus sollten sie darin jedoch die Kontaktdaten der Personen und Organisationen speichern, die wichtige Multiplikatoren sein könnten. Das können abhängig von der Spezialisierung Organisationen wie der regionale Gewerbeverein oder die örtliche Verbraucherberatung sein. Oder kirchliche Beratungsstellen oder solche Honoratioren-Treffs wie der Lions-Club und die Rotarier. Das können aber auch Steuer- und Anlageberater, Physiotherapeuten und Rechtsanwälte sein. Was passt, muss jeder Berater aufgrund seiner Spezialisierung selbst ermitteln.
Einfach mal mit dem Adresspool-Aufbau anfangen
Der Aufbau eines qualifizierten Adresspools kostet viel Zeit; ebenso dessen Pflege. Das Wichtigste ist jedoch, irgendwann mal zu starten. Denn ein Adresspool mit 100 qualifizierten Adressen ist besser als ein Pool mit 0 Adressen, und ein Adresspool mit 200 Adressen ist wiederum besser als ein Pool mit 100,….. Rom wurde auch nicht an einem Tag erbaut.
Teils sind die Angehörigen beratender Berufe jedoch selbst schuld, dass der Aufbau und die Pflege ihres Adresspools so viel Arbeit macht. Denn warum benötigt eigentlich jeder Berater seinen eigenen Adresspool? Was spricht dagegen, dass zum Beispiel drei, vier Dienstleister, die ähnliche Zielgruppen bearbeiten, ihnen jedoch unterschiedliche Leistungen anbieten, entscheiden: Wir bauen gemeinsam einen Adresspool auf? Die Partner können zum Beispiel Steuerberater und Versicherungsmakler, Gesundheitsspezialisten und Rechtsanwälte, Autoverleiher und Büroeinrichter sein. Sofern der Wille zur Kooperation besteht, lassen sich Dutzende geeigneter Partner finden. Doch leider fehlt meist die Bereitschaft hierzu.
Einzelkämpfertum durchbrechen
Und noch ein Tipp: Was spricht dagegen, mit zwei, drei Partnern mal gemeinsam eine Kundenveranstaltung zu organisieren – zum Beispiel unter dem Dachthema „Fit und bereit für die Zukunft“? Dort könnten außer Ihnen zum Beispiel noch ein Wirtschaftsanwalt, ein Präventionsspezialist und ein Finanzberater einen Vortrag halten. Schließlich sind sie ja alle an persönlichen Kontakten zu Noch-Nicht-Kunden interessiert.
Vorteile solcher Veranstaltungen sind: Sie können gemeinsam einladen, also kommen auch mehr Personen. Solche Events haben, geschickt gemacht, nicht den Charakter einer Werbeveranstaltung, weil das Dachthema unter mehreren Aspekten beleuchtet wird. Und: In den Pausen beim Small Talk werden viele informelle Empfehlungen ausgesprochen. Denn die Besucher fragen sich auch wechselseitig: „Wie kommen Sie hierher?“ „Ach, Sie kennen den Berater …. Das ist ja interessant. Welche Erfahrungen haben Sie mit ihm gemacht?“. Probieren Sie es doch einfach mal aus.
Autor: Bernhard Kuntz