Pressearbeit bzw. Public Relations (PR) kostet Zeit und/oder Geld. Entsprechend gezielt sollten Dienstleister sie nutzen, um ihre Ziele zu erreichen – egal, ob diese eher unternehmerischer oder persönlicher Natur sind.
Pressearbeit kostet wie das Schalten von (AdWords-)Anzeigen sowie das Versenden von Werbebriefen Zeit und/oder Geld. Insofern ist Ihre Entscheidung für Pressearbeit eine Investitionsentscheidung. Also sollten Sie sich vorab fragen:
- Welche Ziele will ich hiermit erreichen?
- Ist das Erreichen dieser Ziele mittels Pressearbeit in Print- und/oder Online-Medien realistisch? Und:
- Stehen der Einsatz (an Geld und Zeit) und der Ertrag – voraussichtlich – in einem angemessenen Verhältnis?
Das zentrale Ziel der Pressearbeit ist es in der Regel, die Bekanntheit einer Person oder eines Unternehmens zu steigern und den Ruf „Spezialist für…“ aufzubauen.
Doch dies ist meist kein Selbstzweck. Dahinter stecken unternehmerische Ziele. Zum Beispiel leichter Neukunden zu gewinnen. Oder höhere Preise durchsetzen zu können. Oder die Bekanntheit des eigenen Unternehmens zu steigern, damit dieses leichter verkauft werden kann. Also sollten Sie sich, bevor Sie sich für die Pressearbeit entscheiden, fragen:
- Welche unternehmerischen Ziele möchte ich erreichen? Und:
- Welchen Beitrag kann die Pressearbeit bzw. PR hierzu leisten?
Klarheit über die unternehmerischen Ziele gewinnen
Diese Fragen lassen sich nicht allgemein beantworten, denn so verschieden wie die Unternehmerpersönlichkeiten sind auch die Ziele, die sie mit ihrer unternehmerischen Tätigkeit verfolgen. Und hierin spiegelt sich in der Regel neben ihrem Selbstverständnis auch ihr Wertesystem wieder. So gibt es zum Beispiel Unternehmer, die sagen: „Ich will weder reich werden, noch ein großes Unternehmen aufbauen. Mein vorrangiges Ziel ist es unter anderem durch PR dafür zu sorgen, dass ich auch in fünf Jahren noch so eine gute Auslastung wie heute habe und meinen Lebensstil halten kann.“ Andere haben die Vision: „Ich möchte in den nächsten fünf Jahren ein Unternehmen mit 50, 100 oder gar 500 Mitarbeitern aufbauen, das zu den Marktführern in seinem Marktsegment zählt.“ Und bei wieder anderen lautet das primäre Ziel: „In zehn Jahren möchte ich in Rente gehen und dann mein Unternehmen für den Betrag x verkaufen.“
Hieraus ergeben sich für Sie als Selbstständigen zwei Folgefragen:
- Bei welchen Personen oder Organisationen möchten Sie Ihre Bekanntheit steigern? Und:
- Bezogen auf welche Themen möchten Sie den Ruf „Spezialist für…“ erwerben?
Kernfrage: Welche Funktion hat die PR in der Marketingstrategie?
Dass Sie auf diese Fragen Antworten haben, ist für den Erfolg Ihrer Pressearbeit sehr wichtig. Denn hieraus ergibt sich,
- inwieweit Ihr Ziel mittels Pressearbeit überhaupt erreichbar ist und
- auf welche Medien Sie, Ihre Pressearbeit fokussieren sollten.
Hierfür ein Beispiel. Angenommen Sie wären ein Architekt und auf Dachausbauten spezialisiert und Ihre Kunden kämen, weil Ihr Büro in Frankfurt ist, weitgehend aus dem Rhein-Main-Gebiet. Dann wäre es relativ schwierig, Ihre Zielgruppe mittels Pressearbeit bzw. PR anzusprechen, denn für das Thema Dachausbau interessieren sich die regionalen Medien nicht allzu sehr.
Zwar könnte es Ihnen gelingen, ein oder zwei Mal pro Jahr in einer regionalen Tageszeitung (oder einem Anzeigenblatt) einen Artikel zum Thema Dachausbau zu platzieren, jedoch nicht so häufig und regelmäßig, dass es sich in den Köpfen Ihrer Zielkunden verankert: „Der Herr Mayer (oder die Frau Müller) ist der Spezialist für …“ Also könnte die Pressearbeit in Ihrem Marketingkonzept nur eine unterstützende Funktion haben. Dessen zentrale Säule sollte hingegen zum Beispiel eine Webseite sein, die für Google & Co regional optimiert ist: also außer auf das Thema Dachausbau beispielsweise auch auf die Städtenamen Frankfurt, Darmstadt und Wiesbaden.
Kernfrage: Welche Ziele möchte ich durch die PR erreichen?
Obiges Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, dass Sie genau analysieren,
- wer Ihre Kernzielgruppen sind und
- welche Leistungen Sie vermarkten möchten.
Denn hieraus können Sie ableiten, welche (Teil-)Funktion die Pressearbeit in Ihrem Marketingsystem übernehmen kann.
Beim Anbieter A kann das Ziel lauten: „Ich möchte, dass sich in den Köpfen meiner Zielkunden allmählich verankert, dass ich der ‚Spezialist für…’ bin, so dass sie mich anrufen, wenn ein entsprechendes Problem auftritt.“ Beim Anbieter B hingegen kann die Zieldefinition lauten: „Ich möchte mir durch das Veröffentlichen von Artikeln Marketinginstrumente schaffen, die ich im Vertriebsprozess einsetzen kann – zum Beispiel, indem ich sie auf meine Webseite stelle, Interessenten schicke, in den Social Media poste und, und, und …“.
Auch folgende Zieldefinition ist möglich: „Ich möchte, dass die Leser nach der Lektüre der Artikel unmittelbar mein Produkt bzw. meine Dienstleistung kaufen.“ Eine solche Zielsetzung ist jedoch nur bei (aus Kundensicht) niedrigpreisigen Produkten realistisch, bei deren Kauf die Zielkunden ein geringes Kaufrisiko empfinden. Bei komplexeren Produkten und Dienstleistungen kann ein realistisches Ziel der Pressearbeit sein: „Die Leser sollen nach der Lektüre der Artikel meine Webseite aufsuchen und sich ausführlich über mein Unternehmen und seine Leistungen informieren, um mich anschließend zu kontaktieren, wenn…“.
Kernfrage: Wofür will ich mich als „Spezialist“ profilieren?
Doch Vorsicht! Sie können in der Regel nur bezogen auf ein Thema oder Aufgabengebiet den Ruf „Spezialist für…“ erwerben. Sie können zum Beispiel als Wirtschaftsprüfer nicht zugleich „der Spezialist für eigentümergeführte Familienunternehmen“ sowie „… für multinationale Konzerne“ sein. Und als Rechtsanwalt können Sie nicht „der Spezialist für Wirtschaftsdelikte“ und „… für Scheidungsverfahren“ sein. Alle Versuche, sich mittels Pressearbeit als „Fast-alles-Könner“ zu profilieren, scheitern – weil diese Botschaft unglaubwürdig ist. Also müssen Sie sich entscheiden.
Das Bemühen, eine hohe Bekanntheit aufzubauen und den Ruf als „Spezialist für…“ zu erwerben, ist in der Regel mit konkreten Erwartungen verknüpft – zum Beispiel, dass Sie
- schneller und leichter an Aufträge kommen,
- höhere Preise erzielen können,
- häufiger von potenziellen Kunden kontaktiert werden,
- weniger Überzeugungsarbeit beim Akquirieren von Aufträgen leisten müssen,
- ausreichend Aufträge bekommen, um ein Unternehmen mit 20 Mitarbeitern aufzubauen.
Frage: Welche Medien spreche ich mit welchen Themen an?
Hinter diesen Erwartungen verbergen sich in der Regel Ihre wahren Motive, Pressearbeit zu betreiben. Auch diese sollten Sie ermitteln. Denn hieraus ergeben sich Konsequenzen für den Umfang, in dem Sie Pressearbeit betreiben sollten und für deren thematische Ausrichtung.
Hierfür ein Beispiel. Angenommen Sie wären ein Weiterbildungsanbieter und als solcher auf das Thema Work-Life-Balance spezialisiert. Und das Ziel Ihrer Pressearbeit wäre primär, Teilnehmer für Ihre offenen Seminare zu gewinnen. Dann könnte Ihre PR-Strategie wie folgt aussehen: Sie verfassen regelmäßig Artikel zu Themen wie „Spaß am Leben, Spaß an der Arbeit“ oder „Ein erfülltes Leben führen“ und versuchen diese in Zeitschriften und Online-Medien zu platzieren – möglichst mit einem Hinweis auf Ihr nächstes Seminar. Und welche Medien würden Sie dann bevorzugt ansprechen? Primär Endverbrauchermedien wie Tageszeitungen und Illustrierte, da diese sich an Einzel- und Privatpersonen wenden und oft Artikel über solche „weichen“ Themen publizieren.
Anders sollte Ihre (PR-)Strategie aussehen, wenn Ihr Ziel wäre: Ich möchte ein Trainings- und Beratungsunternehmen aufbauen, das 20 oder vielleicht sogar 50 Mitarbeiter beschäftigt. Dann kämen Sie mit so wachsweichen Themen wie „Ein erfülltes Leben führen“ nicht weit. Denn mit ihnen könnten Sie nicht ausreichend (große) Aufträge akquirieren, um mehrere Dutzend Mitarbeiter auszulasten. Also sollte Ihre Pressearbeit inhaltlich einen anderen Fokus haben – selbst wenn Ihr Unternehmen im Bereich Gesundheitsförderung aktiv ist. Dann könnte eines Ihrer Kernthemen lauten
- „Moderne, nachhaltige Gesundheitsfördersysteme in Unternehmen implementieren“. Oder:
- „Herausforderung demografischer Wandel – So halten Sie die ‚alten Hasen’ in Ihrem Unternehmen fit.“
Auch die Medien, auf die sich Ihre Pressearbeit konzentrieren sollte, wären dann andere. Denn solche Endverbrauchermedien wie Rundfunk und Fernsehen sowie Tageszeitungen und Illustrierte interessieren sich für die genannten Themen kaum. Also läge der Fokus Ihrer Pressearbeit weitgehend auf den sogenannten B-to-B-Medien, die sich an die Entscheider in den Unternehmen wenden – das heißt, vor allem auf Fachzeitschriften.
Welche Entwicklungsziele habe ich?
Häufig sind auch persönliche oder unternehmerische Entwicklungsziele der Anlass, aktiv Pressearbeit zu betreiben. Hierfür ein Beispiel: Angenommen Sie wären ein Rechtanwalt und hätten bisher Unternehmen primär bei Arbeitsrechtsprozessen unterstützt. Nun haben Sie sich jedoch weitergebildet, so dass Sie Unternehmen zum Beispiel auch beim Gestalten von internationalen Verträgen mit Großkunden oder Lieferanten beraten könnten. Doch woher die gewünschten Kunden nehmen? Ihre Bestandskunden trauen Ihnen das (noch nicht) zu, weil diese Sie bisher nur als Arbeitsrechtsexperte kennengelernt haben. Und bei Neukunden? Dort fehlen Ihnen die nötigen Referenzkunden, um sich gegen Mitbewerber durchzusetzen.
Also beschließen Sie „Ich schreibe Fachartikel zum Thema ,…‘“, um Neukunden auf mich aufmerksam zu machen und die erschienenen Artikel auf meine Webseite zu stellen sowie über Social-Media-Kanäle zu verbreiten, um meine Kompetenz zu unterstreichen. Im Zentrum Ihrer Pressearbeit stünde dann ein anderes Thema als das, mit dem Sie heute Ihr Geld verdienen.
Ziel: den (Verkaufs-)Wert des Unternehmens steigern
Ein häufiges Motiv, Pressearbeit zu betreiben, ist auch der Wunsch, den (Verkaufs-)Wert der eigenen Unternehmung zu steigern – insbesondere bei Freiberuflern, die im Verlauf von 20, 30 Jahren mühsam ein Unternehmen mit mehreren Mitarbeitern aufgebaut haben. Irgendwann stellt sich ihnen die Frage: Was passiert mit meinem Betrieb, meiner Kanzlei, meiner Agentur usw., wenn ich mich zur Ruhe setze? Löst sich mein Unternehmen dann in Luft auf oder kann ich es lukrativ verkaufen?
Einen angemessenen Verkaufspreis zu erzielen, gelingt Ihnen in der Regel nur, wenn Ihr Unternehmen sozusagen eine Marke ist – mit einer hohen Bekanntheit in den relevanten Kreisen und einem guten Renommee. Auch deshalb beschließen Inhaber von Agenturen, Kanzleien, Beratungsunternehmen usw. oft irgendwann: Ich investiere in den kommenden Jahren nochmals richtig Geld, um mein Unternehmen vom unbekannten Nischenplayer zu einer relativ bekannten (regionalen) Marke auszubauen – auch wenn dies kurzfristig keine Rendite bringt. Denn dann kann ich meine Unternehmung in einigen Jahren einfacher (und teurer) verkaufen und vom Erlös meinen Lebensabend finanzieren.
Und: Sagen Sie „Ja“ zur persönlichen Eitelkeit
Weit häufiger ist die Triebfeder, Pressearbeit zu betreiben, gerade bei etablierten Freiberuflern jedoch viel profaner, als das die bisher genannten scheinbar rationalen, weil wirtschaftlichen Gründe suggerieren: Die Berater haben es schlicht und ergreifend satt, No-Names zu sein. Es nervt sie zunehmend, dass ihre Kollegen x und y fast jeder kennt, während sie bei Neukunden (und im Bekanntenkreis) regelmäßig erklären müssen, was sie tun. Sie wollen, dass endlich auch mal zu ihnen jemand sagt „Neulich las ich einen Artikel von Ihnen in der Zeitung“, um dann ganz bescheiden zu erwidern: „Stimmt, da hat mich mal wieder ein Journalist angerufen und…“ Von solchen Eitelkeiten ist kein Mensch frei – auch der Autor dieses Artikels nicht.
Kein Dienstleister – egal, ob Unternehmensberater Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt – tickt so rational, wie er sich im Business-Leben gern präsentiert. Jeder genießt es, Anerkennung und Bewunderung zu erfahren. Warum sollten Sie sich diesen Wunsch also nicht eingestehen? Kein PR-Berater schaut Sie schräg an, wenn Sie zu ihm zum Beispiel sagen „Ich möchte, dass mein Name so oft wie der meines Kollegen xy in der Zeitung steht, denn es nervt mich, wenn ich dort regelmäßig sein Konterfei sehe …. und meines nicht.“ Im Gegenteil, der Berater denkt „Endlich mal eine klare Ansage“ und wird seine Arbeit an Ihrer Erwartung orientieren.
Stehen Sie auch zu Ihren „irrationalen“ Erwartungen
Der Ex-Bundesaußenminister Joschka Fischer soll einmal, als er zu Zeiten der Kosovo-Krise gefragt wurde, warum er dieses stressige Amt auf sich nehme, erwidert haben: „Wir wollen alle reich und sexy werden“. Dem kann ich nach fast 30-jähriger Erfahrung als Marketing- und PR-Berater nur zustimmen – zumindest in dem Sinne, dass die Motive von Unternehmern, warum sie gewisse Anstrengungen auf sich nehmen und zum Beispiel eine Pressearbeit betreiben, meist vielschichtig sind. Stehen Sie dazu! Denn nur dann kann ein PR-Berater- oder -Unterstützer Ihre Erwartungen auch langfristig erfüllen.
Stärken und Schwächen der Pressearbeit bzw. PR (Übersicht)
Stärken – u.a.: | Schwächen – u.a.: |
Durch Pressearbeit können Sie Ihre Bekanntheit steigern und sich den Ruf „Spezialist für…“ aufbauen. | Pressearbeit ist zeitaufwändig (und nicht „billig“, wenn Sie damit externe Dienstleister beauftragen). |
Sie können in den Artikeln Ihre Kompetenz und Praxiserfahrung erfahrbar machen. | Bei der Pressearbeit sind Sie stets vom „Wohlwollen“ der Redakteure abhängig. Sie entscheiden, ob und wann und wie Ihr Artikel/Ihre Meldung erscheint. |
Sie können die erschienenen Artikel für Ihr Marketing/Ihren Vertrieb nutzen (z.B. auf Ihre Website stellen, potenziellen Kunden per Mailings schicken). | Pressearbeit ist relativ schwer plan- und steuerbar (verglichen zum Beispiel mit dem Schalten von Anzeigen und Versenden von Werbebriefen). |
Sie können die erschienenen Artikel in einer Pressemappe bündeln und diese zum Beispiel bei firmeninternen Präsentationen Ihren (Noch-nicht-)Kunden überreichen. | Bei der Pressearbeit können Sie (in der Regel) nur indirekt für sich und Ihre Produkte und Dienstleistungen werben. |
Sie können, da die Zeitungen die erschienenen Artikel oft auch online stellen, durch Pressearbeit dafür sorgen, dass Sie im Worldwideweb leichter und häufiger gefunden werden. | Mittels Pressearbeit gelingt es Ihnen zumeist nicht, regelmäßig in denselben Medien präsent zu sein (zum Beispiel alle drei Monate) und regelmäßig dieselben Personen auf Ihre Existenz hinzuweisen. |
Sie können, wenn Sie über das nötige Know-how verfügen, Ihre Pressearbeit weitgehend selbst machen und so ohne größere finanzielle Investitionen für sich werben. | Artikelmanuskripte können oft nur ein Mal verwendet werden. Ist ein Artikel in einer Zeitung erschienen, sollten Sie ihn nicht mehr deren Konkurrenz anbieten. |
Sie können über Presseveröffentlichungen auch Zielgruppen erreichen, die Sie adressenmäßig nur schwer erfassen und mittels Mailings nicht direkt ansprechen können (z.B.: Interessenten für eine Heilpraktikerausbildung oder Ehepaare, die kurz vor der Scheidung stehen) | Pressearbeit hat eine lange Vorlaufzeit. Zwischen dem Anbieten und Erscheinen eines Artikels vergehen bei Fachzeitschriften zuweilen sechs Monate und mehr. |
Bernhard Kuntz