Während früher das Aufbauen und Nutzen von persönlichen Netzwerken etwas geradezu Verruchtes war und mit Ausdrücken wie Freunderlwirtschaft oder Seilschaft in enger Verwandtschaft gesehen wurde, versteht man heute das Networking als wichtigen Karrierefaktor und als persönlichen Wettbewerbsvorteil.
Dabei ist das Networking nicht mehr dem Top-Management vorbehalten. Jeder muss Netzwerken, auch der IT-Manager oder ein Projektleiter, denn seit man den menschlichen Faktor und das Change-Management in das Projektcontrolling einbezieht, weiß man, dass ein gutes Einvernehmen mit Meinungsbildnern im Unternehmen und starke Fürsprecher in den Fachabteilungen den Erfolg eines Projektes – und damit dessen Gesamtkosten – enorm beeinflussen.
Berater, Netzwerkanalysten, Trainer und Coaches versuchen ihren Klienten das Handwerkszeug und die Grundregeln für erfolgreiches Netzwerken beizubringen. Wie immer im Leben, sind diese – relativ leicht verständlichen – Regeln, um es mit Wittgenstein zu sagen, Leitern, die man nach dem Erklimmen wegwerfen sollte. Eine Analogie aus meiner eigenen Erfahrung als Konferenzveranstalter: es gibt zahlreiche Regeln, wie ein guter Redner eine Rede aufbaut und darbringt – interessanterweise sind jedoch oft jene Vortragenden die Besten, die reden, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, denn sie sind keine Abziehbilder, vermitteln Glaubwürdigkeit und Authentizität.
Interesse an Menschen haben
Wenn ich Ihnen also nun etwas über die Grundregeln des Netzwerkens erzähle, muss ich dazu sagen, dass ich diese selbst nicht immer beherzige, und mich eher auf meine Erfahrung und Einschätzung verlasse. Denn Netzwerken ist eine zeitaufwändige Sache und da bekanntlich Zeit Geld ist, reden wir vom Netzwerken als Investition, deren ROI sehr schwer absehbar und fast nicht in Zahlen messbar ist. Es ist daher hilfreich, wenn man generell Interesse an Menschen aufbringt und das Networking nicht als reines Geschäft, sondern auch als persönlichen Gewinn sieht, Menschen und deren Motive besser kennen zu lernen.
Um nochmals die großen Philosophen heranzuziehen – Kant meint, wir sollten andere Menschen nie nur als Mittel zum Zweck sehen (kategorischer Imperativ). Wer nur mit Menschen das Gespräch sucht, die ihn vielleicht weiterbringen, wer dabei immer nur an den eigenen Nutzen denkt, wird als Bittsteller immer abblitzen.
Denn die erste Grundregel des Netzwerkens ist: Nur wer bereit ist, als erster zu geben, wird auch etwas zurückbekommen. Sollten Sie sich also nicht für Andere interessieren, wird es Ihnen schwerfallen zu verstehen, was Sie Ihrem Gegenüber Gutes tun können. Sie sollten vielleicht ihre Zeit lieber anderweitig (zum Beispiel ins Studieren von Aktienkursen) investieren.
Denke an den Nutzen des Anderen zuerst – lautet die zweite Regel. Denn jemand, der spürt, dass Sie ein wirkliches Interesse haben, ihn mit Ihren Mitteln zu unterstützen, wird eine höhere Motivation spüren, auch in Ihrem Sinne zu agieren.
Ein angenehmes Klima schaffen
Höfflich sein, sich erkenntlich zeigen, Danke zu sagen, wenn man Unterstützung erhalten hat, das ist die dritte Regel für erfolgreiches Netzwerken. Höflichkeit und Umgangsformen sind nämlich, wie in jeder zwischenmenschlichen Beziehung auch beim Networking wichtig um ein angenehmes Klima aufrecht zu erhalten. Da die Unterstützung dem anderen oft keinen monetären oder sonstigen Vorteil verschafft, muss das anerkannt werden. Wer sich aufdrängt, den eigenen Stellenwert überschätzt und die Unterstützung seiner Kontakte als selbstverständlich ansieht, der wird nicht oft Gefälligkeiten erhalten. Dann zeigt das Networking seine negativen Seiten – denn wer zu viele seiner Netzwerkpartner verärgert, steht schnell als Außenseiter da.
Anknüpfungspunkte finden
Sei interessiert, stell Fragen und höre gut zu – das gehört nicht nur zur Basis einer guten Freundschaft oder auch einer Ehe, sondern macht auch aus Geschäftspartnern loyale Netzwerkanknüpfungspunkte. Sie sollten Ihre wichtigsten Ansprechpartner immer im Hinterkopf behalten, damit Sie diesen, wenn sich Gelegenheiten ergeben, etwas Gutes tun können. Es ist oft sehr einfach, einen potenziellen Bewerber weiterzuleiten, einen günstigen Lieferanten zu empfehlen oder eine Geschäftsmöglichkeit aufzuzeigen. Solche „Quick-Wins“ zeigen Ihren Wert, rufen Sie ins Gedächtnis und werden Ihnen langfristig auch zurückgezahlt werden.
Kontakte miteinander vernetzen
Dazu gehört auch, dass Vernetzen von Kontakten. Wer seine Kontakte als sein Asset betrachtet, das er nicht mit anderen teilen will, der kann gute Beziehungen aufbauen, es entsteht aber kein stabiles Netzwerk, das trotz Ausfällen oder loser Enden seine Tragfähigkeit bewahrt – dazu müssen sich nämlich Knoten bilden. Im Optimalfall haben Sie damit gleich zweien Ihrer Ansprechpartner einen Gefallen erwiesen, der wieder auf Sie zurückfällt.
Social Media nutzen
Es lohnt sich durchaus, sich beim Netzwerken der sogenannten Social Networks zu bedienen. Xing, LinkedIn, Naymz und wie sie alle heißen, machen es nicht nur einfach, die Kontaktdaten zu verwalten in Zeiten, in denen sich in manchen Branchen Jobtitle und Firma schnell verändern. Wer wirklich bereit ist, diese Communities zu nutzen, gibt relativ viel von sich Preis, Interessen, berufliche Schwerpunkte, und ermöglicht es so seinen Kontakten leicht Anknüpfungspunkte ausfindig zu machen und Kontakt aufzunehmen. Meistens sieht man auch, über welche Netzwerkknoten man Verbindungen hat, und mit wem der Betreffende noch Kontakt hat. Social Networks sind meines Erachtens nach ein wichtiges Tool um Netzwerken zusätzliche Stabilität zu geben. Sie stehen auch in keiner Konkurrenz zu Offline Community-Veranstaltungen, sondern ergänzen diese hervorragend.
Ehrlich sein
Wer sich vom Umgang mit Menschen ausschließlich mehr Umsatz, Karriereförderung oder Prestige erwartet, wird schnell als unglaubwürdig, im schlimmsten Fall als Lügner gesehen. Daher die letzte Regel beim Aufbau von Netzwerken – Ehrlich sein. Netzwerke sind unübersichtlich, jeder kann mit jedem reden. Zum Ehrlich sein gehört auch, einmal Nein sagen zu können. Nicht immer sind Kontakte gleich für einander nützlich. Leere Versprechungen verhindern, gemeinsam zukünftige Chancen wahrzunehmen.
Über den Autor:
Mag. Michael Ghezzo ist Geschäftsführer des Seminar und Konferenzveranstalters Confare GmbH – Gemeinsam. Besser. Machen. Er ist seit mehr als 10 Jahren im Konferenzbereich tätig und ist auch Fachautor in den Bereichen Social Media, CRM und Eventmarketing.
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