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Unser Leben besteht aus Entscheidungen. Jeden Tag treffen wir eine Vielzahl an Entscheidungen. Angefangen davon, was man in der Früh anzieht, bis hin zu gravierenden Entscheidungen, wie z.B. Jobwechsel oder Familiengründung. Dabei stellen wir ständig Vor- und Nachteile gegenüber und wägen ab. Manchmal erstellen wir auch eine Plus-Minus-Liste.

Der Psychologe Prof. Dr. Gerd Gigerenzer beschäftigt sich seit vielen Jahren mit diesen Themen und hat dazu das Buch „Bauchentscheidungen. Die Intelligenz des Unbewussten und die Macht der Intuition“ veröffentlicht. Er empfiehlt uns öfter auf unseren Bauch zu hören.

Seine Erkenntnis: Intuitive Entscheidungen führen oft zu besseren Ergebnissen wie rationale Entscheidungen führen. Abgesehen davon müssten wir, wenn wir vollständig rational entscheiden möchten und ganz sicher sein wollen, dass unsere Entscheidungen richtig sind, alle Faktoren in unsere Entscheidung einbeziehen. Das ist mit unserem begrenzten Verstand gar nicht möglich. Dazu kommen Einflüsse unserer Umwelt, die nicht vorhersehbar sind.

In seinem Buch verdeutlicht er, dass mit weniger Informationen oft bessere Entscheidungen getroffen werden:

Prof. Gigerenzer hat folgende Frage zusammen mit einem Kollegen in einer Studie zunächst amerikanischen Studenten und dann deutschen Studenten vorgelegt:

Welche Stadt hat mehr Einwohner: Detroit oder Milwaukee?

Die amerikanischen Studenten gaben zu 60 Prozent die richtige Antwort (Detroit). Bei den deutschen Studenten antworteten fast alle richtig.

Warum „wussten“ es die deutschen Studenten besser?

Das Grundprinzip der Intuition besteht aus zwei Elementen:

1. aus einfachen Faustregeln.
Das sind Regeln, die uns nicht immer bewusst sind, die sich aber über lange Zeit bewährt haben.

2. aus evolvierten Fähigkeiten.
Das sind Fähigkeiten, die auf unserer evolutionären Erfahrung basieren: das Wiedererkennungsgedächtnis, Nachahmung, Sprache usw.

Den amerikanischen Studenten waren beide Städte bekannt, sie hatten also mehr Informationen. Die meisten deutschen Studenten hatten nur von Detroit gehört. Milwaukee kannte kaum einer der deutschen Studenten. Die Deutschen mussten sich deshalb intuitiv nach folgender Faustregel entscheiden: Halte dich an das, was du kennst. Das bedeutete in diesem Fall: „Wenn ich den Namen der einen Stadt wiedererkenne, den der anderen Stadt aber nicht, dann schließe ich daraus, dass die wiedererkannte Stadt größer ist und mehr Einwohner hat.“ Letztlich wussten die amerikanischen Studenten zu viel, um die oben vorgestellte Faustregel anzuwenden. Sie kannten beide Städte, nicht nur eine. Deshalb mussten sie die Informationen, die sie über beide Städte hatten, abwägen und eine Entscheidung treffen.

Intuition ist eine andere Art von Intelligenz. Sie zieht ihre Schlüsse aus Faustregeln: „Halte dich an das, was du kennst“, „Mach das, was das letzte Mal erfolgreich war“, „Ein einziger guter Grund reicht“.

Es ist jedoch auch wichtig zu wissen, wann man sich auf sein Gefühl verlassen kann, und wann man besser nachdenkt. Einerseits kann nicht jeder in jeder Situation aufgrund eines Bauchgefühls entscheiden. Ein gesundes Halbwissen ist gut für intuitive Entscheidungen. Denn wer gar kein Wissen hat, sollte sich nicht auf seine Intuition verlassen – vermutlich wird er auch überhaupt keine intuitive Eingebung bekommen.

Am besten sind intuitive Entscheidungen, die von Menschen mit großer Erfahrung gefällt werden. Zum Beispiel von einem Manager, der eine berufliche Entscheidung treffen muss. Er hat genug berufliches Wissen verinnerlicht, um wichtige Entscheidungen intuitiv zu treffen.

Auch Ängste, wie z.B. Flugangst, sind eine Form von Intuition: eine unbewusste Intelligenz, die uns vor Risiken warnen möchte. Diese Flugangst ist aber eine  schlechte Intuition, weil sie auf Wissen basiert, das heute überholt ist, mitunter auch falsch. Nämlich, dass das Fliegen ein großes Risiko ist, weil bei einem Absturz viele Menschen sterben. Die schlechte Intuition lässt außer Acht, dass es statistisch gesehen viel ungefährlicher ist, mit einem Flugzeug zu fliegen, als mit einem Auto zu fahren, da es wesentlich mehr Unfälle mit Autos gibt.

Intuition lässt sich trainieren, indem wir lernen, den dahintersteckenden Faustregeln  zu vertrauen. Perfektionisten fallen oft die kleinsten Entscheidungen schwer, weil sie nach der perfekten Lösung suchen. Sie sammeln alle Informationen, wägen alle Vor- und Nachteile gegeneinander ab. Trotzdem sind sie oft unzufriedener mit der getroffenen Entscheidung. Denn sie wissen, dass es unmöglich ist, alle Informationen ausreichend und korrekt zu berücksichtigen. Perfektionisten zappen oft so lange durch das Fernsehprogramm auf der Suche nach der Sendung, die gerade die Beste ist, bis sie am Ende gar nichts richtig gesehen haben.

Demgegenüber steht die Faustregel: „Take the best“. In diesem Fall reicht ein einziger guter Grund. So lässt sich auch Intuition trainieren: Suchen Sie nach dem einen guten Grund! Zappen Sie nicht beim Fernsehen, sondern finden Sie den einen guten Grund, der für die eine Sendung und gegen die andere Sendung spricht, und bleiben Sie dabei.

Trainieren Sie Ihre Bauchentscheidungen ruhig erst mal an weniger wichtigen Kleinigkeiten. So lernen Sie, ein Gespür für Ihr Bauchgefühl zu bekommen und auch, dass Sie Ihren Bauchentscheidungen vertrauen können.

Perfektionisten leiden übrigens oft an Reue und Selbstvorwürfen, bis hin zur Depression. Wenn das kein guter Grund ist, es einmal mit Intuition zu probieren!

Über den Autor:

Werner Schweitzer ist Unternehmensberater, Trainer und Mentalcoach

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