Die Digitalisierung ist nicht nur eine technologische Herausforderung. Sie benötigt vor allem auch Innovationen in der Art und Weise, wie wir unsere Unternehmen managen und mit Kunden kommunizieren. Doch bei aller notwendigen Technologisierung darf die Menschlichkeit nicht auf der Strecke bleiben.
Eine neue Kommunikationszeit ist angebrochen. Wir reden mit Bits und Bytes, die Siri oder Cortana oder Alexa heißen. Und sobald sie ein wenig trainiert sind, antworten unsere digitalen Assistenten vernünftig, höflich und brav. Auch mit Robotern führen wir schon längst Zwiegespräche. Digitalisierte Maschinen geben uns nicht nur Informationen, sondern auch Befehle.
Algorithmen hören uns zu, sie verstehen uns, machen daraus Big Data, um uns dann mit dem zu versorgen, was uns, wie sie meinen, gefällt. Nicht nur nette Nachbarn und übellaunige Chefs reden mit uns; auch mit Gebrauchsanweisungen, Schaufensterauslagen und vorbeifahrenden Autos kann man sich unterhalten.
Maschinen reden mit Handys – und Sensoren mit allem, was Sensoren hat. So erklärt ein Stück Weißblech der nächsten freien Werkzeugmaschine höchstpersönlich und ganz wie von selbst, was mal aus ihm werden soll. Und während es so verarbeitet wird, hält es mit anderen Blechen ein Schwätzchen.
Was das für die Kommunikationsarbeit bedeutet?
Die digitale Transformation, die uns mit einer irre hohen Veränderungsgeschwindigkeit überfällt, gibt der Kommunikation ein völlig neues Gesicht. Sie materialisiert sich in einem globalen Netzwerk von Abermilliarden intelligenter Geräte, Maschinen und Objekte, die via Sensoren und Apps untereinander, mit den Menschen und mit ihrer Umwelt korrespondieren.
Dieses „Internet der Dinge“ wird die Art und Weise, wie wir leben und arbeiten, völlig verändern. Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert (Carly Fiorina). Alles, was automatisiert werden kann, wird automatisiert. Und alles, was vernetzt werden kann, wird miteinander vernetzt.
Wie dies passiert? Eben nicht sanft und linear, sondern sprunghaft und disruptiv. Disruptiv? Darunter versteht man – im Gegensatz zu evolutionären Konzepten und kontinuierlichem Wandel – die zumeist abrupte Zerstörung traditioneller Geschäftsmodelle und althergebrachter Wertschöpfungsketten. Denn wirklich Neues entsteht nicht durch das Fortschreiben von Bestehendem, sondern aus dem Ordnen von Chaos.
Digitale Fitness – von nun an ein Muss
Die Social Media und ihre Netzwerkeffekte, die uns seit Anfang der Nuller-Jahre begleiten, kamen auf vergleichsweise sanften Pfoten daher. Sie bescherten uns allerdings einen Paradigmenwechsel, im Zuge dessen sich die Macht von Unternehmen, Organisationen und Institutionen zu den Menschen verschob.
Was das bedeutet? Inzwischen entscheiden vor allem die eigenen Kunden durch ihr Onlinegerede darüber, ob neue Kunden kommen und kaufen. Und die eigenen Mitarbeiter entscheiden durch ihre Stimmen im Web maßgeblich mit, wer die besten Talente gewinnt.
Doch während ein Großteil der Anbieter das Ausmaß dieser Entwicklung nicht einmal annähernd begreift und ein Erweckungserlebnis vielen Managern noch gänzlich fehlt, ist bereits die nächste Stufe gezündet. Die Digitalisierung schaltet gerade den Turbo ein. Der Übergang von einer linearen zu einer exponentiellen Ära katapultiert uns voran. Dabei wird der Kuchen ganz neu verteilt.
Und nicht die Schnellen, die Großen und die Skrupellosen, sondern die digital Fitten sind diesmal vorn. Mehr oder weniger alle Branchen sind davon betroffen. Fünf Jahre höchstens, sagen die Kassandras der Wirtschaft, haben die Unternehmen noch Zeit. Wer dann nicht durchdigitalisiert ist, kommt auf den Friedhof.
Ohne Menschlichkeit wären wir nur Maschinen
Die Digitalisierung betrifft jeden Unternehmensbereich. Sie ist schon bald das, was die Kunden unabdingbar erwarten. Das heißt, sie löst höchstens Zufriedenheit aus, da sie ein Pflichtprogramm ist. Doch, wie auch beim Tanzen: Der wahre Genuss entsteht erst im Freiraum der Kür, also da, wo es Einfühlungsvermögen, Hingabe und Leidenschaft, also quasi eine Obsession für die Belange der Kunden gibt.
Geldscheine winken vor allem in der Begeisterungszone. Wo aber Technokraten agieren, besteht die Gefahr, dass sich alles um Systeme, Prozesse und Daten sowie ums Analysieren, Monitoren und Messen dreht. Die Menschlichkeit in der Kundenbeziehung bleibt dabei oft auf der Strecke. Um aber in den Begeisterungsbereich vorzustoßen, wird genau diese gebraucht.
Menschlichkeit äußert sich in Emotionalität, in Nützlichkeit und in Sinnlichkeit. Sie zeigt der kalten Technik ein heiteres Gesicht. Sie sorgt für Reputation, für Identifikation, für Loyalität und für Empfehlungsbereitschaft – und damit auch für neue gute Kunden. Vor allem um solche Facetten geht es in meinem jüngsten Buch „Touch.Point.Sieg.“
Denn am Ende, und das ist mein Fazit, finden die wahren kommunikativen Erfolge jenseits von Big Data und Algorithmen statt. Nicht Analytics und Mathematik, sondern Menschenkenntnis und Einfühlungsvermögen führen gerade in durchdigitalisierten Zeiten zum Ziel.