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Eine tragfähige Beziehung zu unseren Gesprächspartnern aufzubauen ist eine große Herausforderung, aber eine, die sich lohnt. Eine gute Beziehung erlaubt nämlich ehrliche Kritik, klare Grenzziehungen und auch harte Aussagen. Denken Sie nur an Ihren besten Freund oder Ihre beste Freundin, der / dem Sie hoffentlich alles sagen können, was Ihnen wichtig ist. Was braucht eine Beziehung um zu funktionieren? Meine Meinung: Aufmerksamkeit, Respekt und Vertrauen. Hier möchte ich nur das Bedürfnis nach Aufmerksamkeit behandeln.

Interesse am anderen

Um aufmerksam sein zu können muss ich zunächst mal anwesend sein. Und zwar mental und physisch. Ich muss mein Gegenüber verstehen wollen und dafür muss ich zuhören. Klingt einfach, ist es aber nicht. William Isaacs sagte mal: „Wir hören nicht mehr zu, sondern wir laden nur mehr nach!“. Das bedeutet, dass wir während der/die andere spricht schon unsere Reaktionen planen: eine Rechtfertigung für unser Verhalten, ein Argument gegen den Einwand oder Angriff oder ein weiteres Thema, das wir unbedingt noch zur Sprache bringen möchten. Zuhören geht anders! Wenn ich wirklich offen zuhören will, dann muss ich mich voll und ganz für den / die andereN inter-essieren (in der ursprünglichen Bedeutung des Wortes – „dazwischen“ „sein“). Erst, wenn ich unabhängig von meinen eigenen Einschätzungen, Erfahrungen und Meinungen die Situation des anderen wahr-genommen habe, bekomm ich eine Ahnung davon, was den/die anderen wirklich bewegt.

So wichtig Erfahrungen und Wissen für unsere Kompetenz sind so sehr verblenden sie uns. Sie führen dazu, dass wir sehr schnell sind mit einer Problemanalyse, einem Ratschlag oder gar einer Kritik. Das ist den meisten Situationen und Personen gegenüber unwürdig, weil wir es uns damit zu leicht machen.

Analytisch zuhören

Wenn wir zuhören, dann sollten wir mit voller Konzentration zu hören, um den wirklichen Problemen, Anliegen und Bedarfe unserer GesprächspartnerInnen auf die Schliche zu kommen.

Dafür sind Fragen sehr hilfreich. Offen Fragen (also Fragen, die das Gegenüber anregen, sich zu öffnen in Form von Geschichten, Situationsbeschreibungen u.ä.) sind dabei der erste Schritt.

In unseren Seminaren trainieren wir zusätzlich das analytische Zuhören. Das bedeutet, dass die Aussagen des anderen anhand wichtiger Kriterien erforscht werden.

Ein paar analytische Fragen:

Wo ist denn der Widerspruch zur Aussage X?

Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass zwei Parteien sehr intensiv miteinander streiten können, aber niemand kann so genau sagen worin man sich nun wirklich widerspricht? Gefällt einem ein Kinofilm und dem anderen nicht, dann wird eine Diskussion dazu führen, dass sich die Positionen verhärten und man vergisst ganz, dass Geschmäcker nun mal unterschiedlich sind und man den Unterschied einfach wertschätzen könnte.

Was bedeuten die verwendeten Worte?

Insbesondere abstrakte Begriffe wie Leistung, Fairness, Respekt, Toleranz etc. kommen uns leicht über die Lippen. Aber was bedeuten Sie wirklich? Versuchen Sie sich mit Ihrem/Ihrer GesprächspartnerIn auf einheitliche Bedeutungen zu einigen.

Wie werden Aussagen begründet?

Sehr oft springen unsere Verteidigungsargumente schon bei Unterstellungen, Behauptungen und reinen Spekulationen an. Bitten Sie um allgemein gültige und logische Begründungen für Aussagen und überprüfen Sie zuerst die Begründung für die Behauptung bevor Sie gleich wieder neue Argumente nach legen.

Die Wahrnehmung erweitern

Wenn Sie sich vermehrt auf das analytische Zuhören konzentrieren, dann hat das mehrere erwünschte Effekte:

Zunächst werden Sie sehr viel mehr Aufmerksamkeit in die Beziehung zu Ihrem/Ihrer GesprächspartnerIn investieren und damit als viel angenehmer wahrgenommen werden.

Durch vermehrte Konzentration auf das Gehörte erweitern Sie Ihre Wahrnehmung. Das bedeutet, dass Sie plötzlich viel mehr aus den Ausführungen des / der anderen heraus lesen können und somit viel mehr Möglichkeiten zur Reaktion haben.

Ein sehr spannender Effekt ist auch, dass Sie nicht so viele eigene Argumente brauchen! Sie müssen ja nicht ständig nach laden, sondern arbeiten viel mehr mit dem, was schon da ist. Das führt auch zu mehr Gelassenheit und Sachlichkeit.

Ein gutes Training um seine Zuhörfähigkeiten zu verbessern sind auch Konzentrationsübungen. Sie könnten z.B. einfach mal die Augen schließen und die Anzahl der Geräusche zählen, die Sie wahrnehmen können. Oder Sie zählen die Anzahl Ihrer Gedanken mit geschlossenen Augen. Sie beobachten sich quasi selber beim Denken. Diese Übungen legen den Fokus auf das, was da ist und nicht auf das, was fehlt oder in Zukunft sein soll. Sie vergegenwärtigen uns und machen uns (wieder) handlungsfähig. Tun können wir nämlich immer nur etwas in der Gegenwart!

Über den Autor:

Hollenstein_Portrait_300x300Ronny Hollenstein ist Geschäftsführender Gesellschafter der ic2 concepts & trainings GmbH.

Als Speaker hält er Interaktive Vorträge zum Buch „Hart und herzlich – sinnvoll kommunizieren“. insbesondere zu folgenden Themen:

Weitere Informationen über Ronny Hollenstein

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