Viele Führungskräfte zeigen im Umgang mit der Generation Z Verhaltensunsicherheiten – vor allem, weil die nachrückenden jungen Frauen und Männer teilweise anders als ihre älteren Kollegen ticken.
Tipp 1: Vorurteile und Stereotype hinterfragen.
Glauben Sie nicht alle Märchen, die über die Generation Z, also die jungen Frauen und Männer, die seit 1995 geboren wurden, erzählt werden. Nicht alle sind so egozentrisch und arbeitsscheu wie oft behauptet wird. Das Kernproblem mit ihnen ist: Es gibt zu wenige von ihnen. Deshalb können die Unternehmen bei der Personalauswahl häufig die Messlatte nicht mehr so hoch wie früher legen. Suchen Sie das Gespräch mit den Gen-Z-lern und hören Sie ihnen zu. Dann stellen sie fest: Die Generation Z ist ebenso heterogen wie Ihre Generation dies im Teen- und Twen-Alter war.
Tipp 2: Sich mehr Zeit für die Mitarbeiter nehmen.
Wenn Unternehmen heute eine offene Stelle besetzen möchten, stehen aufgrund des Fachkräftemangels oft nur ein, zwei Bewerber vor der Tür – wenn überhaupt. Deshalb sind die Betriebe im Alltag vermehrt mit Mitarbeitern (nicht nur der Generation Z) konfrontiert, die zum Beispiel eine geringe Eigenmotivation haben. Außerdem fehlen den Neuen oft noch Kompetenzen. Also ist eine Nachqualifizierung nötig. Das heißt, Sie müssen als Führungskraft bzw. Unternehmen mehr Zeit (und Geld) als früher in das Führen und Entwickeln der neuen Mitarbeiter investieren. Stellen Sie sich darauf ein.
Tipp 3: Eine persönliche Beziehung zum Nachwuchs aufbauen.
Wissen Sie, wie die Gen-Z-ler „ticken“? Wissen Sie, was ihnen wichtig ist? Viele Führungskräfte nicht! Vor allem, weil sie zu wenig mit den jungen Leuten sprechen. Deshalb wissen sie nicht, was diese bewegt, motiviert und antreibt. Folglich fällt es ihnen schwer, auf deren persönliche Interessen, Wünsche und Bedürfnisse angemessen zu reagieren, und sie so an sich und das Unternehmen zu binden.
Tipp 4: Die Stärken der Generation Z erkennen und nutzen.
Die Gen-Z-ler wuchsen unter anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen auf als die älteren Generationen. So existierten in ihrer Kindheit zum Beispiel schon das Internet und die E-Mail-Kommunikation. Und spätestens in ihrer Jugend waren die Social Media nahezu omnipräsent. Entsprechend selbstverständlich nutzen sie diese digitalen Tools zum Sich-Informieren, Kommunizieren und Beziehungen aufbauen und pflegen.
Dies eröffnet Ihnen ganz neue Möglichkeiten, Ihre firmeninterne Kommunikation und Kooperation sowie die mit ihren Kunden zu gestalten – und zwar so, dass dies den Bedürfnissen der Gen-Z-ler und den künftigen Marktanfordernissen entspricht. Eruieren Sie im Gespräch mit den Gen-Z-lern solche Gestaltungsmöglichkeiten und binden Sie sie so in Ihre Unternehmensentwicklung ein.
Tipp 5: Eine neue Lernkultur in der Organisation entwickeln.
Was machen die Gen-Z-ler, wenn sie etwas wissen möchten? Sie „googeln“ es. Oder sie schauen sich Erklärvideos auf YouTube an. Oder sie posten eine entsprechende Frage in Internetforen. Auch weil sie so meist sehr schnell eine Antwort erhalten. Zudem nutzen sie ganz selbstverständlich, wenn sie zum Beispiel eine Sprache erlernen möchten, hierfür Online-Apps; auch weil sich diese Art zu lernen, leicht in ihren Alltag integrieren lässt.
Eine so dynamische Aus- und Weiterbildung, die ihrem akuten Bedarf entspricht, wünschen sich die Gen-Z-ler vielfach auch im Betriebsalltag statt eines Vorratslernens in Seminaren. Dies ermöglicht es Ihnen, eine ganz neue Lernkultur in Ihrem Betrieb zu etablieren – mit Lerndesigns, die dem Bedarf und den Möglichkeiten in der modernen, digitalen Welt entsprechen.
Tipp 6: Das eigene Verhalten als Führungskraft reflektieren.
Wie wuchsen die Gen-Z-ler auf? Zumeist anders als wir früher! So kommunizieren zum Beispiel Eltern heute – verallgemeinert formuliert – seltener als früher top-down mit ihren Kindern. Sie kommunizieren mit ihnen, soweit möglich, auf Augenhöhe und binden sie in ihre Entscheidungen ein: „Was sollen wir heute Abend essen?“ „Wohin sollen wir in Urlaub fahren?“ „Welches Handy willst du?“. Ähnliches gilt für die Erzieher in den Schulen. Deshalb können sich die Gen-Z-ler mit „Chefs“, die sie in ihren Augen von oben herab behandeln, nur schwer identifizieren.
Unternehmen, denen es gelingt, Gen-Z-ler an sich zu binden, haben in der Regel flache Hierarchien und legen Wert auf einen partnerschaftlichen, von wechselseitigem Vertrauen geprägten Umgang im Betriebsalltag miteinander. Das setzt auch bei ihren Führungskräften ein entsprechendes Selbstverständnis und Führungsverhalten voraus.
Tipp 7: Den Teamspirit und das Wir-Gefühl fördern.
Jeder Mensch möchte Teil einer Gemeinschaft sein. Das machen sich die Social Media zunutze. Sie bieten fast alle ihren Usern die Möglichkeit, sich mit anderen Personen zu vernetzen und Teil einer „Community“ zu sein. Dieses Bedürfnis ist bei der Generation Z vermutlich noch ausgeprägter als bei früheren Generationen, da solche identitätsstiftenden Gemeinschaften wie Kirchen, Parteien und Vereine an Bedeutung verlieren.
Deshalb sollte es in Unternehmen, die Gen-Z-ler an sich binden möchten, zum Beispiel Plattformen zum Meinungs- und Erfahrungsaustauch mit Kollegen geben; zudem Team-Events, die dem Auf- und Ausbau emotionaler Beziehungen zwischen ihren Mitarbeitern dienen. Dies ist besonders wichtig, wenn die Zusammenarbeit im Alltag weitgehend virtuell erfolgt.
Tipp 8: Dem Nachwuchs Entwicklungsmöglichkeiten aufzeigen.
Aufgrund des akuten Fachkräftemangels haben die Gen-Z-ler bei der Wahl ihres Arbeitgebers meist viele Optionen. Und selbst wenn sie bereits angestellt sind, erhalten sie zum Beispiel via LinkedIn noch attraktive Jobangebote. Entsprechend schnell und häufig wechseln sie oft den Arbeitgeber.
Deshalb sollten Unternehmen den Gen-Z-lern in ihren Reihen konkrete Möglichkeiten zu ihrer Entwicklung aufzeigen und sich um sie auch als Individuen bemühen. Denn, wo Menschen sich wohl fühlen, verweilen sie auch lange.
Tipp 9: Zeitnäher und häufiger ein Feedback geben.
Die Angehörigen der Generation Z nutzen das Smartphone im Schnitt fast acht Stunden täglich. Doch wofür? Die meiste Zeit verbringen sie auf solchen Social Media wie Instagram, TikTok und YouTube, wo sie Inhalte konsumieren oder eigene hochladen. Und für jedes dort gepostete Bild oder Video wollen sie etwas zurückhaben: nämlich Anerkennung in der Form von Likes. Doch nicht einem Like, sondern vielen. Denn eine große Resonanz zeigt ihnen: Mein Beitrag kam bei den anderen Usern gut an.
Doch welche Rückmeldung erhalten die so sozialisierten Menschen, wenn sie plötzlich in einem Unternehmen arbeiten? Oft keine! Laut Umfragen beklagen 70 Prozent aller jungen Mitarbeiter, dass sie fast nie ein Feedback von ihrem Vorgesetzten bekommen. Deshalb fühlen sie sich als Person nicht wahr- und mit ihrer Leistung nicht ernstgenommen.
Geben Sie den Gen-Z-lern oft ein positives Feedback, denn sie sind es gewohnt, schnell und häufig eine Rückmeldung zu erhalten. Also erwarten sie dies auch von Ihnen. Loben Sie die Gen-Z-ler auch für Dinge, die aus Ihrer Warte selbstverständlich sind, wie dass sie regelmäßig pünktlich zur Arbeit kommen oder Routineaufgabe wie erwartet erledigen, denn dann sind sie auch offen für Verbesserungsvorschläge von Ihnen.
Tipp 10: Den Gen-Z-lern ein Sinn-Gefühl vermitteln.
Wenn jungen Menschen eine Stelle angeboten wird, fragen sie sich auch: Finde ich in diesem Job Erfüllung? Zum Beispiel, weil die Arbeit mich intellektuell fordert? Oder weil ich Teil eines spannenden Teams bin? Oder weil ich einen wertvollen Beitrag zur gesellschaftlichen Entwicklung leiste? Diese Sinnvermittlung setzt seitens der Unternehmen eine gewisse Transparenz voraus. Zum Beispiel über die Arbeitsinhalte und -prozesse sowie Unternehmensziele und -werte. Denn nur dann können die Gen-Z-ler sich ein konkretes Bild davon machen, wie sinnvoll die Arbeit für sie sein könnte.
Um diese Sinnvermittlung sollten Sie sich aktiv bemühen – zum Beispiel, indem Sie Dialogforen zwischen Ihren Mitarbeitern und Kunden schaffen. Zunehmend starten Unternehmen auch gezielt Projekte, die Ausdruck ihrer Werte sein sollen und der Sinnstiftung dienen. So können zum Beispiel die Auszubildenden eines Berliner Sanitärunternehmens während ihrer Ausbildung an einem sozialen Projekt teilnehmen, bei dem die sanitären Anlagen von Schulen, Kindergärten usw. auf Vordermann gebracht werden. Ein Angebot, das bei den Gen-Z-lern auf großen Zuspruch stößt, weil sie hierbei etwas Gutes tun – und zwar beim Ausüben ihres (künftigen) Berufs.
Tipp 11: In Projekten neue Arbeitsformen und sich selbst erproben.
Die Gen-Z-ler sind sie es gewohnt, gefragt zu werden und ihre Meinung kundzutun. Angenommen nun sie arbeiten in einem Betrieb, in dem noch das Credo „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ herrscht – also während der Ausbildung oder Probezeit solle man erst mal den Mund halten und machen, was einem gesagt wird. Dann verlieren sie schnell das Interesse an dem Job, denn sie wollen sich einbringen können und ernst genommen werden.
Deshalb schaffen immer mehr Unternehmen Räume, in denen der Nachwuchs sich erproben und verwirklichen kann. So gibt es inzwischen bei vielen Dienstleistungsunternehmen zum Beispiel Azubi-Filialen, die von den Auszubildenden selbst geführt werden. Andere setzen bewusst kleine, aber zukunftsweisende Projekte zum Beispiel im Bereich Digitalisierung und Kundenbetreuung auf, in denen der Nachwuchs sich entfalten kann. Schaffen auch Sie in Ihrer Organisation solche Selbst-Erfahrungsräume; dies zahlt auf das Attraktivitätskonto Ihres Unternehmens ein.
Tipp 12: Sich bewusst sein: Die Gen-Z-ler sind die Zukunft des Unternehmens.
Sich auf die Bedürfnisse der Generation Z einzustellen, mag im Betriebs- und Führungsalltag zuweilen lästig sein. Schließlich erfordert dies auch, für deren Veränderungsvorschläge offen zu sein und nicht selten zudem alte Strukturen und Routinen über Bord zu werfen. Hierzu sollten Sie bereit sein, denn: Diese jungen Frauen und Männer sind die Zukunft Ihres Unternehmens. Also sollte Sie danach streben, ein Arbeitsumfeld zu schaffen, mit dem diese sich identifizieren können.
„Gamer“ motivieren und stimulieren
Christian Klein, der CEO des Unternehmens SAP, sagte einmal: „Jeder der heute 18-Jährigen hat im Durchschnitt schon 10.000 Stunden Online-Spiele gezockt“. Das prägt!“
Dieser Aussage kann man nur zustimmen. Beim „Gamen“ brennt sich eine Erwartungshaltung in den Köpfen ein, die sich auch im realen Leben zeigt. Die Industrie und Wissenschaft nennen dies den Gamification-Effekt: Wettbewerb – Engagement – Belohnung.
Die Online-Spiele sind nahezu ausnahmslos wie folgt aufgebaut. Es gibt
- klare Ziele (Was gilt es zu erreichen?),
- zahlreiche Etappenziele (Levels) und
- jede Menge Aufgaben und Tools, um diese zu erreichen (Superkräfte, Werkzeuge).
Der Gamer tritt gegen den Computer an oder misst sich mit anderen Spielern und will in der Bestenliste möglichst weit nach oben klettern. Und auf dem Weg dorthin, wird er immer wieder
- gelobt („Schön, dass du wieder da bist.“ „Wow, du hast Ausdauer.“, „Du bist ein echter Meister“) und
- belohnt (mit Likes, Herzchen, Extra-Leben, Auszeichnungen).
Das schafft bzw. erhöht die Motivation und das Engagement.
In vielen Unternehmen fehlen all diese stimulierenden Elemente und weitgehend unbeantwortet bleiben für die so sozialisierten jungen Männer und Frauen, solche Fragen wie:
- Welche kurz-, mittel- und langfristigen Ziele kann bzw. soll ich mit meiner Arbeit erreichen?
- Warum sollte ich mich anstrengen?
- Mit wem kann ich mich bei meinem Tun messen?
- Welche Belohnung und Anerkennung erhalte ich, wenn ich gewisse Ziele erreiche?
Wundert es Sie da, dass nicht wenige Gen-Z-ler rasch das Interesse und die Lust an ihrem Job verlieren?
Buchtipp: „Generation Z – Ganz anders als gedacht: Wie sie tickt, wie sie handelt und wie wir ihr Potenzial erschließen“.
Über den Autor:
Felix Behm ist Keynote Speaker und Experte für die Themen Generation Z und zukunftsorientierte Mitarbeiterführung. Als ehemaliger Personaler in Führungspositionen weiß er, wovon er spricht. 2022 wurde er als Deutscher Meister im Public Speaking ausgezeichnet. Im Oktober 2023 erschien sein Buch „Generation Z – Ganz anders als gedacht: Wie sie tickt, wie sie handelt und wie wir ihr Potenzial erschließen“.