Schall wird meist bemerkt, wenn er stört. Sehr oft aber erzeugt eine richtige Akustik im Raum auch –meist unbewusst – ein angenehmes Klima. Der gestiegene Komfortbedarf in unserer Gesellschaft und gleichzeitig die ansteigende Lärmbelastung führen vermehrt dazu, dass sich Professionisten der verschiedensten Kategorien mit der Thematik Akustik beschäftigen. Einerseits ist dabei das Vermeiden von störendem Schall ein großes Thema, andererseits legt man vermehrt Wert darauf, Räume auch als akustisches Erlebnis wahr zu nehmen.
Der Mensch kann sich einem vorhandenen Geräusch auch nur schwer entziehen. Das menschliche Ohr ist ein sehr empfindliches Organ. Selbst Schalldrücke mit nur 0,0002 Pascal können noch wahrgenommen werden. Dies entspricht einem Gewichtsdruck einer Wassersäule mit einer Höhe von gerade einmal 0,02 µm (0,02 * 10-6 Meter). Darüber hinaus kann man das Ohr nicht abschalten, während man Augen schließen kann. Die Folge ist, dass man selbst im Schlaf durch Geräusche geweckt werden kann. Lärm geht durch Wände und um Hindernisse herum. Diese biologischen und physikalischen Gegebenheiten bewirken, dass der Umgang mit Schall sehr mannigfaltig und oft schwierig ist.
Beispiele
Eine falsche Akustik im Raum („die Raumakustik“) kann schon große Probleme und finanziellen Schaden verursachen. Ein Nobelheuriger in Niederösterreich hat zum Beispiel um viel Geld seine Lokalität umgebaut. Ein eigens dafür beauftragter Architekt sorgte für eine der Landschaft und dem Nutzen entsprechende Optik. Für die Eröffnung wurde alles was Rang und Namen hat eingeladen. Die Ernüchterung folgte schon während der großen Eröffnungsfeier. Es war das erste Mal, das sich viele Personen in den neuen Räumlichkeiten aufhielten. Der Lärmpegel war zu hoch, man konnte sich kaum miteinander verständigen. Der Start des neuen Gasthauses war denkbar schlecht.
In einem anderen Beispiel für schlechte Raumakustik musste sogar eine große Veranstaltung für Volksmusik abgebrochen werden. Sowohl die Musikanten als auch das Publikum fanden die Darbietungen aufgrund der schlechten Akustik als unzumutbar. Die Stimmung war entsprechend aufgeheizt. Statt einem schönen Abend gab es lediglich Ärger. Dass das Publikum das Eintrittsgeld zurückverlangte, war nur selbstverständlich. Der finanzielle Schaden war beträchtlich.
In einem dritten Beispiel will ich einen Klassiker erwähnen: in einem mehrstöckigen Gebäude befindet sich im Erdgeschoss ein Gewerbe, in diesem Fall ein Gasthaus und in den Obergeschoßen sind Wohnungen eingerichtet. Der Betreiber muss in so einem Fall beweisen, dass der vom Gastraum verursachte Lärmpegel in den Wohnungen keine übermäßigen Lärmimmissionen verursacht. Informiert sich der Betreiber nicht oder zu spät über mögliche Maßnahmen, kann ein späterer Umbau teuer werden.
Lösungen
Nun braucht man Fachwissen und auch Erfahrung um die oben genannten Probleme zu vermeiden oder bei eintreten der Probleme in den Griff zu bekommen.
Im ersten Fall beim Nobelheurigen ist der Gastraum zu hallig. Das bedeutet, er weist zu wenig Schallabsorption auf. Die Folge ist, dass bei vielen sprechenden Personen ein Dröhnen im Raum entsteht. Dies maskiert die Sprache und die sich unterhaltenen Personen heben ihre Stimme an, um besser gehört zu werden („Lombard – Effekt“). Dadurch kommt es zu unangenehm hohen Schallpegeln im Raum. Die Lösung dieses Problems war – wenn auch mit großen planerischem und finanziellem Aufwand – die Erhöhung der Schallabsorption der den Raum begrenzenden Flächen. Damit entsprach die Akustik auch der Optik des Raumes und einem angenehmen Abend beim Heurigen stand nichts mehr im Wege.
Der zweite Fall stellt sicher eine Königsdisziplin der Raumakustik dar. Im Gegensatz zum ersten Fall, bei dem man eigentlich nicht zu viel Schall absorbieren kann, muss man hier einen optimalen Bereich finden. Zu viel Absorption des Schalls ist genauso kontraproduktiv, wie zu wenig Schallabsorption. Der Schall soll nicht nur absorbiert, sondern auch gelenkt werden. Musikalische Veranstaltungen müssen anders behandelt werden, als Veranstaltungen bei denen nur gesprochen wird. Aus wirtschaftlichen Gründen werden für ein und demselben Veranstaltungsraum mehrere Nutzungen gewünscht. Hier muss man einen Kompromiss finden oder variable Akustikelemente verwenden. Die Vorgaben für die verschiedenen Nutzungen werden aus Normen, die den Stand der Technik entsprechen, entnommen.
Das Beispiel drei gehört mehr in den Bereich der Bauakustik, obwohl auch mit einer entsprechenden Raumakustik im Gastraum bereits viel bewirkt werden kann. Während die Raumakustik den Schall, der im Raum bleibt, untersucht, beschäftigt sich die Bauakustik mit dem Schall, der in andere Räume bzw. ins Freie geht. Hier ist das Wissen der gesetzlichen Vorschriften unabdingbar. Die Bewertung der akustischen Maßnahmen ist ein weiteres Gebiet. Im vorliegenden Fall wurden als Maßnahmen eine abgehängte Decken und Vorsatzschalen an Decke und Wand angebracht. Damit verbesserte sich die bewertete Standard – Schallpegeldifferenz DnT,w um ca. 10 dB.
Die interdisziplinäre Akustik
Die Raumakustik und auch die Bauakustik ist ein Bindeglied zwischen Architektur und den physikalischen Eigenschaften des Schalls. Kenntnisse der physikalischen Größen, wie der Frequenz, der Wellenlänge oder des Schalldruckpegels sind ebenso wichtig, wie die richtige Wahl des Materials für den untersuchten Raum oder die Anzahl der möglichen Sitzplätze im Publikumsbereich. Schallausbreitung und Laufzeitdifferenzen beim Schall sollten einem genauso geläufig sein, wie Bauverhandlungen und Bauaufsicht.
Die wesentliche Größe – neben vielen anderen wichtigen Größen – in der Raumakustik ist die Nachhallzeit. Sie kann nach Sabine oder Eyring berechnet werden, wobei man Sabine nimmt, wenn der Raum nicht allzu sehr bedämpft ist und Eyring bei gut bedämpften Räumen heranzieht.
Für die Messung der Nachhallzeit eines Raumes gibt es mehrere Vorschriften, je nach Anforderung. Die Nachhallzeit eines Raumes ist jene Zeit in der der Schalldruckpegel in einem angeregten Raum nach dem Abschalten der Schallquelle um 60 dB abfällt. Als Schallquelle dient meist ein durch einen Lautsprecher erzeugtes Rauschen (meist Rosarauschen) oder eine Signalpistole. Typische Werte für die Nachhallzeit sind bei Wohnräumen 0,5 Sekunden, Musikveranstaltungen ca. 2 Sekunden, Sprachveranstaltungen ca. 1 Sekunde und bei Kirchen manchmal über 4 Sekunden.
Voraussetzung für die Theorie der Nachhallzeit ist ein diffuses Schallfeld im Raum. Ein diffuses Schallfeld bedeutet, dass der Schall von allen Seiten gleichmäßig kommt. Dies ist nicht immer der Fall. Stehende Wellen, Flattechos oder Beugungserscheinungen können ein diffuses Schalfeld verhindern.
Durch die rasante Entwicklung der Computertechnik, setzen Planungsbüros vermehrt die Computersimulation zur Berechnung der Nachhallzeit und auch anderer wichtiger akustischen Kenngrößen, wie dem Deutlichkeitsmaß, dem Sprachübertragungsindex oder dem Klarheitsmaß, ein. Dabei wird, wie auch in der Architektur oft üblich, ein Computermodell des Raumes erstellt. Dies ermöglicht eine flexible Modellierung des Raumes und ein schnelles Reagieren auf planerische Veränderungen, wie sie in Projekten immer wieder vorkommen. Neben der Spiegelquellenmethode, werden Strahlungsverfolgungsalgorithmen und teilweise auch Finite-Elemente-Methoden verwendet. Es gibt mehrere Anbieter auf dem Gebiet der rechnerunterstützen Verfahren in der Raumakustik. CATT Acoustic und Odeon sind hier zwei sehr bekannte Vertreter dieser Zunft.
Die Akustik ist ein interdisziplinärer Bereich, der aufgrund der gestiegenen Anforderungen am Bau und der stetig steigenden Anzahl von Lärmquellen immer mehr in den Focus der Planer und des Alltags rückt. Für einen Planer stellt die Akustik ein weites und spannendes Aufgabengebiet dar, dessen Nachfrage im ständigen Wachsen begriffen ist.
Über den Autor:
DI Franz Huber, Akustikbüro Huber, Ingenieurkonsulent für Technische Physik,
Dozent im akademischen Lehrgang „Akustik & Design“ an der New Design University
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