Clemens Widhalm ist Technischer Physiker, und als Managing Partner von Dale Carnegie Austria auch Unternehmer und Spezialist für ganzheitliche Persönlichkeitsentwicklung im Geschäftsleben. Im Interview mit Weiterbildungsmarkt.at verrät der Autor des Buches „55 Trainerfallen“, wie diese Welten zusammenhängen und was Vernetzung von Mensch und Technik alles bedeuten kann.
Weiterbildungsmarkt.at: Wie lange sind Sie bereits in der Weiterbildung tätig? Wie sind Sie in den Bereich gekommen?
Clemens Widhalm: Bereits als Kind faszinierte mich die „Sendung mit der Maus“, aus heutiger Sicht gelungene kindgerechte Wissenschaftspädagogik. Schließlich wurde ich dann ja Technischer Physiker. Im Zuge meiner Dissertation leitete ich mein erstes EU-Forschungsprojekt mit der Natursteinindustrie und kam so mehr und mehr mit der Wirtschaft und dem Management in Berührung. Mir wurde rasch bewusst, dass für den Projekterfolg die fachliche Komponente nicht ausreicht. Die emotionale Seite entwickelte ich dann aus Anlass meines Zivildienstes in der Betreuung schwerst- und mehrfach behinderter Menschen in einem Wohnheim der Caritas der Erzdiözese. Da viele dieser körperlich erwachsenen Klienten geistig bei unter einem Jahr stehengeblieben waren, musste ich den intellektuellen Kommunikationskanal durch den emotionalen ersetzen. Eine extrem bereichernde Erfahrung – auch weil diese Menschen unmittelbar und ehrlich in ihrem Feedback sind.
Mein längstes Angestelltenverhältnis hatte ich dann im Forschungszentrum Seibersdorf (später Austrian Research Center, heute AIT), im Technologiemanagement des Bereichs Systemforschung Technik Wirtschaft Umwelt. Dort entwickelten wir Wissensmanagement-Software, mit der wir in der Lage waren, große Mengen an Text-Dokumenten (z.B. aus Publikations- oder Patentdatenbanken) automatisiert inhaltlich zu analysieren und die Kerninhalte sowie deren errechneten Zusammenhänge auch zu visualisieren. Aus der Zeit gibt es heute noch ein aufrechtes Patent, bei dem ich als Erfinder bei einer neuen Form der Textanalyse mitwirken durfte. Die Big Data Analysis setzten wir für konkrete strategische Beratungsprojekte für Technologieunternehmen und auch für die Technologiepolitik ein. Auch hier faszinierte mich die Kombination von theoretisch komplexen Sachverhalten mit der ganz realen Praxis und deren Interessensvertretern.
Nach Absolvierung der Akademie für Unternehmensberatung (heute INCITE) zog es mich in das eigene Unternehmertum. Ich kombinierte meine Erfahrungen und moderierte IT-Projekte, bahnte EU-Projekte für andere Organisationen an und beschäftigte mich mit Wissenschaftspädagogik sowie e-Learning. Technisch unterstützt von bit media koordinierte ich mit dem leider schon verstorbenen nuklearen Astrophysiker Heinz Oberhummer als wissenschaftlichen Leiter (später ein Science Buster) den Aufbau eines interaktiven Lernsystems zu Kernphysik in 8 verschiedenen Sprachen. Dann unterstützte ich das Projekt „Cinema and Science“, bei dem Videoclips aus der Kinowelt eingesetzt wurden, um wissenschaftliche Konzepte auf unterhaltsame Weise zu erklären oder einfach zu diskutieren. Vielleicht hat mich da wieder die Sendung mit der Maus eingeholt …
Nicht missen möchte ich auch meine Zeit bei einem Patentanwalt, wo ich lernte, jene Texte zu schreiben die ich vorher selbst kaum verstanden habe. Ähnlich wie bei der Antragstellung europäischer Forschungsprojekte ging es hier um den strategischen Einsatz von Sprache, um von einer doch eher komplexen Idee wirkungsvoll zu überzeugen. So sehe ich einen wesentlichen Teil von intellectual property managemet.
Weiterbildungsmarkt.at: Was sind Ihre Kernthemen und was vermitteln Sie in Ihren Trainings und Vorträgen?
Clemens Widhalm: Bei Dale Carnegie Training geht es immer Persönlichkeit im Business. Persönlichkeit wiederum steht vor allem auf diesen zwei Säulen: Einstellung und Verhalten. Verhalten kann dauerhaft nur gemeinsam mit der Einstellung weiterentwickelt werden. Nur so bleiben Menschen authentisch. Die Kursteilnehmer verändern mit uns ihre Sichtweisen und ihre Selbstwahrnehmung. Sie entdecken mit uns ihre Besonderheiten und finden Wege, diese nutzbar zu machen.
Der Schwerpunkt bei Dale Carnegie liegt in der Methodik, wie wir Menschen im Geschäftsleben dabei unterstützen, Persönlichkeit ganzheitlich weiterzuentwickeln. Wir setzen hier auf erfahrungsorientiertes Lernen, wobei wir mit Adaptive Coaching und Real-Time-Coaching hochfrequent für Erfolgserlebnisse sorgen. Das Business-Ziel dabei ist meist eine bessere Performance. Der Kontext hierbei ist meist Leadership, Sales oder Zusammenarbeitskultur. Unser Job ist es, Menschen im Beruf dabei zu unterstützen, neue nützliche Verhaltensweisen zu nützlichen Gewohnheiten werden zu lassen. Wir wissen, dass Wachstum nicht bequem ist, weil es Mut erfordert, zu sich selbst zu stehen. Deswegen erzeugen wir eine Atmosphäre, in der Menschen leichter Risikofreude entwickeln und ihre Komfortzone verlassen.
Inhaltlich stützen wir uns einerseits auf bewährte und zeitlose Erkenntnisse, wie sie Dale Carnegie schon vor Jahrzehnten in seinem Klassiker „How to Win Friends and Influence People“ beschrieben hat. Diese Prinzipien zum wertschätzenden und wirksamen Umgang mit anderen Menschen bringen wir in den aktuellen Kontext von Menschen und Organisationen aus verschiedenen Kulturen und Branchen. Und mit unseren Schwesterorganisationen in über 90 Ländern und Trainern in über 30 Sprachen ist das tatsächlich gut abbildbar.
Die letzten Jahre haben wir für unsere internationalen Kunden die virtuellen Lernplattformen weiterentwickelt. Von einfachen Leadership-APPs gingen wir zu live-online-programs über, bei denen ein hoher Anteil der interaktiven Trainingserfahrung im Seminarraum in die digitale Welt übertrage wird. Die Curricula umfassen Leadership Development, Presentation Effectiveness, Sales Effectiveness, Customer Service und Personal Effectiveness. Jeweils aufbereitet als erfahrungsorientiertes e-Learning mit Live-Moderation.
Weiterbildungsmarkt.at: Was war in der letzten Zeit das Highlight in Ihren Projekten?
Clemens Widhalm: Persönlich freue ich mich besonders darüber, das Persönlichkeitsentwicklungsprogramm „Generation.Next“ bereits 2005 nach Österreich geholt zu haben. Vorerst durchgeführt für Schüler, haben wir dann den Schwerpunkt auf Lehrlingsakademien gelegt, beispielsweise für Siemens, Bundy&Bundy oder die Allianz Elementar Versicherungs-AG.
Zu den besonders erfolgreichen nationalen bis globalen Leadership- und Sales-Academies zählen die mit RHI AG, Erber AG, Bona®, Rubner Holding, Mayr-Melnhof Karton, Telekom Austria Group, NXP Semiconductors, Internorm, Walter Tools, REWE International oder Silhouette International.
Besonders inspirierend ist unsere Arbeit für TEDx Vienna, wo wir die letzten Jahre die Speaker aus aller Welt auf ihre Auftritte im Volkstheater vorbereiten durften, damit sie ihr individuelles Charisma noch besser entfalten können.
Weiterbildungsmarkt.at: Wo sehen Sie in Ihrem Thema noch Herausforderungen für die Zukunft, die es zu meistern gilt?
Clemens Widhalm: Das Zeitalter der Digitalisierung fordert insbesondere Führungskräfte ganz enorm (siehe auch „Digitalisierung verlangt neue Führung“). Neben hoher Resilienz erfordert es die Fähigkeit, Menschen mit ihren Bedürfnissen wahrzunehmen, ehrliches Interesse an der Person zu entwickeln und so deren volles Engagement zu gewinnen. Unter dem Druck und mit dem Tempo der Digitalisierung erfordert das eine starke geerdete Persönlichkeit mit ausgebildeter Herzqualität.
Auf allen Ebenen geht es um die Stärkung von Verantwortungsbewusstsein und Initiative. Das erfordert vor allem gesundes Selbstvertrauen und Mut zu Veränderung. In diesem Zusammenhang glaube ich auch an das Gute in unserer jungen Generation. Daher unterstütze ich gerne als Mentor, Pate oder Beirat Organisationen wie das Young Leaders Forum YLF des WdF, die Jungunternehmer im ÖGV, den Rotaract Club Wien-Stadtpark oder die studentische Unternehmensberatung uniforce. Es ermutigt mich selbst immer wieder, wie junge Menschen besonderes Engagement zeigen, um sinnvolle Initiativen vorwärts zu bringen.
Bei all diesen Entwicklungen ist es wesentlich, dass Menschen auch auf ihre eigenen Ressourcen achten und in Balance bleiben. Da auch ich selbst diese Balance zeitweise selbst verloren habe, weiß ich, dass ein gesunder Egoismus notwendig ist, um auch langfristig Energie für andere verfügbar zu haben. Die Unternehmer der Zukunft benötigen hier besondere Achtsamkeit.
Weiterbildungsmarkt.at: Wo geht es für Sie noch hin? Was wollen Sie in Ihrer Tätigkeit im Training noch erreichen?
Clemens Widhalm: Mir geht es darum, am Puls zu bleiben. Deswegen wirkte ich z.B. auch gerne als Evaluator für die Europäische Kommission für die Vergabe von Marie Curie Stipendien für herausragende Forscherinnen und Forscher. Immer noch ein Hot Topic ist der Beziehungsverkauf 2.0, der von Menschen in B2B-Sales mehr Führungsqualitäten abverlangt. Aktuell faszinieren mich besonders die Zusammenhänge von Persönlichkeit mit Entrepreneurship, von Führung mit Mitarbeiter-Engagement, oder von Führungskultur mit Innovation (Intrapreneurship). Immer macht es mir Freude: Erstens, Zusammenhängen selbst auf den Grund zu gehen und in klarer Sprache als Speaker oder Texter auszudrücken, sowie zweitens, die richtigen Personen zu den richtigen Initiativen zu vernetzen. Das ist mein Weg, ein klein wenig zu positiven Veränderungen beizutragen.
Weiterbildungsmarkt.at: Vielen Dank für das Interview!
Clemens Widhalm
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