Wer überblickt heute noch die sich schnell ändernden und wachsenden Bildungs- und Berufsmöglichkeiten? Gut ausgebildeten Bildungs- und BerufsberaterInnen eröffnet sich ein spannendes und forderndes Arbeitsfeld, und sie werden gesucht.
Bildungs- und Berufsberatung wird immer wichtiger
Die Berufswelt ist von wachsender Dynamik geprägt. Spezialisierungen nehmen zu, neue Berufe entstehen. Traditionelle Berufe verlieren an Bedeutung. Alle Berufe stellen neue Anforderungen, vor allem durch die Digitalisierung der Prozesse, durch die Entwicklung neuer Produkte und durch das Entstehen neuer Dienstleistungen.
Das Berufslexikon des AMS beschreibt 1800 Berufe, der Studienführer für Österreich weist, unter Einbeziehung aller Universitäten und Fachhochschulen, über 2000 Studiengänge aus. Zudem gibt es vermehrt alternative Bildungswege, um zu einem beruflichen Abschluss zu kommen. Wer hat da noch den Überblick?
Bildungs- und BerufsberaterInnen sollen in dieser Situation Durchblick verschaffen. Sie sind nicht nur SpezialistInnen für Bildungswege und Berufsfelder, sondern auch für effektive Suchstrategien und klientenzentrierte Beratung. Mit Einfühlungsvermögen geben sie den Ratsuchenden durch Gespräche die Möglichkeit, ihr persönliches Potenzial und ihre Zukunftsvisionen hinsichtlich Bildung und Beruf zu präzisieren. Damit unterstützen sie individuelle Entscheidungen zur Bildungs- und Berufswahl.
Vieles deutet darauf hin, dass in Österreich ein großer Bedarf für professionelle Bildungs- und Berufsberatung gegeben ist. Zu häufig wirkt nur der nähere Umkreis, also Familie und Freunde, auf Bildungs- und Berufsentscheidungen ein. Die Statistik Austria kommt in ihrem Bericht „Bildung in Zahlen 2013/14“ (2015, S. 36) zu dem Schluss: „Die Schulbildung der Eltern und ihre Stellung im Beruf wirken sich erheblich auf die Bildungslaufbahn aus.“ Professionelle Bildungs- und BerufsberaterInnen haben dagegen eine „Außensicht“ und einen wesentlich größeren Überblick über Bildungswege, Berufsfelder sowie über Berufschancen am Arbeitsmarkt.
Gefragt ist Professionalität: Welche Kompetenzen sind nötig?
Es überrascht, dass es in Österreich keine verbindlichen Vorschriften zur Ausbildung von Bildungs- und BerufsberaterInnen gibt. Der Beruf hat sich aus dem Bedarf entwickelt. Durch Selbstlernprozesse und Reflexion von Erfahrungswissen wurden notwendige Kompetenzen aufgebaut.
Inzwischen hat sich ein breites und professionelles Tätigkeitsfeld für Bildungs- und Berufsberatung herausgebildet. Bildungs- und BerufsberaterInnen arbeiten z.B. in Schulen und sind hier speziell ausgebildete LehrerInnen, die für Information, Orientierungshilfe, Entscheidungsvorbereitung sowie individuelle Beratung zur Verfügung stehen. Auch das Arbeitsmarktservice, Arbeiterkammer und Wirtschaftskammer sowie Einrichtungen der Erwachsenenbildung bieten Bildungs- und Berufsberatung an und zunehmend immer mehr selbstständige, spezialisierte BeraterInnen. Die Qualifizierung der in diesen Bereichen tätigen BeraterInnen erfolgt autodidaktisch, durch interne Weiterbildungen der Organisationen, für die sie arbeiten, und durch Kursangebote von Weiterbildungseinrichtungen. Es handelt sich also um non-formale oder informelle Bildungsangebote. Nur im Schulbereich hat sich eine formale Ausbildung für BeratungslehrerInnen herausgebildet.
Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass ein großer Bedarf an Bildungs- und Berufsberatung gegeben ist, dass das Berufsfeld wächst und immer wichtiger wird.
Es gibt europäische Kompetenzmodelle und Standards für Bildungs- und BerufsberaterInnen
Bildungs- und BerufsberaterInnen tragen hohe Verantwortung. Deswegen wurden auf europäischer Ebene, in Projekten, die die Europäische Kommission gefördert hat, Kompetenzmodelle und –standards für Bildungs- und BerufsberaterInnen erarbeitet.
Eines dieser Modelle ist MEVOC. Ziel des Projekts war es ein praxisorientiertes, interaktives Onlineinstrument zu entwickeln, mit dem hochqualitative Beratung identifiziert und gefördert werden kann. Mit diesem Instrument können Bildungs- und BerufsberaterInnen ihre eigenen Beratungsleistungen evaluieren, Defizite identifizieren und angeleitet werden, wie fehlende Kompetenzen erworben werden können. MEVOC definiert die Anforderungen für Bildungs- und BerusberaterInnen in Bezug auf Wissen, Fertigkeiten und Kompetenzen, und zwar in den Feldern: Aus- und Weiterbildung, Arbeitsdynamik und Berufswelt, Kommunikation mit KlientInnen, Coaching, Assessment, Jobsuche und Stellenvermittlung, Ethik und BeraterInnenprofil.
Aufbauend auf den Kompetenzstandards von MEVOC wurde in einem zweiten EU-geförderten Projekt, unter der Bezeichnung ECGC das Europäische Zertifikat für Bildungs- und BerufsberaterInnen entwickelt. Damit können sowohl non-formal als auch informell erworbene Kenntnisse, Fertigkeiten und Kompetenzen von Bildungs- und BerufsberaterInnen zertifiziert werden. Diese Zertifizierung kann integrativer Bestandteil von Ausbildungs- und Trainingsangeboten für Bildungs- und BerufsberaterInnen sein.
Dieses Projekt wurde vom Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft koordiniert, die Donau-Universität Krems war Partner in diesem Projekt. Das ECGC-Zertifikat wurde zum Bestandteil des Postgradualen Universitäts-Lehrgangs „Bildungs- und Berufsberatung“, den die Donau-Universität Krems seit 2011 anbietet.
Der Universitäts-Lehrgang „Bildungs- und Berufsberatung“ der Donau-Universität Krems
Die Donau-Universität Krems hat die Standards von MEVOC und ECGC aufgegriffen und einen Lehrgang mit akademischem Abschluss geschaffen. Eine akademische Ausbildung entspricht der hohen Verantwortung von Bildungs- und BerufsberaterInnen.
Zielgruppen sind jene Personen, die bereits Erfahrungen in der Bildungs- und Berufsberatung oder in einem verwandten Feld (z.B. Coaching) nachweisen können.
Die Studierenden haben die Möglichkeit zwischen zwei Niveaustufen zu wählen: Akademischer Experte/Akademische Expertin und Master of Arts.
Die folgende Grafik zeigt den Aufbau des Studienprogramms:
45 Credits (ECTS) werden durch Prüfverfahren noch vor Beginn des Präsenzstudiums erreicht. Das Prüfverfahren besteht aus Online-Test (15 ECTS) und Assessment Center (30 ECTS, 1-tätig).
Im Rahmen von Präsenzmodulen und schriftlichen, praxisbezogenen und wissenschaftlich fundierten Arbeiten werden berufsfeldbezogene Inhalte weiter reflektiert und wissenschaftliche aufgearbeitet.
(Für weitere Informationen)
Welche Alleinstellungsmerkmale hat das von der Donau-Universität Krems angebotene Studienprogramm und welche persönlichen „Benefits“ bringt es den Studierenden?
- Er ermöglicht als einziges Angebot in Österreich einen akademischen Studienabschluss für Bildungs- und Berufsberatung.
- Durch die Integration des ECGC-Zertifikats in das Studium verkürzt sich die Studiendauer um ein Semester. Damit werden bereits non-formal oder informell erworbene Kompetenzen bei positiver Absolvierung von Online-Test und Assessment-Center anerkannt.
- In zwei akademischen Arbeiten –Thema nach eigener Wahl! – setzen sich die Studierenden in die Tiefe gehend mit ihrem Berufsfeld und ihren Berufsaufgaben auseinander. Dabei tragen sie neue Ideen und innovative Ansätze in ihr Arbeitsfeld hinein.
- Die persönlichen Erfolgserlebnisse der Teilnehmenden während des Studiums erhöhten ihr Selbstbewusstsein, sie geben größere professionelle Sicherheit und steigern die Motivation.
- Durch die Präsenzmodule erfolgt ein Wissens-, Gedanken- und Erfahrungsaustausch unter den Studierenden, die in der Regel aus den verschiedensten Arbeitsfeldern der Bildungs- und Berufsberatung kommen.
- Die Karrierechancen der Teilnehmenden, auch in Führungspositionen, erhöhen sich.
- Der Universitäts-Lehrgang „Bildungs- und Berufsberatung“ an der Donau-Universität Krems ist Mitglied eines Europäischen Netzwerks von Universitäten, die eine Ausbildung zum/zur Bildungs- und BerufsberaterIn auf akademischem Niveau anbieten. Dadurch entstehen viele internationale Kooperationschancen.
Über die Autorin:
Univ.-Prof.in Dr.in Monika Petermandl hat die wissenschaftliche Programmverantwortung über den Universitäts-Lehrgangs „Bildungs- und Berufsberatung“ an der Donau-Universität Krems.
Weitere Informationen über die Donau-Universität Krems