Die Renaissance zählt zu den wichtigsten Abschnitten der menschlichen Geschichte. Wahrnehmungen und Weltansichten veränderten sich – und damit der Glaube des Menschen an die eigene Freiheit und Wirksamkeit. Es war eine Zeit der kulturellen, künstlerischen und intellektuellen Erneuerung. Technische Erfindungen prägten den Wandel; eine allgemeine Aufbruchstimmung war zu spüren – ähnlich wie wir es jetzt erleben. Zwischen Digitalisierung und Agilität versucht der Mensch Schritt zu halten mit den rasanten technologischen Entwicklungen, sozialen Ereignissen und wirtschaftlichen Umbrüchen. Dies kann nur gelingen, wenn Organisationen es schaffen, das Lernen der Mitarbeitenden zu revitalisieren und den Wissensaufbau zu transformieren.
Wie damals gewinnen auch heute Inspiration und Innovation immer mehr an Bedeutung. Um sich den Herausforderungen der sich wandelnden Märkte und der globalen Wirtschaft zu stellen, streben Unternehmen nach kontinuierlicher Verbesserung. Dies gilt nicht nur für Produkte und Dienstleistungen, Prozesse und Abläufe, sondern einmal mehr für jeden Mitarbeitenden. Um den Bedürfnissen der schnelllebigen Geschäftswelt gerecht zu werden, bedarf es eines dynamischeren, relevanteren und wirkungsvolleren Ansatzes für die persönliche Entwicklung – vor allem was über den fachlichen Bereich hinaus spezielle Fähigkeiten, Tools und Methoden anbelangt. Tatsache ist: Unternehmen, die einen zukunftsorientierten und ganzheitlichen Ansatz für ihre L&D-Strategie und die Durchführung von Entwicklungsprogrammen anwenden, erleben eine moderne Renaissance.
Die Projektifizierung der deutschen Wirtschaft
In einer Wirtschaft, die durch intensiven globalen Wettbewerb und technologische Fortschritte geprägt ist, war die strategische Bedeutung des Projektmanagements nie höher. Entscheidende und Führungskräfte müssen den Bedarf an qualifizierten Projektmanagerinnen/-managern zunächst einmal erkennen, um ins Handeln zu kommen und letztendlich wettbewerbsfähig zu bleiben. Wichtiges Bindeglied dabei ist die HR-Abteilung. Doch sind die verantwortlichen L&D-Manager/innen – verständlicherweise – gefangen im Fachkräftemangel, bleibt oft wenig Verständnis und Engagement für eine wirklich individuelle und strategische Personalentwicklung. Dies trifft vor allem junge Mitarbeitende mit ihren speziellen Wünschen und Vorstellungen hinsichtlich der Arbeitswelt, die so ganz anders aussieht als die der älteren Generation von Führungskräften und Personalverantwortlichen. In diesem Zusammenhang stellen sich zwei Fragen: Wie schafft man im Unternehmen ein Bewusstsein für die zunehmende Notwendigkeit qualifizierter Projektmanagement-Professionals? Und: Welche überzeugenden Gründe gibt es, dass Unternehmen diese Entwicklung endlich priorisieren? Eine Antwort lautet: Deutschland, die größte Volkswirtschaft Europas, erlebt einen bedeutenden Wandel hin zu projektbasiertem Arbeiten. Dieser Wandel, oft als „Projektifizierung“ der Wirtschaft bezeichnet, wird durch drei Schlüsselfaktoren vorangetrieben:
- Globaler Wettbewerb und Marktdynamik: Von digitalen Transformationsinitiativen über die Entwicklung neuer Produkte bis hin zur internationalen Expansion verlassen sich Organisationen zunehmend auf Projekte, um Wachstum zu fördern und sich an veränderte Marktbedingungen anzupassen.
- Technologische Fortschritte: Die Integration fortschrittlicher Technologien wie KI, Datenanalyse und Automatisierung erfordert spezialisierte Projektmanagementfähigkeiten. Die Leitung dieser Projekte umfasst die Bewältigung von Komplexitäten und die Sicherstellung, dass technologiegetriebene Investitionen greifbaren geschäftlichen Nutzen bringen.
- Erhöhte Fokussierung auf Innovation: Um der Konkurrenz voraus zu bleiben, investieren Unternehmen in Forschungs- und Entwicklung (F&E). Diese Innovationsprojekte erfordern kompetente Projektmanagerinnen/-manager, die funktionsübergreifende Teams effektiv führen und Ressourcen verwalten können, um neue Produkte und Dienstleistungen schnell auf den Markt zu bringen.
Für Unternehmen ist die Professionalisierung des Projektmanagements also nicht nur eine Frage der Effizienzsteigerung, sondern ein strategisches Gebot. Hier sind vier Gründe, warum die Investition in qualifizierte Projektmanagerinnen/-manager unerlässlich ist:
- Verbesserte Projektergebnisse: Erfahrene Projektmanagerinnen/-manager sind in der Lage, die Komplexitäten moderner Projekte zu bewältigen. Ihre Expertise in Planung und Durchführung trägt zu höheren Erfolgsquoten, termingerechter Lieferung und Einhaltung von Budgets bei.
- Optimierte Ressourcennutzung: Effektives Projektmanagement sorgt dafür, dass Ressourcen effizient zugewiesen und genutzt werden. Dies führt zu Kosteneinsparungen und maximiert den Return on Investment für Projekte.
- Ausrichtung an strategischen Zielen: Professionelle Projektmanagerinnen/-manager sorgen dafür, dass Projekte im Einklang mit den strategischen Zielen der Organisation stehen. Diese Ausrichtung hilft dabei, Geschäftszielen gerecht zu werden und greifbaren Mehrwert für die Stakeholder zu schaffen.
- Risikominderung: Mit der zunehmenden Komplexität von Projekten ist auch das Risiko von Herausforderungen gewachsen. Qualifizierte Projektmanagerinnen/-manager sind darauf spezialisiert, Risiken zu identifizieren und zu mindern, wodurch die Wahrscheinlichkeit von Projektfehlern und damit verbundenen Kosten reduziert wird.
Die wachsende „Projektifizierung“ der Wirtschaft hat ohne Zweifel weitreichende Auswirkungen auf Unternehmen. In Verbindung mit dem Fachkräftemangel besteht ein dringender Bedarf, die Fähigkeiten der Mitarbeitenden kontinuierlich auszubauen. Technische Kompetenzen alleine reichen nicht aus, es braucht vor allem Fähigkeiten hinsichtlich Projektmanagement sowie Soft Skills, um den anstehenden Aufgaben gerecht zu werden und eine erfolgreiche Umsetzung im Team zu ermöglichen.
Gekommen, um zu bleiben: digitale Transformation und Change-Management
Die letzten Jahre haben es gezeigt: Digitale Transformation ist die neue Norm und zugleich ein fortlaufender Prozess. Weil sich die Technologie kontinuierlich weiterentwickelt, bringt sie auch kontinuierlich Innovationen hervor. Das macht unsere Zeit ebenso spannend wie anstrengend – weil wir uns ständig auf etwas Neues einstellen müssen. Kaum haben wir Abläufe im Griff, stellt sich uns schon eine neue Aufgabe. Bleiben wir hinsichtlich unserer digitalen wie methodischen Fähigkeiten nicht auf dem Laufenden, erschweren uns die Wissens- und Erfahrungslücken sowohl die Freude am Tun (individuell und im Team) als auch die Aussicht auf Erfolg. Abhilfe schaffen hier flexible L&D-Programme, die On-Demand-Lernen ermöglichen. Unternehmen können den Fokus auf die Entwicklung digitaler Fähigkeiten legen; Mitarbeitende profitieren von einer erhöhten Flexibilität und Freiheit im Lern-Prozess.
Wie wichtig das ist, beweist ein Bericht von LinkedIn Learning, nach dem für Jobs in den letzten zehn Jahren etwa 25 Prozent andere/neue Fähigkeiten gefragt waren. Es wird erwartet, dass sich diese Fähigkeiten in den nächsten drei Jahren sogar um bis zu 50 Prozent verändern. Daher ist eine robuste Lern- und Entwicklungsstrategie unerlässlich, damit Unternehmen sicherstellen können, dass ihre Mitarbeitenden über die richtigen Fähigkeiten verfügen und den Wandel bewältigen können. Der Workplace Learning Report 2024 von LinkedIn[1] zeigt, dass 89 Prozent L&D-Experten glauben, dass sie aktiv Arbeitsplatzfähigkeiten aufbauen müssen, um sich auf die zukünftige Arbeitswelt vorzubereiten, was bedeutet, dass eine erfolgreiche L&D-Strategie unerlässlich ist. Soll deren Entwicklung allerdings sowohl den Lernenden als auch der Organisation zugutekommen, erfordert dies einen differenzierten Ansatz. Nachfolgend sieben Schlüsselstrategien, um die Wirkung von L&D-Initiativen zu maximieren und sicherzustellen, dass Unternehmen die vollen Vorteile jeglicher Schulungsbemühungen ernten, also im Idealfall die Rendite der L&D-Investition steigern:
- Abstimmung von L&D mit den Unternehmenszielen
Der erste Schritt zur Maximierung der Effektivität einer L&D-Strategie besteht darin, sie eng mit den allgemeinen Geschäftszielen abzustimmen. Diese Ausrichtung gewährleistet, dass jede Schulungsinitiative direkt dazu beiträgt, breitere organisatorische Meilensteine zu erreichen, sei es die Verbesserung der Kundenzufriedenheit, die Steigerung der operativen Effizienz oder die Förderung von Innovationen.
- Durchführung einer Kompetenzanalyse, um Wissenslücken zu identifizieren
Eine Kompetenzanalyse hilft dabei, die spezifischen Fähigkeits- und Wissenslücken innerhalb der Belegschaft zu identifizieren. Dies beinhaltet die Bewertung der aktuellen Kompetenzen der Mitarbeitenden, das Verständnis der Anforderungen ihrer Rollen und die Vorhersage zukünftiger Branchentrends, die sich auf das Unternehmen auswirken können. Durch die Anpassung der L&D-Strategie an diese identifizierten Bedürfnisse gewährleistet eine Organisation die Relevanz und den Wert ihrer Schulungsprogramme.
- Verwendung von Technologie
Die Technologie hat das Bild von L&D verändert und das Lernen zugänglicher, ansprechender und flexibler gemacht. Online-Schulungen ermöglichen es den Lernenden, jederzeit und überall auf Kursmaterial zuzugreifen, was den unterschiedlichen Lernstilen und Zeitplänen gerecht wird. Die Integration dieser Technologien in die L&D-Strategie kann die Teilnahme- und Abschlussraten dramatisch erhöhen.
- Nutzen von Daten
Die Integration von Datenanalytik in die L&D-Strategie kann Einblicke in das Lernverhalten, den Fortschritt und die Ergebnisse der Lernenden liefern. Diese Erkenntnisse ermöglichen eine kontinuierliche Verbesserung der Schulungsprogramme, um sicherzustellen, dass sie effektiv sind und den Bedürfnissen der Lernenden und der Organisation gerecht werden. Datenanalytik kann auch dazu beitragen, das Lernerlebnis zu personalisieren und dessen Wirksamkeit zu steigern.
- Etablieren einer Kultur, die kontinuierliches Lernen wertschätzt
Die Befähigung der Mitarbeitenden, ihre eigene Lernreise in die Hand zu nehmen, ist entscheidend für die Förderung einer Kultur kontinuierlicher Verbesserung. Unternehmen müssen vermehrt Ressourcen und Tools bereitstellen, die selbstgesteuertes Lernen unterstützen. Es kann auch hilfreich sein, Initiativen der Mitarbeitenden zur Weiterentwicklung ihrer Fähigkeiten anzuerkennen und zu belohnen.
- Förderung des Wissensaustausches
Unternehmen sollten Möglichkeiten für Mitarbeitende schaffen, ihre Erkenntnisse und Erfahrungen mit ihren Kollegen durch Mentoring-Programme, Workshops und Diskussionsforen zu teilen. Dies festigt das Wissen und fördert eine kooperative und unterstützende Lernumgebung innerhalb der Organisation.
- Erfassen von Auswirkungen und Ergebnissen
Um den Erfolg einer L&D-Strategie zu bestimmen, ist es entscheidend, ihre Auswirkungen sowohl auf die Leistung der Lernenden als auch auf die Geschäftsergebnisse zu messen. Ideal dafür ist eine Kombination aus quantitativen (z. B. Abschlussraten von Kursen, Testergebnisse) und qualitativen (z. B. Rückmeldungen der Lernenden, Verhaltensänderungen) Kennzahlen, um die Wirksamkeit von Schulungsprogrammen zu bewerten. Das Verständnis für die Rendite der Investition kann dazu beitragen, eine L&D-Strategie weiter zu verfeinern und für zukünftigen Erfolg zu verbessern.
Fazit: Lebenslanges Lernen ist für unerlässlich – für Organisationen ebenso wie für jeden Einzelnen. Zu exponentiell entwickeln sich die Technologien weiter. Zu dynamisch gestaltet sich das agile Business. Beides verlangt vor allem hinsichtlich Führung im Team/Projekt sowie der Kommunikation zwischen den Generationen u.a. immer wieder nach Training und Übungsmöglichkeiten. Mitarbeitende fordern Freiheit statt Anordnung. Da ist es nur legitim, dass bei der persönlichen Entwicklung aktive Mitarbeit angeboten wird und freiwilliges Engagement gefragt ist. Mitarbeitende suchen nach Sinnhaftigkeit. Individuelle Förderung kann diesen Purpose geben. Die Entwicklung des Einzelnen ist eng mit der Entwicklung des Unternehmens verbunden – das zeigt sich vor allem im Bereich Corporate L&D. Bleibt zu hoffen, dass Organisationen die Chance dieser modernen Renaissance erkennen. Dann steht der „Wiedergeburt“ unserer innovativen deutschen Wirtschaft nichts mehr im Wege.
[1] https://learning.linkedin.com/resources/workplace-learning-report
Über die Autorin:
Sidra Sammi ist seit 2022 bei der ILX Group für die Geschäftsentwicklung DACH verantwortlich. Ihre Stärke liegt im Identifizieren spezifischer Herausforderungen in Organisationen und der Präsentation maßgeschneiderter Lösungen für Unternehmen, die Best-Practice-Methoden wie PRINCE2, ITIL und PRINCE2 Agile nutzen.