Wie kann ich die Beziehung zu meinen Mitarbeitern verbessern? Das sollten sich Führungskräfte in Zeiten eines akuten Fachkräftemangels regelmäßig fragen, denn: Von der Qualität ihrer Führung hängt es weitgehend ab, wie sehr sich ihre Mitarbeiter mit ihrem Arbeitgeber und ihren Aufgaben identifizieren.
Die Ergebnisse der aktuellen Gallup-Studie sind erschreckend:
- Fast ein Fünftel aller Beschäftigten der Unternehmen fühlt sich emotional nicht mit seinem Arbeitgeber verbunden. Und:
- Fast die Hälfte (45 Prozent) von ihnen ist entweder aktiv auf der Suche nach einem neuen Arbeitsplatz oder offen für neue Herausforderungen.
Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist jedoch auch: Über zwei Drittel (69 Prozent) der Arbeitnehmer, die mit ihrer Führung zufrieden sind, verspüren eine starke emotionale Bindung an ihr Unternehmen und suchen keinen neuen Job.
Das zeigt: Eine aus Sicht der Mitarbeiter „gute Führung“ wirkt sich unmittelbar auf deren Identifikation mit ihrem Arbeitgeber und ihren Aufgaben aus. Also sollten sich Führungskräfte gerade in Zeiten eines akuten Fachkräftemangels fragen: Wie kann ich eine tragfähige emotionale Beziehung zu meinen Mitarbeitern aufbauen und aufrechterhalten? Hierzu neun Impulse aus unserer Praxis als Führungskräfte- und Organisationsentwickler.
- Die Fähigkeit, sich in andere Personen hineinzuversetzen, ist das Fundament für den Aufbau einer tragfähigen Mitarbeiterbeziehung. Diese setzt wiederum ein echtes Interesse am Gegenüber voraus. Dieses zeigt sich auch darin, wieviel Zeit sich eine Führungskraft für ihre Mitarbeiter nimmt und wie bemüht sie ist, diese zu verstehen. Fragen Sie sich also: Nehme ich mir ausreichend Zeit für das Gespräch mit meinen Mitarbeitern – auch in stressigen Zeiten?
- Individuelle Wertschätzung. Seine Mitarbeiter kennen, bedeutet auch, zu wissen, was sie bewegt. Welche Fragen/Herausforderungen beschäftigen sie beruflich und privat? Ist gerade das erste Kind im Anflug oder steht die Pflege der Eltern im Fokus? Wohin wollen sie sich entwickeln? Fragen Sie sich als Führungskraft: Wie gut kenne ich meine Leute wirklich? Wie sehr nehme ich sie auch als Mensch wahr?
- Wechselseitiges Vertrauen ist die zentrale Voraussetzung für eine effektive Zusammenarbeit, ein gutes Arbeitsklima und somit eine starke emotionale Bindung. Zahlreiche Studien belegen dies. Doch Vertrauen fällt nicht von Himmel. Sie müssen es sich als Chef verdienen. Vertrauen wächst zudem nur zwischen Menschen. Also sollten Sie sich Ihren Mitarbeitern auch mal als Mensch zeigen – also Wesen aus Fleisch und Blut mit Stärken und Schwächen, Wünschen und Bedürfnissen. Sonst geben Ihre Mitarbeiter auch nichts Persönliches preis.
- Zuverlässigkeit und Zielklarheit. Wichtig für das Entstehen von Vertrauen ist auch das Wissen: Auf meinen Chef ist Verlass. Das heißt auch, Sie sollten für Ihre Mitarbeiter erkennbar für gewisse Werte stehen, die sich in Ihrem Verhalten, Ihren Vorgaben, Zielvereinbarungen usw. zeigen. Sonst fehlt Ihren Mitarbeitern der gewünschte Halt und die nötige Orientierung. Wichtig ist auch eine von Vertrauen und Respekt geprägte Feedbackkultur, die ein offenes Miteinander ermöglicht. Sie zu entwickeln, kostet Zeit.
- Konfliktfähigkeit. Oft wechseln Mitarbeiter den Job, weil reale Konflikte in ihrem Bereich unter den Teppich gekehrt oder schlicht ignoriert werden. Ein solcher Umgang mit Konflikten ist teuer, da schwelende Konflikte in der Regel auch die Leistung mindern. Fragen Sie sich als Führungskräfte: Wie sensibel bin ich für Konflikte? Gehe ich sie bei Bedarf mutig an und führe ich tragfähige Lösungen herbei?
- Freiräume lassen und Entwicklung fördern. Mitarbeiter möchten in für sie relevante Entscheidungen – soweit möglich – einbezogen werden; außerdem wollen sie die nötigen Gestaltungsspielräume haben, um im Arbeitsalltag eigenständig Entscheidungen treffen und realisieren zu können. Nur dann ist ihrerseits auch eine Entwicklung möglich. Fragen Sie sich als Führungskraft: Inwieweit bin ich wirklich bereit, die Verantwortung für gewisse Aufgaben abzugeben; inwieweit fördere ich Mitarbeiter beim Wahrnehmen neuer Aufgaben?
- Fairness und Gerechtigkeit. Mitarbeiter schauen nicht nur darauf, wie mit ihnen umgegangen wird, sondern auch mit Kollegen. Sie registrieren es zum Beispiel sofort, wenn ihr Chef Lieblinge hat und die Leistung nach unterschiedlichen Maßstäben bewertet. Sie registrieren es auch, ob ihr Chef sich lieber mit Ja-Sagern oder kritischen Geistern umgibt und verhalten sich entsprechend. Reflektieren Sie, wie fair und gerecht Ihr Verhalten ist, um Verletzungen, die zu einer geringeren Motivation und Identifikation führen, zu vermeiden.
- Sie wollen eigenverantwortlich handelnde Mitarbeiter? Dann müssen Sie ihnen auch gestatten, Fehler zu machen (um daraus zu lernen). Denn wenn Mitarbeiter bei Fehlern sofort am Pranger stehen, gehen sie beim Lösen von Aufgaben keine Risiken ein. Also stehen sie permanent auf Ihrer Matte. Fragen Sie sich deshalb: Steht bei unserer Fehlerbearbeitung das Ermitteln des Schuldigen zentral oder das Finden einer (Problem-)Lösung und Identifizieren möglicher Learnings?
- Seien Sie sich als Führungskraft stets bewusst, dass Sie Ihre Ziele ohne Ihre Mitarbeiter nie erreichen; außerdem, dass Ihre Leistung letztlich an der Leistung Ihrer Mitarbeiter gemessen wird. Eine entsprechend hohe Bedeutung sollten Sie dem Aufbau einer guten und somit leistungsfördernden Beziehung zu Ihren Mitarbeitern beimessen.
Über die Autoren:
Klaus und Nikola Doll leiten die Doll Organisationsberatung, Neustadt an der Weinstraße. Gemeinsam führen sie unter anderem regelmäßig eine „Change-Werkstatt – to go“ durch, in der sie mit Führungskräften und Unternehmern Lösungen für akute betriebliche Probleme erarbeiten.