Worte spiegeln unsere Gedanken wider. Sie beeinflussen zudem das Denken und Empfinden anderer Menschen. Deshalb sollten wir unsere Worte gezielt wählen, um die gewünschte Wirkung zu erzielen.
Was haben die Comicfigur Bob der Baumeister und der ehemalige US-Präsident Barack Obama gemeinsam? Beide wissen um die motivierende Kraft der Worte. So kennt fast jedes Kind Bobs Ausruf „Yo, wir schaffen das“. Und wir Erwachsene? Wir kennen fast alle noch Obamas ehemaligen Wahlslogan „Yes, we can“. Obama versetzte mit ihm Millionen US-Bürger in eine Auf- und Umbruchstimmung und motivierte sie, ihn als Präsidenten zu wählen. Und die Comicfigur Bob? Sie vermittelt mit der Aussage „Wir schaffen das“ Kindern die Zuversicht, auch schwierige Aufgaben gelassen anzugehen.
Doch leider strahlt nicht jeder Mensch eine so motivierende und inspirierende Zuversicht aus. Immer wieder begegnen wir – beruflich und privat – Schwarzsehern, also „Negativdenkern“, die nur die Probleme sehen und uns mit ihren Worten „runterziehen“. Ganz anders ticken die „Möglichkeitsdenker“. Sie denken in schwierigen Situationen: „Irgendwie schaffe ich das schon.“
Ein Negativ- oder ein Möglichkeitsdenker?
Gehören Sie zu den Negativ- oder zu den Möglichkeitsdenkern? Angenommen Sie haben etwas falsch gemacht. Denken Sie dann: „Verflucht, jetzt habe ich wieder versagt. Ich kriege nichts auf die Reihe.“? Oder denken Sie: „Mist, das ging daneben. Doch beim nächsten Mal mache ich es besser.“?
Diese beiden Denkweisen führen zu völlig unterschiedlichen Arten, mit Schwierigkeiten umzugehen. Ein Negativdenker sieht in einem Fehler eine Bestätigung beispielsweise für sein Unvermögen. Ein Möglichkeitsdenker hingegen hakt den Fehlversuch als Lernerfahrung ab und zieht daraus den Schluss: Beim nächsten Mal mache ich die Sache anders.
Oft erkennt man Negativdenker erst auf den zweiten Blick. Denn eigentlich klingen ihre Aussagen positiv. Doch leider sind sie gespickt mit den beiden Worten „nicht“ und „kein“. Deshalb erzeugen ihre Aussagen oft just die gegenteilige als die beabsichtige Wirkung. Denn das menschliche Gehirn kann diese Worte nicht verarbeiten. So zum Beispiel, wenn ein Freund bei einer anstrengenden Wanderung bei einer großen Hitze zu Ihnen sagt: „Stelle dir jetzt bloß kein kühles Bier vor.“ Vermutlich taucht dann unmittelbar ein solches vor Ihrem geistigen Auge auf. Oder wenn ein Teamkollege in einer Besprechung sagt: „Ich will jetzt nicht über die Mehrarbeit sprechen, die diese Problemlösung mit sich bringt.“ Vermutlich entsteht dann unmittelbar das Bild in Ihnen, wie Sie spät abends noch im Büro sitzen, um das Vorhaben zu realisieren.
Die sprachliche Verpackung ist wichtig für die Wirkung von Aussagen. Das belegen wissenschaftliche Studien. So hängt zum Beispiel die Wirksamkeit eines im Rahmen einer Schmerztherapie genutzten Medikaments stark davon ab, mit welchen Worten es dem Patienten verabreicht wird. Sagt der Arzt „Versuchen wir halt mal dieses Medikament; vielleicht hilft es“, dann ist Wirkung niedrig. Sagt er hingegen „Mit diesem Medikament haben schon viele Patienten positive Erfahrungen gemacht“, dann betonen viele Patienten: Es wirkt!
Sie entscheiden über die Wahl der Worte
Sie können also mit Ihren Worten Ihre Motivation und Zuversicht anderer Menschen positiv beeinflussen – und somit auch die Erfolgsaussicht. Ersetzen Sie beim Sprechen die negativen Formulierungen einfach durch positive. Es wirkt ganz anders, wenn ein Verkäufer statt „Unser Geschäft ist nicht vor 10 Uhr geöffnet“ zu einem Kunden sagt: „Wir sind ab 10 Uhr für Sie da.“ Ebenso verhält es sich bei Mitarbeitergesprächen. Es macht einen Unterschied, ob eine Führungskraft zu einem Mitarbeiter sagt „Sie haben Ihr Quartalsziel erst zu 80 Prozent …“ oder „… schon zu 80 Prozent erreicht“.
Einige Hinweise, welche Worte Energiespender bzw. -killer sind.
„Aber…“ – raubt Energie: Sehr oft sagen Menschen „Mir geht es gut, aber…“. Oder im Beruf: „Das würde ich gerne machen, aber…“ In fast jedem Team gibt es zumindest einen „Aber-Kollegen“. Sagen Sie zu ihm beispielsweise: „Wir haben doch einen tollen Job – so sicher und mit so vielen Entfaltungsmöglichkeiten.“ Dann erwidert er: „Ja, aber wer weiß, wie es in zwei, drei Jahren ist.“ Oder Sie sagen: „Ich glaube, wir schaffen das.“ Dann erwidert er: „Ja, aber hast Du auch bedacht, dass …“ Ständig klagt er über etwas. Permanent sieht er Probleme am Horizont. Die ganze Welt scheint sich gegen ihn verschworen zu haben, zumindest aus seiner Sicht.
Wenn Sie die Tendenz zum „Aber-Menschen“ haben, versuchen Sie in nächster Zeit doch mal, Ihre Sätze ohne das Wörtchen „aber“ zu formulieren. Denn der „Aber-Nebensatz“ löscht das Positive, das Sie zuvor sagten, sozusagen aus.
„Noch…“ – schafft Energie: Oft treffen wir absolute Aussagen wie „Ich kann das nicht.“ Oder: „Ich weiß das nicht.“ Fügen Sie in solche Sätze doch einfach das Wort „noch“ ein. Die Aussagen „Ich kann das noch nicht“ und „Ich weiß das noch nicht“ klingen und wirken viel positiver. Das Wort „noch“ impliziert, dass Sie etwas können oder wissen werden. Es braucht nur noch etwas Zeit. Das steigert Ihre Zuversicht und Motivation, etwas zu tun oder auszuprobieren. Dasselbe gilt für Teams. Die Aussage „Wir haben diese Aufgabe für noch keine Lösung“ ist deutlich motivierender als wenn im selben Satz das kleine Wörtchen „noch“ fehlt.
„Müssen…“ – macht uns klein: „Ich muss heute pünktlich von der Arbeit weg, weil ich noch die Kinder zu den Großeltern bringen muss. Danach muss ich in die Reinigung und einkaufen gehen, weil…“ Das Wort „müssen“ ist ein ganz heimtückischer Vertreter der Gattung demotivierende Worte. Denn permanent etwas tun zu müssen, erzeugt Druck. Zudem ruft das Wort „müssen“ oft eine Trotzreaktion hervor: Ich muss gar nichts, außer sterben. Sagen Sie stattdessen „Ich will…“, „Ich möchte…“ oder „Ich werde…“. Dann fühlen Sie sich weniger fremdgesteuert.
Mit Worten Türen öffnen statt verschließen
Dasselbe gilt, wenn Sie Menschen anleiten – zum Beispiel als Führungskraft oder Aus- und Weiterbildner. Es macht einen Unterschied, ob Sie zu Ihrem Team sagen „Wir müssen mit den neuen Rahmenbedingungen leben“ oder „Wir machen aus den neuen Rahmenbedingungen das Beste“. Dasselbe gilt, wenn Sie als Führungskraft zu Ihren Mitarbeitern sagen: „Sie müssen in den nächsten Tagen abends länger bleiben, weil ….“ Dann fühlt sich ihr Team als fremdbestimmtes Objekt. Anders ist es, wenn Sie sagen: „Ich würde mich freuen, wenn Sie in den nächsten Tagen länger bleiben würden, weil …“ Dann haben Ihre Mitarbeiter zumindest das Gefühl „Es wird nicht über unsere Köpfe hinweg entschieden. Wir werden wenigstens gefragt, ob….“ Also schalten Sie innerlich auch nicht sogleich auf Rebellion, sondern sind zumindest gesprächs- und kompromissbereit.
Autorin: Sabine Prohaska