Spricht man mit den Kunden von Unternehmen, dann zeigt sich oft: Sie spüren die Folgen der verstärkten virtuellen oder hybriden Zusammenarbeit bei ihren Lieferanten und Dienstleistern – in Form einer sinkenden Qualität. Deshalb staut sich bei ihnen Unmut an.

„Alles paletti; alles läuft rund.“ Diese Aussage hört man oft von Führungskräften und Mitarbeitern von Unternehmen, wenn man mit ihnen über die seit Ausbruch der Corona-Pandemie verstärkte virtuelle Zusammenarbeit bzw. das vermehrte Arbeiten im Homeoffice spricht. Zwar beklagen die Gesprächspartner dann zuweilen die reduzierte persönliche Kommunikation mit ihren Kollegen, doch ansonsten ist aus ihrer Warte „alles in Butter“.

Kunden spüren ein Nachlassen der Qualität

Anders äußern sich oft ihre Kunden, wenn man mit ihnen über das Thema spricht. Diese beklagen nicht selten, dass sie durchaus die Auswirkungen der veränderten Zusammenarbeit spüren – zum Beispiel in Form

  • einer verzögerten oder zuweilen sogar ausbleibenden Reaktion auf ihre per Mail an ihre Lieferanten und Dienstleister artikulierten Fragen und Anliegen bzw.
  • einer steigenden Zahl von Fehlern und Nachlässigkeiten, die sich in die Auftragsbearbeitung einschleichen

– und zwar vor allem dann, wenn an der Leistungserbringung beim Lieferanten mehrere Mitarbeiter oder Bereiche mitwirken, die sich wechselseitig informieren und/oder ihre Arbeit koordinieren müssen.

So beklagte zum Beispiel ein Kunde von mir unlängst beim gemeinsamen Mittagessen, dass er zunehmend das Vertrauen in die Steuerkanzlei verliere, mit der er seit über 20 Jahre zusammenarbeite und die auch die Lohnabrechnung für seine Mitarbeiter mache. Denn, seit die Kanzleimitarbeiter weitgehend im Homeoffice arbeiteten, also verstärkt virtuell zusammenarbeiteten, häuften sich die Fehler. So seien zum Beispiel Steuerunterlagen noch ein halbes Jahr nach dem Umzug seines Unternehmens  wiederholt an die alte Büroadresse geschickt worden – „obwohl ich mehrfach darum bat, dass unsere Adresse auch in den Briefvorlagen geändert wird“. So seien per Mail mitgeteilte Infos über das Ausscheiden von Mitarbeitern und Lohnänderungen bei den Lohnauswertungen nicht berücksichtigt worden – „und generell“, so mein Kunde, „registriere ich: Wenn ich mich heute per Mail mit einem Anliegen an die Kanzlei wende, dauert es länger bis eine Resonanz, wenn überhaupt erfolgt; eigeninitiativ aktiv wird sie auch seltener.“

Kommunikation und Kooperation weist Defizite auf

Über solche Defizite, die sie als eine Verschlechterung der Qualität wahrnehmen, klagen Kunden gehäuft – und zwar vor allen

  • bei Unternehmen, die für ihre Kunden recht komplexe (Dienst-)Leistungen erbringen, die eine Zusammenarbeit mehrerer Mitarbeiter bzw. Bereiche auf Seiten des Leistungserbringers erfordern, oder
  • wenn ein Unternehmen (wie der Steuerberater) mehrere Leistungen für einen Kunden erbringt, die von unterschiedlichen Mitarbeitern oder Bereichen erbracht werden.

Dann spüren die Kunden oft in der Auftragsabwicklung und in ihrer Betreuung einen aus der virtuellen Zusammenarbeit resultierenden Mangel an Kommunikation und Koordination.

Dies kann speziell für Unternehmen, die primär von Stammkunden leben und bei denen die Vertrauensbeziehung zu ihren Kunden ein zentraler Erfolgsfaktor ist, fatale Folgen haben. Denn staut sich bei Kunden mit der Zeit ein Unmut über die gesunkene Arbeits- oder Betreuungsqualität an, platzt ihnen irgendwann der Kragen. Das heißt, sie beenden die Zusammenarbeit. Und ihr Dienstleister bzw. Lieferant? Er fällt aus allen Wolken: „Jahrzehntelang haben wir doch gut zusammengearbeitet. Stets war unser Kunde zufrieden.“

Prozesse und Standards neu definieren

Stimmt! Deshalb sah er ja lange über die Nachlässigkeiten hinweg. Doch irgendwann ist die gute Zusammenarbeit in der Vergangenheit Schnee von gestern.

Entsprechend wichtig wäre es zurzeit in vielen Unternehmen einmal systematisch zu analysieren:

  • Inwieweit hat sich durch die virtuelle bzw. hybride Zusammenarbeit die Qualität unserer Leistung aus Kundensicht verändert?
  • Wo sollten wir deshalb unsere Prozesse überdenken und eventuell neue Standards definieren, um unseren Kunden weiterhin eine Top-Qualität zu bieten?
  • Inwieweit haben sich durch die veränderte Zusammenarbeit außer den Anforderungen an die Mitarbeiter, auch die an Führung verändert und wo sollten wir folglich nachjustieren?

Zudem sollten sie gemäß der Formel „Menschen-Tools-Prozesse“ ermitteln: Welche (digitalen) Tools können wir außer zum Optimieren unseres Vertriebs und unserer Marktbearbeitung für die Kundenpflege und -bindung nutzen?

Kunden erwarten schlicht: Es funktioniert!

Dies zu tun, wird umso dringlicher, je stärker sich die virtuelle und hybride Zusammenarbeit zum neuen Normal in den Betrieben entwickelt. Denn im Verlauf dieses Prozesses verändern sich auch die Erwartungen ihrer Kunden. In den ersten Monaten nach dem Ausbruch der Pandemie waren sie noch bereit, „situationsbedingt“ über gewisse Unzulänglichkeiten in der Auftragsbearbeitung und Kundenbetreuung bei ihren Dienstleistern und Lieferanten hinwegzusehen. Doch heute – also zwei Jahre später – erwarten sie schlicht, dass die Kommunikation und Kooperation in und mit ihnen reibungslos funktioniert. Zu Recht!

Über den Autor:

Schreiber, PeterPeter Schreiber ist Inhaber der B2B-Vertriebs- und Managementberatung PETER SCHREIBER & PARTNER in Ilsfeld bei Heilbronn. Er ist u.a. Dozent an der IHK-Akademie München in Westerham und Referent bei WEKA Industriemedien in Wien sowie Lehrbeauftragter an der Hochschule Mannheim.

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