Typische Krisensprüche von Beratern für Berater

Wer schon lange als Berater-Berater im Markt agiert und u.a. das Platzen der Dotcom-Blase sowie die Finanzkrise miterlebte, kennt die Sprüche, mit denen Berater in Krisenzeiten unter anderem versuchen, (Folge-)Aufträge von Kunden zu akquirieren.

Also greife auch ich aus aktuellem Anlass mal wieder in die „Sprüche-Mottenkiste“. 

Beraterspruch 1: In der Krise zeigen sich die Versäumnisse der Vergangenheit.

Stimmt! So spüren aktuell zum Beispiel viele Berater, die sich auf einem halben oder ganzen Dutzend Stammkunden ausgeruht haben, dass sie in den zurückliegenden Jahren ihren Markt nicht mit Ausdauer und System bearbeitet haben. Entsprechend gering ist neben ihrer Bekanntheit im Markt, auch ihr Marketing- und Vertriebs-Know-how. Zudem fehlen ihnen in der Regel die für eine effektive Marktbearbeitung nötigen Instrumente.

Entsprechend hilflos sind und agieren sie in der aktuellen Krisen-Situation, zumal sie sich nicht selten eingestehen müssen: Ich habe den Trend in Richtung Digitalisierung – nicht nur im Bereich Marketing und Kommunikation, sondern auch bei der Produktentwicklung verschlafen. Entsprechend schwer fällt es mir, zum Beispiel Webinare, Online-Trainings und Workshops usw. zu konzipieren und ans Laufen zu bringen. Und wenn mir dies mit viel Mühe doch gelingt? Dann nehmen mir meine Kunden die Kompetenz in diesem Bereich nicht ab!

Beraterspruch 2: In der Krise strukturiert sich der Markt neu.

Stimmt! So werden gewiss viele etablierte Trainings-und Beratungsanbieter im Zuge bzw. Gefolge der Corona-Krise vom Markt verschwinden – u.a. weil die Unternehmen in diesem Kontext auch ihre Strategien im PE-, OE- und HR-Bereich sowie Geschäftsbeziehungen überdenken und danach auch inhaltlich den Fokus anders setzen werden.

Zudem wird sich ein großer Teil des Trainings- und Beratungsgeschäfts ins Netz verlagern – auch weil sich die Unternehmen zunehmend fragen: Ist es wirklich (kosten-)effizient, wenn ein Berater für ein zweistündiges Meeting von Hamburg nach München reist? Berater, die diesen Paradigmenwechsel nicht nachvollziehen, werden vom Markt verschwinden. Ihren Platz werden in der Regel jüngere Berater einnehmen, die nicht nur „agiler“, sondern auch noch „hungriger“ sind.

Beraterspruch 3: Jede Krise ist auch eine Chance.

Stimmt! Doch man muss die Chance zunächst erkennen und dann auch ergreifen – das heißt in der Regel auch Zeit und Geld investieren. Zu Letzterem sind viele junge, selbstständige Berater und Trainer (mit Familie) aktuell nicht in der Lage, weil ihnen im wahrsten Sinn des Wortes finanziell der Kittel brennt. Und ihre überschaubaren Reserven? Die müssen sie „schonen“, weil jetzt schon klar ist: Bis die Krise vorbei ist, verstreicht einige Zeit.

Und die älteren Berater? Sie sind oft nicht bereit, finanziell zu investieren, selbst wenn sie in den letzten Jahren prächtig verdienten. Und das Geld, das auf der hohen Kante liegt? Das soll auch dort bleiben! Selbst ein vorübergehendes Kürzen ihrer üppigen Geschäftsführer-Gehälter fällt vielen Inhabern von Beratungsunternehmen schwer. Stattdessen betreiben sie meist ein rigides „Costcutting“, obwohl sie ihren Kunden erzählen: „Jungs und Mädels, ihr müsst gerade jetzt investieren, sonst….“

Beraterspruch 4: Eine Krise ist noch keine Katastrophe.

Stimmt! Doch aus einer Krise kann rasch eine Katastrophe werden, wenn man nicht die Paradigmen seines bisherigen Denkens und Handelns (echte Berater würden sagen „seinen Mindset“) hinterfragt und die Weichen radikal neu stellt. Das sollten eigentlich alle Berater wissen.

Beraterspruch 5: Wer die erste Krise nicht versteht, bekommt eine zweite.

Stimmt! Diese Erfahrung werden alle Berater sammeln, die jetzt mit panischen Hauruck-Aktionen versuchen, irgendwelche Aufträge an Land zu ziehen, und dabei völlig aus dem Blicke verlieren

  • „Wofür stehe ich?“
  • „Was kann ich wirklich gut?“ Und:
  • „Welche ‚Problemlösungen‘, die den Zielkunden einen echten Mehrwert bieten, kann ich folglich in der aktuellen Situation wem anbieten?“

– also alle Berater, die letztlich ohne Strategie im Markt agieren.

Autor: Bernhard Kuntz

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