Es gibt Tage, an denen wir uns fragen: Was habe ich heute eigentlich getan? Wir haben zwar eine Menge erledigt, fühlen uns dennoch (oder gerade deshalb) geschafft und leer. Verbunden mit dem schalen Gefühl, kein Stück weitergekommen zu sein. Jedenfalls kein Stück, das mit sinnstiftender Selbstwirksamkeit zu tun hat.
Mit Selbstwirksamkeit ist die Erfahrung bzw. Überzeugung verbunden, besondere Situationen und Herausforderungen aus eigener Kraft bewältigen zu können. Damit verknüpft ist das famose Erfolgsgefühl: Ich selbst kann durch mein Tun wirksam werden, Spuren hinterlassen, Resonanz erzeugen.
Im besten Fall wird das Arbeitsergebnis unmittelbar sichtbar, angreifbar, herzeigbar. Die konkrete Rückkoppelung erzeugt dabei das Glücksgefühl: Ich war erfolgreich! Oder wie Einstein es humorig ausdrückte: „Holzhacken ist deshalb so beliebt, weil man bei dieser Tätigkeit den Erfolg sofort sieht.“
Motor für Glücksgefühle
Das Gefühl, das eigene Leben selbst gestalten zu können und durch sein Tun konkrete Resonanz zu erzeugen, ist eine zentrale Zutat für Motivation und Glücksgefühl, ja für Sinnstiftung. Im Großen wie im Kleinen. Wenn wir etwa beruflich alles gegeben haben und eine positive Rückmeldung erhalten, wenn wir den Garten pflegen und später die ersten duftenden Früchte ernten, wenn wir ein Bild gemalt haben und es jemand aufhängt oder auf Social Media „liked“ – dann fühlen wir uns lebendig, einfach großartig.
Die Psychologie nennt das Selbstwirksamkeitserfahrungen. Erfahrungen, in denen wir uns als aktiv Handelnde bzw. Gestaltende erleben, machen uns selbstbewusst und zufrieden. Vom Psychologen Albert Bandura stammt das Konzept der Selbstwirksamkeitserwartung. Damit bezeichnet er die Erwartung einer Person, gewünschte Handlungen aufgrund eigener Kompetenzen erfolgreich ausführen zu können. Badura nennt vier Quellen der Selbstwirksamkeit:
- Eigene Erfolgserlebnisse (Experience of Mastery)
- Stellvertretende Erfahrung, Modell-Lernen (Vicarious Experience)
- Verbale Ermutigung, soziale Überzeugung (Verbal Persuasion)
- Emotionale Erregung (Emotional Arousal)
Selbstwirksamkeit pur – ein famoses Beispiel
„People may say, I can’t sing, but no one can ever say, I didn’t sing.“ Dieser bemerkenswerte Satz stammt von Florence Foster-Jenkins (1868 – 1944), der „schlechtesten Sängerin aller Zeiten“. Er ist auch auf ihrem Grabstein zu lesen. Das ersehnte Musikstudium wurde ihr vom Vater, einem wohlhabenden Industriellen, verweigert. Sie liebte aber Musik über alles, ließ sich nicht von mangelndem Talent oder herber Kritik entmutigen und trat mit 76 Jahren dort auf, wo sie immer hinwollte: in der berühmten New Yorker Carnegie Hall.
Ein grandioses Beispiel purer Selbstwirksamkeit. Und vielleicht eine erhellende Gelegenheit, folgenden Fragen nachzugehen:
- Was sind meine besonderen Selbstwirksamkeitserfahrungen?
- Wann zuletzt fühlte ich mich selbstwirksam und worin manifestierte sie sich ?
- Welche Gefühle waren damit verbunden? Was löste sie aus?
- Was nehme ich daraus für künftige Selbstwirksamkeitsimpulse mit?
Selbstwirksamkeit stärken – eine Anregung
Beim Meistern schwieriger Situationen spielen hinderliche Glaubenssätze, Erfahrungen und Prägungen eine wesentliche Rolle. Diese brauchen Zeit zum „Ent-Lernen“. Die Weichen werden zwar schon in der Kindheit gestellt, aber grundsätzlich kann jeder Erwachsene seine Selbstwirksamkeit stärken. Das kann u.a. dadurch gelingen, indem wir darauf achten, uns positiv zu konditionieren und Denkfallen zu eliminieren.
Besonders stark wirken sogenannte „mastery experiences“. Das sind Herausforderungen, bei denen nicht klar war, wie und ob wir sie bewältigen können, die wir aber doch gemeistert haben. Das macht uns stolz. Darauf sollten wir uns konzentrieren und nicht auf Glaubenssätze wie: „Ich bin nicht so wichtig!“ „Ich bin nicht gut genug!“ „Mach es allen recht!“ Hinter dieser Selbstverleugnung stecken Überzeugungen, nur etwas wert zu sein, wenn es z. B. allen anderen gut geht, wenn ich allzeit perfekt, stark, agil etc. bin.
© Zeichnung by F. J. Schweifer
Deshalb: Raus aus der Opferrolle – hinein in die beflügelnde Selbstwirksamkeit. „Ich kann (es)!“ Angetrieben von Viktor Frankls mächtiger Maxime: „Ich muss mir nicht alles gefallen lassen, nicht einmal von mir selbst.“ Die eigenen Bedürfnisse anzuerkennen und zu leben, das ist essenziell. Ebenso wichtig ist, uns bewusst für Erfolge zu belohnen, diese zu würdigen. Denn eigene Erfolgserlebnisse haben den größten Einfluss auf die Ausbildung von Selbstwirksamkeit.
Apropos: Wann haben Sie sich zuletzt belohnt? Und wofür?
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Mag. Dr. Franz J. Schweifer ist Geschäftsführer des Beratungsinstituts „Die ManagementOASE – Schweifer & Partner, Coaching. Training. Consulting.“ in Mödling b. Wien. Als Temposoph, Zeitforscher, FH-Lektor, Managementtrainer & Coach mit über 25 Jahren Beratungserfahrung hat er sich v.a. auf ZEIT-spezifische Themen und Widersprüche spezialisiert. Und das auf gesellschaftlicher, unternehmerischer wie persönlicher Ebene.
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