Firmeninterner Trainer, Berater oder Coach werden

Das Alter der Belegschaften steigt. Also stehen die Betriebe vor der Herausforderung, auch ihren älteren Mitarbeitern eine Entwicklungsperspektive zu bieten – zum Beispiel als Trainer oder Coach ihrer Kollegen.

Bis 2020 steigt der Anteil der über 50-Jährigen an den Erwerbstätigen in der Europäischen Union auf fast 35 Prozent. Zwar schwanken die prognostizierten Zahlen, doch einig sind sich alle Studien: Die Belegschaften der Unternehmen werden älter.

Fragwürdig wird damit laut Aussagen der Wiener Managementberaterin Sabine Prohaska die Personalstrategie, die heute noch viele Unternehmen bei älteren Mitarbeitern praktizieren: Sie lassen diese in den letzten zehn, 15 Jahren ihrer Berufstätigkeit „nur noch mitlaufen, ohne in deren weitere Entwicklung zu investieren“. Diesen „Luxus“ können sich die Betriebe künftig nicht mehr erlauben. „Denn mit jungen Mitarbeitern allein können sie ihren Bedarf an Arbeitskräften nicht decken.“

Umdenken ist angesagt

Das erkennen immer mehr Unternehmen. Deshalb denken sie verstärkt darüber nach, wie sie die Kompetenzen ihrer älteren Mitarbeiter effektiver nutzen können. Und einige Firmen tun dies bereits – zum Beispiel in Form von Mentoren-Programmen, bei denen erfahrene Mitarbeiter ihren jüngeren Kollegen mit Rat und Tat zur Seite stehen. Eine wachsende Zahl von Unternehmen bildet zudem ältere Mitarbeiter zu firmeninternen Trainern, Beratern oder Coaches aus.

Ein Grund hierfür ist laut Dr. Detlef Messerschmidt, Darmstadt, dessen Unternehmen Trainer ausbildet und zertifiziert, das sich immer rascher wandelnde Unternehmensumfeld. „Das lässt den Lernbedarf in den Unternehmen steigen. Außerdem wird er stets individueller.“ So benötigt zum Beispiel nicht jeder Büroarbeiter eine Excel-Schulung und nicht jeder Verkäufer ein Training in Sachen Einwandbehandlung. Und wenn doch? Dann gilt zunehmend: Das Vorwissen der Mitarbeiter oder die beruflichen Anforderungen an sie sind sehr verschieden. Also benötigen sie auch eine unterschiedliche Unterstützung.

Allen Mitarbeitern ist laut Messerschmidt  jedoch gemein: „Sie müssen aufgrund des Veränderungsdrucks zunehmend lernen, selbst zu erkennen, wo bei ihnen ein Entwicklungsbedarf besteht; außerdem diesen entweder selbst oder mit selbstorganisierter Unterstützung zu befriedigen.“ Hierbei benötigen sie Unterstützung – zum Beispiel durch einen Coach.

Entwicklungsperspektive Trainer, Berater oder Coach

Doch nicht jeder berufserfahrene Mitarbeiter eignet sich als Trainer oder Coach. Darauf weist die Trainer- und Coach-Ausbilderin Sabine Prohaska hin. Sowohl für angehende firmeninterne Trainer als auch Coachs gilt: „Sie müssen Lust auf den Kontakt mit Menschen und ein Gespür für diese haben.“ So sollte zum Beispiel ein Trainer in einem Seminar auf verschiedene Typen eingehen können. Und ein Coach? „Er muss mit Menschen eine so innige Vertrauensbeziehung aufbauen können, dass diese mit ihm auch über berufliche Probleme sprechen, die ihre Wurzeln in ihrer Persönlichkeit haben.“

Eine Voraussetzung hierfür ist eine wertschätzende Haltung gegenüber Menschen, betont Prohaska. „Denn akzeptiert ein Coach oder Trainer andere Wertvorstellungen und Einstellungen nicht, gewinnt er auch das Vertrauen anderer Personen nicht. Also kann er sie auch nicht zu Einstellungs- und Verhaltensänderungen motivieren.“ Trainer und insbesondere Coachs müssen sich zudem als Person zurücknehmen können. Denn sie sollen sich nicht selbst profilieren, sondern andere Menschen in ihrer Entwicklung unterstützen und begleiten.

„Ein Trainer muss zudem Lernprozesse strukturieren und gestalten können“, erklärt Messerschmidt. „Außerdem benötigt er gruppendynamisches Know-how.“ Ähnlich verhält es sich bei einem Coach. „Da er jedoch mit Einzelpersonen auch über Themen spricht, die deren Persönlichkeit tangieren, benötigt er zudem ein hohes Einfühlungsvermögen und fundiertes psychologisches Know-how.“

Interne Trainer und Coaches haben viele Vorzüge

In vielen Unternehmen ist der Change- und Lernbedarf heute so groß, dass er mit externen Beratern allein nicht gedeckt werden kann – „auch weil diese gewisse ‚Schwächen‘ haben“. Darauf weist Messerschmidt hin. „Externe Berater kennen zum Beispiel die Kultur des Unternehmens und Arbeitsabläufe in der Organisation nicht.“ Sie sind zudem bei akuten Problemen häufig nicht sofort ansprechbar. Und: Zu ihnen haben die Mitarbeiter oft weniger Vertrauen als zu Kollegen. Deshalb empfiehlt sich gerade bei der Strategieumsetzung auf der Mitarbeiterebene oft „der ergänzende Einsatz“ firmeninterner Trainer und Berater. Diese Funktion können auch jüngere Mitarbeiter übernehmen, doch einiges spricht für ihre älteren Kollegen – beispielsweise ihre in der Regel höhere Gelassenheit, wenn Probleme auftauchen. Oder ihre aus Erfahrung resultierende Fähigkeit, das Wesentliche schneller zu erkennen.

Hinzu kommt laut Prohaska: Mit der Ausbildung zum firmeninternen Berater, Trainer oder Coach eröffnet sich Unternehmen die Chance, „ihren älteren Mitarbeitern, die noch zehn, 15 oder gar zwanzig Jahre Berufstätigkeit vor sich haben, eine Entwicklungsperspektive jenseits der Führungslaufbahn aufzuzeigen“. Das sorgt für einen Motivationsschub bei ihnen. Denn ihnen wird nicht das Gefühl vermittelt, allmählich aufs Abstellgleis geschoben zu werden. Sie leisten vielmehr weiterhin einen wertvollen Beitrag zur Entwicklung des Unternehmens.

Autor: Andrej Winter

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