Führungskräfte müssen, um in ihrem komplexer werdenden Umfeld erfolgreich zu agieren, zunehmend wissen: Wofür stehe ich und wofür nicht? Sie benötigen eine Leadership-Identity, die ihnen als Kompass für ihr Handeln im Führungsalltag dient.

Viele Führungskräfte haben ein Bild von der idealen Führungskraft verinnerlicht, und diesem versuchen sie zu entsprechen. Das funktioniert meist nicht, weil dieses Bild nicht ihrer Persönlichkeit entspricht.

Erfolgsversprechender ist es, als Führungskraft eine eigene Leadership-Identity bzw. -ID zu entwickeln, die authentisch und somit glaubhaft ist.

Um eine solche Leadership-ID zu entwickeln, müssen Sie

  • Ihr Leben und Ihre Erfahrungen reflektieren sowie
  • Ihre Werte, Stärken, Fähigkeiten und Leidenschaften identifizieren.

Dabei gilt es elf Aspekte zu bedenken, die sich in innere und äußere unterteilen lassen.

Die sieben inneren Aspekte

  1. Biografie: „Woher komme ich?“ Jede Führungskraft hat ihre Geschichte, die sie zu der Persönlichkeit macht, die sie ist. Erfahrungen aus der Kindheit, kulturelle und soziale Prägungen, persönliche Enttäuschungen und Erfolge – all diese Faktoren prägen Ihre Vorstellungen davon, was eine „gute“ Führungskraft ist und wie sie sich verhält. Machen Sie sich diese bewusst.
  2. Motive: „Was treibt mich an?“ Unsere Motive geben uns Auskunft darüber, warum wir tun, was wir tun. Haben Sie zum Beispiel den Wunsch, Dinge zu gestalten? Suchen Sie den Nervenkitzel? Streben wir nach Anerkennung? Wenn Sie wissen, was Sie antreibt, wissen Sie auch, wie Sie Ihre Führungsrolle gestalten sollten, um langfristig zufrieden und erfolgreich zu sein.
  3. Werte: „Wofür stehe ich?“ Werte sind der innere Kompass, der uns anzeigt, was richtig ist. Machen Sie sich Ihre Werte bewusst, denn jede Führungskraft braucht ein klares Wertesystem, um auch in komplexen und ambivalenten Situationen die richtigen Entscheidungen zu treffen.
  4. Mission: „Wofür trete ich an?“ Jeder Mensch möchte etwas Sinnvolles tun. Und wenn er weiß, was gemäß seinem Wertesystem für ihn sinnvoll ist, hat er seine Mission gefunden. Fragen Sie sich also: Was ist meine Mission als Führungskraft? Was verleiht meiner Arbeit Sinn?
  5. Wirkung: „Woran will ich erkannt werden?“ Die Leadership-ID einer Führungskraft schlägt sich in deren Verhalten nieder; das heißt ihre Werte, Motive und Mission sind für Außenstehende hieran erkennbar. Welche Verhaltensweisen sind für Sie typisch – zum Beispiel beim Führen von Mitarbeitern, beim Kommunizieren mit ihnen?
  6. Ressourcen: „Was sind meine Kraftquellen?“ Um auch in schwierigen Zeiten, die nötige Energie zu haben, brauchen wir Kraftquellen. Das können der Sport, die Familie, Freunde, die Religion und vieles mehr sein. Was sind Ihre Kraftquellen, die Ihnen helfen, Ihre Batterien wieder aufzuladen?
  7. Legitimation: „Warum bin ich hier der/die Richtige? Eine Führungskraft muss überzeugt sein: Ich kann in meiner Funktion etwas Positives bewirken. Denn nur dann strahlt hat sie das nötige Selbstbewusstsein und -vertrauen aus. Suchen Sie also Ihre Antwort auf die Frage: Warum bin ich hier – in diesem Unternehmen, in dieser Position – genau der/die Richtige?

Die vier äußeren Aspekte

Jede Führungskraft hat auch eine konkrete Aufgabe bzw. Funktion in ihrer Organisation, aus der sich Anforderungen und Herausforderungen ergeben.

  1. Stakeholder: „Mit wem stehe ich in Beziehung?“ Eine Führungskraft ist stets auch ein Manager zahlreicher Abhängigkeitsbeziehungen – zum Beispiel mit Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, eigenen Vorgesetzten. Auch der Lebenspartner zählt hierzu. Machen Sie sich bewusst, wer für Sie wichtige Beziehungspartner sind und in welcher Form der Abhängigkeit Sie zu ihnen stehen.
  2. Erwartungen: „Was sind die Bedürfnisse meiner Stakeholder?“ Jeder Stakeholder hat Erwartungen an Sie als Mensch und/oder Führungskraft. Versuchen Sie diese zu erfassen und erfragen Sie diese gegebenenfalls, damit Sie anschließend entscheiden können: Wie gehe mit den Erwartungen um?
  3. Probleme: „Für welche Herausforderungen liefere ich eine Lösung?“ Eine Führungskraft kann nicht alle Erwartungen erfüllen – zumal sich aus ihnen oft Ziel- und Interessenkonflikte ergeben. Sie kann auch nicht alle Probleme lösen, denn ihre Ressourcen sind begrenzt. Fragen Sie sich also: Zu welchen Erwartungen, Aufgaben usw. sage ich ja – wozu nein?
  4. Rollen: „Was sind meine Hauptrollen?“ Eine Führungskraft hat viele Rollen – mal ist sie als Chef, mal als Motivator und Inspirator, mal als Moderator und Organisator gefragt. Fragen Sie sich: Was sind meine Hauptrollen aufgrund meiner Leadership-ID und Funktion in der Organisation, und welche Rollen will ich nicht oder nur in Ausnahmefällen erfüllen?

Tipps zum Entwickeln Ihrer Leadership-ID

Stellen Sie sich die obigen Fragen, wenn Sie hierfür Zeit und Muße haben, und beantworten Sie diese möglichst schriftlich. Denn Sie können Ihre Leadership-ID nicht ruck-zuck entwickeln, denn damit geht ein Prozess der Selbstreflexion einher.

Stellen Sie sich also die Fragen immer wieder und schauen Sie, ob die Antworten Sie noch befriedigen. Sprechen Sie zudem eventuell mit Vertrauenspersonen oder einem Coach hierüber. Denn jeder Mensch hat blinde Flecken.

Wenn Sie das tun, entwickeln Sie mit der Zeit ein klares Bild davon, was Sie als Führungskraft ausmacht. Dann können Sie zum Beispiel selbstbewusster in Ihrer aktuellen Führungsposition agieren, weil Sie wissen: „Ich bin hier genau richtig, weil…“

Ein Ergebnis kann jedoch auch die Erkenntnis sein: „Ich sollte mich mittelfristig verändern – zum Beispiel, weil meine aktuelle Position nicht meinen Werten entspricht.“ Ist dies der Fall, sollten Sie das tun, denn ansonsten werden Sie weder erfolgreich, noch glücklich.

Über den Autor:

Simon,JoachimJoachim Simon, Braunschweig, ist Führungskräftetrainer und -coach. Er unterstützt die Führungskräfte unter anderem dabei, ihre individuelle Leadership-ID zu entwickeln.

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