„Was ist denn nun passiert?“ Das denken Verkäufer oft, wenn sie in Verkaufsgesprächen registrieren, dass der soeben noch gute Draht zu Kunden plötzlich abgerissen ist. Die häufigsten Ursachen hierfür: Der Verkäufer nahm die Reaktionen des Kunden nicht mehr wahr, oder er sendete an ihn die falschen Signale.
Verkäufer Maier ist zufrieden. Vor knapp 20 Minuten betrat der Kunde die Fenster- und Türenausstellung und das Verkaufsgespräch läuft wie geschmiert. Nach der Gesprächseröffnung war auch die Bedarfsanalyse Spitze, so dass Maier nun eine konkrete Vorstellung hat, was für eine Haustür der Kunde wünscht und was für ein Typ er ist. Rasch wählt Maier drei, vier Türen aus seinem Sortiment aus und präsentiert diese routiniert. Detailliert erläutert er zum Beispiel deren Schließmechanismus und Wärmedämmung. Und gedanklich hat der erfahrene Verkäufer den Vertrag schon in der Tasche, denn er hat das Gefühl: Zu dem Kunden habe ich einen Draht.
Doch plötzlich reißt der Kunde Maier aus seinen Verkaufsträumen. „Das sind interessante Türen, die Sie mir da präsentieren“, sagt er, während er mit festem Blick den Verkäufer anschaut. „Doch was kostet so eine Tür?“ „Mit Einbau circa 4500 Euro“, erwidert Maier über die Zwischenfrage leicht irritiert. Und verunsichert erläutert er nochmals, wie einbruchssicher und wärmeisolierend und somit energiesparend die Türen sind. Währenddessen blickt der Kunde mehrfach auf seine Uhr. Offensichtlich hat Maier den Draht zu ihm verloren. Wenig überrascht ist der Verkäufer denn auch, als der Kunde einige Zeit später sagt „Ich lasse mir Ihr Angebot durch den Kopf gehen“ und sich verabschiedet. Und Verkäufer Maier ahnt: Den Kunden sehe ich nie wieder.
Die Kundenreaktionen sensibel wahrnehmen
Ähnliche Situationen registrieren Verkäufer im Kundenkontakt immer wieder. Plötzlich ist die gute Stimmung „futsch“, und sie haben den Draht zum Kunden verloren. Die häufigste Ursache hierfür: In der Startphase ihrer Verkaufsgespräche und bei der Bedarfsermittlung konzentrieren die Verkäufer in der Regel ihre gesamte Aufmerksamkeit auf den Kunden. Deshalb hat dieser das Gefühl: Diesem Verkäufer kann ich vertrauen. Doch kaum hat der Kunde seine Wünsche und Bedürfnisse artikuliert und können die Verkäufer ihn in etwa einschätzen, erlahmt ihre Aufmerksamkeit. Und statt weiterhin einen persönlichen Dialog mit dem Kunden zu führen und mit ausgefahrenen Antennen auf dessen Reaktionen zu achten, konzentrieren sie sich nun ganz auf die Produktpräsentation.
Das heißt; Stand bei der Bedarfsermittlung noch der Kunde im Mittelpunkt, so stehen plötzlich die Produkte im Fokus. Und die Verkäufer sind so damit beschäftigt, deren Merkmale und Vorzüge aufzulisten und zu erläutern, dass sie den Kunden weitgehend aus dem Blick verlieren. Sie registrieren nicht mehr, ob er ihnen zum Beispiel mit einem leichten Kopfnicken Zustimmung signalisiert, oder zunehmend, auch körperlich, auf Distanz geht. Entsprechend irritiert sind sie, wenn der Kunde eine unerwartete Zwischenfrage stellt. Oder er plötzlich, was eigentlich ganz selbstverständlich ist, nach dem Preis fragt. Dann geraten sie aus dem Konzept, und entsprechend verunsichert reagieren sie auf die Frage. Denn zwischenzeitlich haben sie das Gespür für den Kunden verloren. Deshalb können sie auch nicht einschätzen, ob die Frage beispielsweise ein Einwand ist oder der Kunde nur eine zusätzliche oder vertiefende Information wünscht.
Den Teufelskreislauf der Verunsicherung vermeiden
Diese Verunsicherung des Verkäufers spürt der Kunde und sie verunsichert ihn. Damit beginnt ein Teufelskreislauf von emotionalen Missverständnissen. Weil der Verkäufer seine Unsicherheit und die des Kunden spürt, wird er noch unsicherer. Das registriert wiederum der Kunde, weshalb er sich zunehmend fragt: Bin ich bei dem Verkäufer wirklich in guten Händen? Und: Ist sein Produkt wirklich ideal für mich? Das spürt wiederum der Verkäufer. Also wird er noch unsicherer und wirkt auf den Kunden immer weniger authentisch und somit auch weniger glaubwürdig und sympathisch. Das heißt, die Chemie zwischen Verkäufer und Kunde stimmt nicht mehr und ihr ehemals guter Draht reißt ab.
Dass selbst erfahrene Verkäufer immer wieder in solche Situationen geraten, hat folgenden Grund: In Verkaufsseminaren haben sie zwar gelernt, den Bedarf von Kunden zu ermitteln. Sie haben auch trainiert, Kunden nur ausgewählte Produkte zu präsentieren und sich bei der Produktpräsentation auf die Merkmale zu beschränken, die für den Kunden relevant sind. Was Verkäufer jedoch häufig nicht ausreichend verinnerlicht haben, ist, dass die Kommunikation mit den Kunden – auch bei der Produktpräsentation – nicht nur auf die Fakten- oder Sachebene erfolgen darf.
Auf die Körpersprache achten
Für den Verkaufserfolg weit bedeutsamer als was ein Verkäufer sagt, ist wie er es sagt. Und keinesfalls sollten Verkäufer die Bedeutung der nonverbalen Signale unterschätzen, die sie währenddessen aussenden – zum Beispiel mit ihrer Körpersprache. Denn jede noch so kleine, scheinbar zu vernachlässigende Geste wird vom Kunden zumindest unbewusst registriert.
Er registriert zum Beispiel genau: Schaut mich der Verkäufer bei der Produktpräsentation ab und ist sein Körper mir und nicht dem Produkt zugewandt? Ist das der Fall, vermittelt ihm dies das Gefühl: Ich stehe mit meinen Wünschen für den Verkäufer weiterhin im Mittelpunkt – obwohl er primär über das Produkt spricht. Schweift der Blick des Verkäufers hingegen durch den Raum, sendet er dadurch das Signal an den Kunden: Der Verkäufer hat das Interesse an mir verloren. Oder: Der Verkäufer schwindelt mich an, weshalb er mir nicht mehr in die Augen schaut. Auch der Tonfall ist wichtig. Ein Verkäufer kann schnell belehrend wirken, wenn er etwas erklärt und den falschen Ton trifft. Solche Signale – egal, ob bewusst oder unbewusst ausgesendet – vergiften rasch die Gesprächsatmosphäre.
Kunden rational und emotional ansprechen
Ein guter Verkäufer spricht Kunden rational und emotional an. Oder anders formuliert: Er überzeugt auf der Sach- und der Beziehungsebene. Wird eine dieser beiden Ebenen vernachlässigt, entscheiden sich Kunden meist gegen den Kauf. Denn wer kauft etwas, das ihm keinen Nutzen bietet? Niemand, selbst wenn der Verkäufer noch so sympathisch ist. Zugleich gilt aber: Nur selten kaufen Kunden etwas bei ihnen unsympathischen Verkäufern – zumindest dann, wenn sie dasselbe oder ein ähnliches Produkt auch bei einem netten, ihnen sympathischen Verkäufer kaufen können. Und wenn die gute Beziehung zwischen Kunde und Verkäufer im Gesprächsverlauf abreißt, obwohl das Angebot eigentlich stimmt? Dann liegt das meist daran, dass der Verkäufer verbal oder nonverbal die falschen Botschaften auf der Beziehungsebene aussendet oder entsprechende Botschaften des Kunden entweder nicht wahrnimmt oder unangemessen auf sie reagiert.
Eine strategische Gesprächsebene einführen
Um ein Abreißen der Beziehung zu vermeiden, ist es sinnvoll, in Verkaufsgespräche eine „strategische Ebene“ einzuführen. Das heißt, Verkäufer sollten im Gespräch zum Beispiel regelmäßig überprüfen: Kommen meine Botschaften wie gewünscht an? Wie reagiert der Kunde auf sie? Signalisiert er mir „Ich fühle mich im Gespräch mit Dir wohl“ oder zeigt er erste Anzeichen von Desinteresse oder Ungeduld? Und wenn der Verkäufer eine Störung der Beziehung registriert? Dann sollte er zunächst darauf hinarbeiten, dass die Beziehung wieder stimmt – zum Beispiel, indem er seine (Körper-)Sprache und den Tonfall dem Gegenüber anpasst.
Wie wichtig es ist, im gesamten Gespräch feine Antennen für den Kunden zu haben, sei an einem Beispiel erläutert: Ein Installateur hat einem Kunden gerade eine Heizungsanlage mit ihren Vorzügen zum Beispiel im Bereich Energieeinsparung erläutert. Und nun sitzt der Kunde ihm mit Falten auf der Stirn gegenüber – grübelnd. Ein Installateur, der während seiner Produktpräsentation nicht auf die Reaktionen des Kunden achtete, zieht daraus schnell den Schluss „Mein Produkt sagt dem Kunden nicht zu“ und reagiert entsprechend verunsichert. Das Grübeln des Kunden kann aber auch das Gegenteil bedeuten: Der Kunde ist von den Möglichkeiten, die im das Heizsystem bietet, völlig begeistert. Die einzige Frage, die ihn noch beschäftigt, ist: Ist so ein System nicht schwierig zu bedienen? Nimmt der Installateur dem Kunden diese Angst zum Beispiel, indem er ihm zeigt, wie kinderleicht das System zu bedienen und warten ist, hat er es verkauft. Was tatsächlich zutrifft, kann ein Installateur jedoch, nur beurteilen, wenn er scharfe Antennen für die Signale des Kunden hat.
Auf Kundensignale angemessen reagieren
Ein weiteres Beispiel: Ein Kunde blickt im Verlauf eines Gesprächs auf seine Uhr. Das kann, muss aber kein Indiz für eine Störung der Verkäufer-Kundenbeziehung oder Desinteresse sein. Vielleicht hat der Kunde einen wichtigen Anschlusstermin. Wenn Sie als Verkäufer diesbezüglich unsicher sind, dann fragen Sie doch einfach: „Ich sehe, Sie schauen auf Ihre Uhr. Haben Sie einen wichtigen Anschlusstermin? Kann ich etwas tun, um den Zeitdruck von Ihren Schultern zu nehmen?“ Denn wenn Sie auf dieses Signal nicht reagieren, besteht die Gefahr, dass der Kunde, sofern er einen Termin hat, innerlich immer unruhiger wird und ihre Beziehung abreißt.
Vielleicht hat sich der Kunde aber auch, obwohl Sie noch so viel zu sagen oder zu erklären hätten, schon längst für Ihr Produkt entschieden? Und vielleicht möchte er statt mit Ihnen länger über die neue Heizung oder Haustür zu reden, lieber endlich den Vertrag unterschreiben? Auch das erfahren Sie nur, wenn Sie gelernt habe, die verbalen und non-verbalen (Kauf-)Signale des Kunden wahrzunehmen und darauf angemessen zu reagieren. Schulen Sie also Ihre Antennen für die emotionalen Reaktionen Ihrer Kunden. Es lohnt sich!
Über den Autor:
Ralph Guttenberger ist geschäftsführender Gesellschafter des Trainings- und Beratungsunternehmens Kaltenbach Training, Böbingen.