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Weltweit eine neue Vertriebsstrategie einführen und in den Köpfen der Mitarbeiter verankern – das ist eine herausfordernde Aufgabe. Entsprechend sorgfältig sollte sie geplant und gemanagt werden, wie das nachfolgende Fallbeispiel zeigt.

Anfang 2016 startete ein in Deutschland ansässiger Konzern*, der zu den führenden Herstellern elektronischer Bauteile für die produzierende Industrie weltweit zählt, ein Excellence-Programm, um seine ambitionierten Wachstumsziele zu erreichen. Ein zentraler Baustein dieses Programms war eine „Sales-Excellence-Initiative“ in deren Rahmen unter anderem eine neue, weltweit gültige Vertriebsstrategie für das Gesamtunternehmen entworfen wurde.

Neue Vertriebsstrategie entwickelt

Dies erachtete das Top-Management unter anderem aus folgenden Gründen als unabdingbar:

  1. Der weltweit agierende Konzern hatte mehrere Unternehmen gekauft. Diese zuvor eigenständigen Unternehmen hatten jeweils ihre eigene, historisch gewachsene Marktbearbeitungs- und Sales-Strategie. Durch das Entwickeln und Umsetzen einer die einzelnen Business-Units übergreifenden Vertriebsstrategie, die sich am Produktportfolio des Gesamtunternehmens orientiert, versprach sich der Konzern mittelfristig eine Umsatz- und Ertragssteigerung von über 20 Prozent.
  2. Der Konzern spürte zunehmend bei seinen Standardprodukten den Wettbewerb- und Preisdruck durch Anbieter aus dem osteuropäischen Raum und Asien. Deshalb wollte er sein Projektgeschäft, bei dem sich bessere Margen erzielen lassen, deutlich steigern – ebenfalls mittelfristig um circa 20 Prozent. Und:
  3. Die Dynamik der Märkte und zunehmende Digitalisierung ganzer Geschäftsprozesse in den Unternehmen erfordern heute eine neue Qualität und eine höhere Beratungskompetenz im Verkauf. Zudem ist mit Hilfe der modernen Informations-und Kommunikationstechnik eine andere Form der Marktbearbeitung möglich.

Vertriebsstrategie soll konzernweit umgesetzt werden

Die neue Vertriebsstrategie des Konzerns sollte nach ihrer Entwicklung im Rahmen der Sales-Excellence-Initiative im gesamten Unternehmen so implementiert werden, dass die Business-Units konzernweit zum Beispiel die Cross-Selling-Chancen aktiv nutzen. Bei der hierfür erforderlichen aktiven, strategischen Markbearbeitung sollten die Vertriebsmitarbeiter und -teams durch ein neues CRM-System unterstützt werden. Zudem sollten sie konzernweit basierend auf der neuen Strategie darin geschult werden,

  • mit System Absatz- und Verkaufschancen zu identifizieren,
  • die Beziehungen zu den Zielkunden gezielt auf- und auszubauen sowie
  • Kunden- und Verkaufsgespräche sowie Vertragsverhandlungen so zu führen, dass die Kunden den Mehrwert der Problemlösungen des Konzerns erkennen.

Als Partner für dieses Qualifizierungsprojekt wählten die verantwortlichen Konzernmanager das Machwürth Team International (MTI) aufgrund

  • seiner Man-power (450 Berater, Trainer weltweit),
  • seiner Erfahrung mit solchen Projekten und
  • seiner Erfahrung mit dem computer- und netzgestützten Lernen.

Ist-Situation weltweit analysiert

Nachdem diese Entscheidung getroffen war, wurde ein Projektteam bestehend aus Vertretern des Human Ressources- und Sales-Bereichs des Konzerns sowie MTI-Beratern formiert. Dieses erfasste zunächst die Ist-Situation weltweit, um hierauf aufbauend ein bedarfs- und zielorientiertes Qualifizierungskonzept zu entwerfen.

Als Basis hierfür dienten unter anderem persönliche, strukturierte Gespräche mit je circa einem Dutzend repräsentativer Mitarbeiter der drei Zielgruppen

  • Sales-Manager, also den für den Vertrieb verantwortlichen Führungskräften in den einzelnen Organisationseinheiten,
  • Account-Manager, also den Vertriebsmitarbeitern in den Business-Units, die primär im Außendienst für die Kunden- und Auftragsakquise zuständig sind, und
  • Inside-Sales-Mitarbeiter, also den Mitarbeitern im Innendienst, die im Arbeitsalltag für die Kundenbetreuung (mit-)verantwortlich sind und die Account-Manager bei ihrer Arbeit unterstützen.

Diese drei Personengruppen waren im Vorfeld als die Kernzielgruppen der Qualifizierungsmaßnahme identifiziert worden. Zudem war für jedes der drei angedachten Qualifizierungsprogramme für diese Personengruppen ein Konzeptpate nominiert worden, der für das Programm verantwortlich sein sollte. Hierbei handelte es sich stets um eine obere Führungskraft im Vertrieb.

Eine Maßnahme, drei Qualifizierungsprogramme

Die Ergebnisse der Gespräche mit den Sales- und Account-Managern sowie den Inside-Sales-Mitarbeitern wurden von dem Projektteam in einem Workshop reflektiert. Basierend auf ihnen sowie den Zielsetzungen der neuen Vertriebsstrategie wurde dann für die einzelnen Business-Units und Zielgruppen je eine Kompetenz-Matrix erarbeitet, in der die erfolgskritischen Fähigkeiten und Fertigkeiten für den künftigen Vertriebs- und Geschäftserfolg aufgelistet sowie gemäß ihrer Erfolgsrelevanz gewichtet waren.

Hierauf aufbauend wurde das Grobkonzept der Qualifizierungsprogramme für die drei Zielgruppen entworfen. Dieses wurde anschließend mit dem zuständigen Konzeptpaten erörtert und abgestimmt. Danach wurden die Feinkonzepte von dem Projektteam entwickelt und erneut mit den Paten abgestimmt. Als diese vorlagen wurden die Trainer mit den Programmen und deren Zielsetzungen vertraut gemacht – um sicherzustellen, dass konzernweit in allen Trainingsmaßnahmen dieselbe „Vertriebsphilosophie‘“ vermittelt wird und letztlich die gesamte Vertriebsmannschaft am selben Strang zieht.

Trainingskonzepte an Kulturen und Märkte angepasst

Im Herbst fanden die ersten Pilottrainings zunächst in Deutschland statt. Diese wurden stets von einem für die jeweilige Zielgruppe zuständigen Trainer-Tandem durchgeführt. Nach den Trainings wurden mit den Konzeptpaten, die an den Trainings teilgenommen hatten, deren Konzepte weiter optimiert. Auf dieser Grundlage erfolgten dann die weiteren Trainings im deutschsprachigen Raum.

Parallel dazu wurden die Konzepte für die Sales-Organisationen im nicht deutschsprachigen Ausland – unter anderem in Süd- und Osteuropa, in Asien sowie Nord- und Südamerika – den dortigen kulturellen Gepflogenheiten und Marktbedingungen angepasst, um die erforderliche Akzeptanz für eine globale Implementierung der neuen Marktbearbeitungs- und Sales-Strategie zu schaffen.

Diese Qualifizierungsmaßnahmen starteten Ende des Jahres. Insgesamt erstreckte sich die Programmentwicklung nebst weltweitem Roll-out des Trainingsprogramms über 1,5 Jahre, so dass gegen Ende 2017 in einem Workshop mit den Projektverantwortlichen eine Evaluierung der Qualifizierungsinitiative erfolgen konnte.

Konzern- und weltweites Rollout

Das Gesamtkonzept der Sales-Qualifizierungs-Initiative sah vor, dass die drei Zielgruppen weltweit in Kleingruppen stets an zwei 1,5 bis 3,5-tägigen Präsenztrainings teilnehmen (Sales Manager: 2 x 3,5 Tage; Account Manager: 2 x 2,5 Tage; Inside Sales Mitarbeiter: 2 x 1,5 Tage). Entschieden wurde mit den Führungskräften, also den Sales-Managern, zu starten. Nach ihrem ersten Trainings-Modul benannten sie die Teilnehmer aus ihrem Bereich für das Qualifizierungsprogramm für die Account-Manager und die Vertriebs-Innendienst-Mitarbeiter.

Die Sales-Manager bereiteten ihre Mitarbeiter selbst in Teamworkshop, die sie mit einem von MTI erstellten Moderationskonzept durchführten, auf die Qualifizierungsmaßnahme vor. Deren Präsenz-Module wurden jeweils mit Online-Modulen und Webmeetings vor- und nachgearbeitet; denn den Konzeptplanern war unter anderem wichtig, dass

  • in den Trainings kaum kognitives Wissen mehr vermittelt werden muss,
  • die Teilnehmer primär anhand von Fallbeispielen aus ihrem Vertriebsalltag das für das Umsetzen der neuen Strategie erforderliche Verhalten trainieren und
  • die Teilnehmer nach den Trainings einen Ansprechpartner für Umsetzungsfragen haben.

Zentrales Augenmerk auf Transfer in Vertriebsalltag

Dem entsprechend erfolgte auch die Methodenwahl in den Präsenztrainings. Dabei war das Gesamtkonzept auf ein weitgehend eigenverantwortliches Lernen ausgerichtet. Die Trainer standen den Teilnehmern jedoch stets als Lernpartner und Umsetzungscoach zur Verfügung, auch um den gewünschten Transfer zu sichern. Entsprechende Transferaufgaben wurden mit ihnen jeweils gegen Ende der Trainings vereinbart.

Nach diesem Grundkonzept wurden in 18 Monaten weltweit

  • fast 80 Sales-Manager in 10 Gruppen,
  • fast 200 Account-Manager in 20 Gruppen und
  • über 150 Vertriebsinnendienst-Mitarbeiter in 12 Gruppen qualifiziert.

In dem die Qualifizierungs-Initiative (vorläufig) abschließenden Evaluierungsworkshop stellten die anwesenden obersten Vertriebsverantwortlichen des Konzerns unter anderem fest, dass es diesem mit Hilfe des Qualifizierungsprogramms in „erstaunlich kurzer Zeit“ gelungen sei, die neue Marktbearbeitungs- und Sales-Strategie soweit in der Organisation zu verankern, dass diese „konzernweit verstanden und akzeptiert“ sowie

„im Vertriebsalltag weitgehend mit Leben gefüllt“ wird. Das spiegele sich auch in den Vertriebszahlen wider. Endgültig „in der DNA aller Mitarbeiter verankert“, sei die Strategie jedoch noch nicht. Doch dafür wird der Konzern mit seinen Führungskräften unter anderem mittels weiterer job-begleitender Qualifizierungsmaßnahmen – wie Team-Workshops in den Business-Units und Organisationseinheiten – noch sorgen.

*Das Unternehmen möchte, da die neue Vertriebsstrategie und die Qualifizierungsoffensive unter anderem auf einen Zusatz- und Hochverkauf abzielen, in dem Artikel nicht namentlich genannt werden.

Über die Autorin:

Machwurth, SabineSabine Machwürth ist geschäftsführende Gesellschafterin der international agierenden Unternehmensberatung Machwürth Team International (MTI Consultancy), Visselhövede (D), für die weltweit 450 Berater, Trainer und Projektmanager tätig sind.

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