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Wegschauen – das ist meist die schlechteste Lösung, wenn Anzeichen dafür sprechen, dass ein Mitarbeiter überlastet oder psychisch erkrankt ist. Dann sollten Führungskräfte ihr Herz in die Hand nehmen und aktiv werden.

Schon wieder ist derselbe Mitarbeiter krank. Und wenn er da ist? Dann wirkt er unkonzentriert und abwesend sowie gereizt, wenn man ihn zum Beispiel auf anstehende Termine anspricht.

Hat er einfach keine Lust zu arbeiten? Belastet ihn etwas? Soll oder muss ich ihn darauf ansprechen? Doch was dann tun? Denn ihm zu nahe treten und sich eventuell sogar in sein Privatleben einmischen, das will man als Führungskraft nicht. Also vielleicht doch besser über das Beobachtete hinwegsehen und nichts tun? Vielleicht verschlimmert sich die Situation ja sogar noch, wenn man sie anspricht?

Führungskräfte in der Bredouille

Die obigen Fragen zu beantworten, ist für Führungskräfte nicht leicht! Denn ihre Wahrnehmung ist stets subjektiv. Was für den einen normal ist, ist für den anderen auffällig. Verändert sich das Verhalten eines Mitarbeiters merk- und spürbar, kann eine psychische Belastung der Person die Ursache hierfür sein. Doch genau solche Themen anzusprechen, ruft bei den meisten Führungskräften (aber auch Mitarbeitern) eine große Unsicherheit hervor.

Viele Studien belegen die Zunahme der psychischen Belastungen und Erkrankungen von Mitarbeitern – auch aufgrund des gestiegenen Stresses in vielen Unternehmen, doch nicht nur. Und die Führungskräfte? Sie sehen sich mit einer steigenden Zahl von Fehltagen aufgrund psychischer Erkrankungen konfrontiert. Trotzdem ist das Thema im Betriebsalltag vieler Unternehmen noch weitgehend tabuisiert.

Woran Sie belastete Mitarbeiter erkennen

Ihre Aufgabe als Führungskraft ist es, dauerhafte Verhaltens- und Einstellungsveränderungen – sofern diese für die Arbeit relevant sind – bei Ihren Mitarbeitern zu erkennen. Das setzt voraus, dass Sie in einem regelmäßigen Kontakt mit den Mitarbeitern stehen. Anhaltende Veränderungen bei einem Mitarbeiter sollten für Sie ein Anlass sein, genauer hinzuschauen. Diese Veränderungen können sich unter anderem in folgenden Faktoren dokumentieren:

  • Die Fehlzeiten steigen.
  • Der Mitarbeiter reagiert schnell gereizt und wirkt ausgelaugt.
  • Das Erledigen der Alltagsaufgaben dauert merklich länger.
  • Der Mitarbeiter macht vermehrt Konzentrations- und Leichtsinnsfehler.
  • Der Mitarbeiter zieht sich sozial zurück.

Aktiv werden statt wegschauen

Wenn Sie solche Veränderungen bei einem Mitarbeiter feststellen, geht es nicht darum, dass Sie eine medizinische oder psychologische Diagnose stellen. Es ist jedoch Ihre Aufgabe als Führungskraft, die Situation nicht zu ignorieren, sondern anzusprechen – aufgrund Ihrer Funktion als Führungskraft.

Die nachvollziehbare Sorge, dass es hierdurch noch schlimmer werden könnte, ist meist unbegründet – sofern hinter Ihrem Ansprechen des Themas auch ein echtes persönliches Interesse von Ihnen am Wohlbefinden der Person steckt. Dann erlebt der Betroffene Ihr Aktiv-werden als Ausdruck persönlicher Wertschätzung und Angebot einer Unterstützung – bei Bedarf. Je früher eventuelle psychische Überlastungen und sich anbahnende Erkrankungen erkannt werden beziehungsweise ihnen präventiv entgegen gewirkt wird, umso besser ist dies nicht nur für den betroffenen Mitarbeiter, sondern für das gesamte Team. Denn auch dieses leidet darunter, dass einer ihrer Kollegen offensichtlich leidet.

Die 4 Schritte im Umgang mit belasteten Mitarbeitern

Schritt 1: Wahrnehmen der Veränderung

  • Um Veränderungen zu erkennen, braucht es einen regelmäßigen Kontakt mit den Mitarbeitern.
  • Keinesfalls sollten anhaltende (Verhaltens-)Veränderungen eines Mitarbeiters ignoriert werden oder sogar mit Kollegen hinter dem Rücken des Betroffenen besprochen werden.

Schritt 2: Ansprechen der Beobachtungen

  • Suchen Sie mit dem Mitarbeiter das Vier-Augen-Gespräch.
  • Sprechen Sie Ihre Beobachtungen in konkreten Situationen an.
  • Vermeiden Sie eigene Interpretationen und Beurteilungen der Situation.
  • Sollte der Mitarbeiter abwiegeln bzw. Ihre Beobachtungen nicht teilen, nötigen Sie ihn nicht dazu, Ihre Einschätzung zu teilen.
  • Bieten Sie dem Mitarbeiter Ihre Unterstützung an.

Schritt 3: (Veränderungs-)Initiative ergreifen

  • Fragen Sie den Mitarbeiter, ob und wenn ja, welche Unterstützung er sich von Ihnen, seinen Kollegen, dem Unternehmen wünscht.
  • Sichern Sie ihm Ihre aktive Unterstützung zu. Vereinbaren Sie mit ihm gegebenenfalls konkrete Maßnahmen.
  • Sollten sich Ihre Beobachtungen nach dem Gespräch nicht ändern, sondern sich eventuell sogar verschärfen, führen Sie mit dem Mitarbeiter erneut ein Gespräch, in dem Sie sein Verhalten thematisieren.
  • Beleuchten Sie mit dem Mitarbeiter betriebliche und im günstigsten Fall auch dessen private Ressourcen.

Schritt 4: Leitungsfunktion wahrnehmen

  • Führten mehrere Gespräche mit dem Mitarbeiter nicht zu einer Verbesserung, sollten Sie dazu übergehen, Ihre Erwartungen (zum Beispiel: Inanspruchnahme einer stützenden Maßnahme) zu formulieren.
  • Beziehen Sie betriebliche und außerbetriebliche Helfer ein.

Fazit: Offen und frühzeitig miteinander zu kommunizieren und gemeinsam, Lösungen zu suchen, wie die Arbeitsfähigkeit wieder hergestellt werden kann, erhöht die Wahrscheinlichkeit einer guten Lösung für alle Beteiligten um ein Vielfaches. Also sollten Sie als Führungskraft initiativ bzw. aktiv werden. Denn letztlich geht es darum, dass ein fähiger und bewährter Mitarbeiter Ihrem Betrieb erhalten bleibt.

Und für den Mitarbeiter? Für ihn geht es darum , dass er von seinem Vorgesetzten nicht nur als Arbeitskraft, sondern auch als Mensch gesehen wird; außerdem darum, dass er auf Dauer ein wertvoller und geschätzter Mitarbeiter für das Unternehmen sowie ein entsprechender Kollege im Team bleibt.

Über die Autorin:

Seitter Christina

Christina Seitter arbeitet als Trainerin und Beraterin für die Managementberatung Müllerschön, Starzeln bei Tübingen. Sie ist auf die Themenfeld Personalauswahl und -entwicklung, Selbst- und Stressmanagement spezialisiert.

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