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In unserer modernen, von rascher Veränderung und geringer Planbarkeit geprägten Welt wird es immer wichtiger, die eigenen Talente sowie Stärken zu kennen und gezielt weiterzuentwickeln. Sonst erreichen wir unsere (Lebens-)Ziele nicht.

„Was soll ich noch alles tun?“ Das fragen sich immer mehr Menschen. Denn in der modernen, von rascher Veränderung geprägten Welt wird von uns mehr Eigenverantwortung und -initiative erwartet. Wir sollen uns zum Beispiel kontinuierlich weiterbilden, um auch künftig für den Arbeitsmarkt attraktiv zu sein. Wir sollen für unser Alter vorsorgen. Außerdem sollen wir verstärkt auf unsere Gesundheit achten. Das überfordert uns schnell, sofern wir nicht einen Kompass haben, der uns hilft, in unserem Leben die richtigen Prioritäten zu setzen und mit unseren begrenzten Ressourcen – unter anderem Zeit und Energie – bewusst umzugehen.

Die Lebensvision realisieren

Die klassische Antwort auf diese Herausforderung in zahlreichen Selbstmanagement-Ratgebern lautet: „Sie brauchen eine Lebensvision, die Ihnen sagt, welche Ziele Sie in Ihrem Leben haben; dann werden Sie auch die richtigen Prioritäten setzen.“ Das stimmt! Die Praxis zeigt jedoch: Obwohl viele Menschen eine Lebensvision entwickelt und sogar schriftlich formuliert haben, fällt es ihnen schwer, diese zu realisieren. Oft bleibt die Vision eine Vision.

Eine zentrale Ursache hierfür ist: Meistens sind die zuhause im stillen Kämmerchen oder in einem Selbstmanagement-Seminar formulierten Lebensvisionen Wunschgebäude, die gemäß der Parole erstellt wurden: Ich erträume mir ein anderes Leben. Das ist an sich okay. Zu reinen Luftschlössern werden diese Lebensvisionen jedoch schnell, wenn ihnen keine Analyse zugrunde liegt:

  • Welche (individuellen) Ressourcen stehen mir zu Verfügung? Und:
  • Welche Fähigkeiten und Fertigkeiten habe ich?

Ohne Antworten auf diese Fragen sind auch die aus der den Visionen abgeleiteten Lebensplanungen auf Sand gebaut.

Ein Kompass für unsere Lebensplanung

Deshalb sollte mit dem Entwickeln einer Lebensvision eine Analyse unserer Talente und Stärken einhergehen. Denn wenn wir diese kennen, haben wir beim Entwickeln unserer Lebensvision und unseres Lebensplans eine Art Kompass dafür,

  • welche der damit verbundenen Aufgaben

wir aus eigener Kraft meistern können und

  • wofür wir uns eventuell Unterstützung organisieren sollten – weil wir in diesem Bereich keine Talente und entwickelten Stärken haben.

Durch eine entsprechende Analyse unserer Stärken und Talente wird unsere Lebensplanung geerdet. Zugleich erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass wir unsere Lebensvision realisieren, da sie es uns ermöglicht, unsere Lebensplanung auf die Bereiche zu fokussieren, in denen unsere Stärken legen. Setzen wir unsere Stärken ein, gehen uns die damit verbundenen Aufgaben leicht von der Hand und wir erzielen gute Ergebnisse. Diese Erfolgsergebnisse steigern wiederum unsere Motivation, unsere Talente und Stärken noch intensiver zu nutzen, um noch bessere Ergebnisse zu erzielen, so dass wir uns Schritt für Schritt unserer Lebensvision nähern.

Aus Talenten Stärken entwickeln

Jeder Mensch hat viele Talente. Doch nicht selten sind sie verborgen. Das heißt, die betreffenden Personen sind sich ihrer vielfach nicht bewusst; zumindest werden sie nicht aktiv genutzt. Also tragen sie auch keine Früchte.

Talente erkennt man in der Regel daran, dass einem Menschen eine Tätigkeit leicht von der Hand geht und sie ihm Spaß macht, weshalb auch die Resultate überdurchschnittlich sind. Ähnlich wie dies bei jungen Sport-Talenten der Fall ist, die auch ohne ein gezieltes Training in einer Sportart deutlich bessere Leistungen als ihre Altersgenossen erbringen. Ein Talent ist jedoch noch keine Stärke. Zu einer Stärke wird ein Talent erst durch systematisches Training und Erfahrung – weshalb sich mit der Zeit auch immer bessere Ergebnisse einstellen, was wiederum die eigene Motivation erhöht.

Die Stärken analysieren

Diesen Entwicklungsprozess kann jeder Mensch bei sich in Gang setzen, indem er ermittelt, wo seine Talente und Stärken liegen; beispielsweise indem er – alleine oder unterstützt von einem Coach – mit Blick auf die eigene Biografie analysiert, was sind

  • meine bereits genutzten Stärken – also die Fähigkeiten, auf die ich oft und gerne zurückgreife, weil sie mir leicht fallen und ich damit gute Ergebnisse erziele,
  • meine bisher (weitgehend) ungenutzten Stärken – also die Fähigkeiten, die ich noch nicht so oft einsetze, wie ich dies könnte oder gerne täte,
  • meine Schwachpunkte – also die Tätigkeiten, die mir weniger leicht von der Hand gehen und bei denen ich keine Top-Ergebnisse erziele, weil gewisse Fähigkeiten oder Eigenschaften, die hierfür nötig wären, bei mir eher gering ausgeprägt sind, und
  • meine überzogenen Stärken – also die Fähigkeiten, die bei mir zu stark ausgeprägt sind, was mir manchmal sogar Probleme bereitet, weil ich sie zum Beispiel auch bei Aufgaben einsetze, bei denen dies nicht zielführend ist.

Ein Stärkenprofil erstellen

Doch mit dieser Analyse ist nur der erste Schritt zum Ermitteln und Entwickeln Ihrer Stärken getan. Denn generell lassen sich fünf Arten von Stärken unterscheiden. Neben analytischen gibt es entdeckende, praktische, kooperative und stabilisierende Stärken. Und abhängig davon, welchem Stärkenbereich die meisten Stärken eines Menschen zuzuordnen sind, fallen ihm auch bestimmte Arten von Aufgaben und Tätigkeiten eher leicht oder schwer. Zu wissen, welche dies sind, ist unter anderem für die Berufswahl und die Karriereplanung wichtig.

Deshalb sollten Sie sich bezogen auf die mit Hilfe der Stärkenmap ermittelten Stärken zudem fragen: Um welche Art von Stärke handelt es sich hierbei? Recht einfach gelingt Ihnen die Zuordnung, indem Sie zum Beispiel überlegen: Welche Eigenschaften würde ich mir aufgrund dieser Stärke zuschreiben? Angenommen die Antwort lautet „Ich bin reflektiert“ oder „Ich arbeite genau“. Dann handelt es sich hierbei um eine analytische Stärke. Angenommen die Antwort lautet „Ich bin wissensdurstig“ oder „Ich bin innovativ“. Dann deutet dies auf eine entdeckende Stärke hin. Wenn Sie Ihre einzelnen Stärken und Talente so genauer analysieren, entsteht mit der Zeit Ihr Stärkenprofil beziehungsweise eine Art Landkarte Ihrer Stärken und Talente.

Die individuellen Stärken mit System entwickeln

Hierauf aufbauend können Sie sich dann wiederum alleine oder im Dialog mit einem Coach fragen: Welche Aufgaben sollte ich künftig verstärkt übernehmen, damit ich meine Stärken noch besser oder umfassender nutzen kann? Außerdem: Was sollte ich künftig weniger tun, weil dies, salopp formuliert, nicht „mein Ding“ ist? Wenn die Ergebnisse vorliegen, können Sie zum Beispiel das Gespräch mit Ihrem Kollegen oder Ihrem Lebenspartner suchen, um gemeinsam zu einer neuen Aufgabenverteilung zu gelangen, die Ihrer beider Stärken mehr entspricht – weshalb Sie mittelfristig auch beide zufriedener sind und sowohl alleine, als auch als Team bessere Ergebnisse erzielen.

Aufgrund Ihres Stärkenprofils können Sie sich zudem – erneut entweder alleine oder zum Beispiel mit einem Coach oder Ihrem Vorgesetzten – mögliche Entwicklungsmaßnahmen für sich überlegen, damit sich Ihre noch ungenutzten Talente zu Stärken entwickeln und Ihre Stärken weiter gefestigt werden.

Ein Gewinn für alle Beteiligten

An Ihrem Arbeitsplatz kann dies die Übernahme neuer Aufgaben sein, die sich mehr an Ihren Stärken orientieren. Das hat den Vorteil, dass Sie beim Wahrnehmen Ihrer Aufgaben intrinsisch motiviert sind, weil sie Ihnen leicht von der Hand gehen und Sie dabei überdurchschnittlich erfolgreich sind – wovon auch das Unternehmen profitiert. Also haben Sie auch mehr Erfolgserlebnisse und Ihr Job verschafft Ihnen mehr Befriedigung – insbesondere dann, wenn Sie zudem von Ihrem Umfeld ein positives Feedback erhalten. Dann ragen Sie sich nahezu automatisch:

  • Wie kann ich die betreffende Aufgabe künftig noch besser machen? Und:
  • Bei welchen anderen Aufgaben kann ich meine Stärken noch entfalten?

Sie zeigen also mehr Eigeninitiative und -verantwortung, und dies führt mittelfristig auch zu einer Entlastung Ihrer Führungskraft, da sie weiß: Bei Ihnen ist ein bestimmter Typ Aufgaben in den allerbesten Händen. Sie sind sozusagen der Spezialist hierfür.

Ähnlich verhält es sich im privaten Bereich. Angenommen Sie haben zum Beispiel eher entdeckende Stärken, und Sie Aufgaben, die viel Detailgenauigkeit erfordern,  langweilen Sie schnell. Dann sollten Sie beispielsweise eher solche Aufgaben wie das Neugestalten Ihres Gartens übernehmen, während Sie Aufgaben wie die Steuererklärung-machen entweder Ihrem Lebenspartner überlassen oder gar an einen Steuerberater delegieren. Das steigert Ihr Lebensglück und bringt Sie dem Realisieren Ihrer Lebensvision näher.

Aus Stärken-Bewusstsein folgt Selbst-Bewusstsein

Ein gezieltes Stärkenmanagement wird in unserer von rascher Veränderung und geringer Planbarkeit geprägten Welt für den (Lebens-)Erfolg immer wichtiger. Denn in ihr stehen wir häufiger vor neuen Herausforderungen – Herausforderungen, die von uns erfordern, dass wir unser bisher gewohntes Verhalten überdenken und gegebenenfalls verändern. Das kann uns schnell verunsichern und im Extremfall in Lebenskrisen stürzen. Kennen wir jedoch unsere Stärken, dann sind wir auch entsprechend selbst-bewusst. Das heißt, wir wissen einerseits, worin wir richtig gut sind und welche Herausforderungen wir folglich beherzt und voller Zuversicht angehen können; wir wissen andererseits jedoch auch, bei welchen Aufgaben wir uns eine tatkräftige Unterstützung organisieren sollten, damit wir sie bewältigen und unsere Lebensvision Realität wird.

Über den Autor:

Rebmann-FrankFrank Rebmann, Stuttgart, arbeitet als (Führungskräfte-)Trainer, Berater und Coach für Unternehmen. Als solcher hat er sich auf das Themenfeld „Stärkenmanagement“ spezialisiert. Im August 2017 erschien im Campus-Verlag sein Buch „Der Stärken-Code: Die eigenen Talente entschlüsseln, anerkennen und weiterentwickeln“.

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