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Viele B2B-Verkäufer denken noch zu stark in Produktkategorien. Deshalb können sie den Kunden oft nicht vermitteln, dass ihre „Problemlösung“ ihnen mehr Nutzen als das Konkurrenzprodukt bietet. Die Folge: weniger Aufträge und endlose Preisdiskussionen.

„Ihr müsst den Kunden einen Mehrwert bieten – verglichen mit den Mitbewerbern. Denn nur dann kauft der Kunde euer Produkt und zahlt euch hierfür eventuell sogar einen höheren Preis.“ Diese Aussage hört man oft in Verkaufsseminaren. Auf diesen Appell reagieren viele Verkäufer wie folgt: In ihren Verkaufsgesprächen erläutern sie den Kunden – gemäß der Maxime „viel hilft viel“ –  ausführlich die technischen Merkmale ihres Produkts und welche Vorzüge sich hieraus aus ihrer Sicht für den Kunden ergeben. Und irgendwann stellen sie erstaunt fest: Der Kunde interessiert sich überhaupt nicht hierfür, weil der beschriebene „Mehrwert“ gar nicht seinen Bedürfnissen entspricht.

Deshalb sollten Verkaufs- und Vertriebsleiter ihren Mitarbeitern immer wieder vermitteln: Was aus Sicht des Kunden ein „Mehrwert“ ist, ergibt sich stets aus dessen Bedarf und Zielsetzungen. Also gilt es diese Faktoren vor dem Verkaufsgespräch oder in dessen Startphase zunächst zu erkunden.

Kernfrage: Was will und braucht der Kunde?

„Das tun wir doch“ – das erwidern Verkäufer oft auf einen entsprechenden Hinweis. Stimmt, die meisten Investitionsgüterverkäufer fragen ihre Kunden, welche (technischen) Anforderungen diese an das Produkt haben. Sie gleichen damit einem Autoverkäufer, der seine Kunden fragt:

  • „Wie viele Sitze soll das Auto haben?“
  • „Wie schnell soll es fahren?“ Und:
  • „Wie viel darf das Fahrzeug kosten?“

Dies ist das typische Vorgehen eines Produktverkäufers.

Ein Verkäufer von Industriegütern und -dienstleistungen hingegen, der sich als Lösungsverkäufer versteht, erkundigt sich im Verkaufsgespräch oder Kundenkontakt zunächst detailliert:

  • Welches Geschäft betreibt der potenzielle Kunde?
  • Womit versuchte er sich bisher in seinem Markt von seinen Wettbewerbern zu differenzieren? Was macht ihn bei seinen Kunden erfolgreich?
  • Womit könnte er sich noch differenzieren? Was hindert ihn im Moment daran, noch erfolgreicher zu sein?
  • Wofür braucht der Zielkunde eine (Problem-)Lösung? Welche Ziele möchte er damit erreichen?
  • Welche Anforderungen sollte aus Kundensicht die Lösung folglich erfüllen? Wie sollte die Lösung demzufolge gestaltet sein?
  • Wie lässt sich die Wirtschaftlichkeit darstellen? Betrachtet der Kunde die Anschaffungskosten oder die Total Costs of Ownership?
  • Welche Kostenarten werden dabei betrachtet? Entscheidet der Einkäufer aufgrund des Stückpreises oder des Verwendungspreises?

Aus den Antworten auf diese und viele weitere Fragen kann ein Lösungsverkäufer ableiten, was für den Kunden ein echter „Mehr-Nutzen“ ist.

Lösungen statt Produkte verkaufen

Einige Verkäufer mögen denken: Wozu muss ich das alles wissen, wenn ich dem Kunden zum Beispiel eine Fräse oder einen Kompressor, ein CRM-System oder Kopierer verkaufen möchte? Dann ist doch klar, wozu er die Maschine oder Software braucht. Nein! Das sei am recht einfachen Beispiel Kopierer illustriert. Einen Kopierer kann man für das Ablichten einzelner Dokumente für die Ablage und für das Erstellen von Massenmailings benötigen. Man kann ihn zum Vervielfältigen kleiner Bilder oder riesiger Baupläne verwenden. Und es macht auch einen Unterschied, ob ein Kopierer regelmäßig von denselben drei, vier Personen benutzt wird oder von Hunderten von Personen sporadisch, die in der Regel nicht wissen, auf welchen Knopf sie drücken müssen, wenn sie zum Beispiel eine Verkleinerung wünschen.

Ähnlich verhält es sich bei Fräsen und CRM-Systemen. Auch bei ihnen kann der Bedarf unter anderem aufgrund des Geschäftsfelds des Unternehmens und seiner Zielsetzungen sowie der bereits vorhandenen technischen Infrastruktur sehr verschieden sein. Also sind für die Kaufentscheidung auch unterschiedliche Kriterien entscheidend.

Folglich sollte ein Verkäufer all diese „Details“ in Erfahrung bringen, damit er dem Kunden aufzeigen kann, warum seine Problemlösung für ihn die „preis-werteste“ ist – obwohl sie nicht die billigste ist. Denn welchen Nutzen hat ein Betrieb zum Beispiel von einem in der Anschaffung günstigen Kopierer, der permanent defekt ist, weil Hunderte von Menschen ihn benutzen, die nicht wissen, wie er zu bedienen ist? Und ist ein „billiger“ Kopierer, der ständig repariert werden muss, auf die Dauer nicht teurer als ein Gerät, das weitgehend störungsfrei arbeitet? Und könnte es für manche Kunden nicht sogar preiswerter sein, einen Leasingvertrag abzuschließen, der auch die Wartung enthält?

Nur wenn Verkäufer einen Kunden und dessen Bedarf sehr genau kennen, können sie ihm die für ihn vorteilhafteste Lösung anbieten; außerdem können sie ihm nur dann aufzeigen, welches Mehr an Nutzen, ihm die vorgeschlagene Lösung bietet. Das gilt insbesondere für Industriekunden. Denn diese interessieren die reinen Anschaffungs- oder Beschaffungskosten meist nur am Rande. Viel wichtiger sind für sie die Fragen:

  • Erreiche ich mit der vorgeschlagenen Lösung meine Ziele? Und:
  • Wie hoch sind die „Total Costs of Ownership“?

Das heißt:

  • Mit welchen Gesamtkosten muss ich im Verlauf der Nutzungsdauer zum Beispiel des angeschafften Geräts rechnen?
  • Welche Material- und Energiekosten kommen auf mich zu?
  • Wie hoch ist der Wartungsbedarf – an Zeit und Geld?
  • Wie zeitaufwändig ist das Umrüsten oder Updaten?
  • Wie hoch ist der Schulungsaufwand für meine Mitarbeiter?

All diese Fragen stellen sich Kunden bei der Kosten-Nutzen-Abwägung, die sie vor der Kaufentscheidung vornehmen.

Die preis-werteste Lösung für den Kunden erarbeiten

Denn anders als von vielen Verkäufern unterstellt, lautet das oberste Ziel der Unternehmen nicht: Kosten senken. Ihr oberstes Ziel lautet meist: (möglichst viel) Gewinn erzielen. Und das Senken der Kosten ist nur ein Weg, um dieses Ziel zu erreichen. Langfristig erfolgversprechender ist der Weg, mehr zu verkaufen und höhere Gewinnspannen zu erzielen – zum Beispiel, indem das Unternehmen sich mit neuen Problemlösungen und Verfahren neue Kundengruppen oder Marktsegmente erschließt. Das sollten sich Verkäufer vor Kundengesprächen regelmäßig vor Augen führen. Denn hieraus ergeben sich für sie ganz neue Wege, den Kunden den Mehrwert ihrer Problemlösungen aufzuzeigen, und endlosen Kosten- sowie Preisdebatten zu entgehen.

„Der Kunde braucht keine Bohrer, sondern Löcher.“ Er braucht also keine Produkte, sondern Unterstützung beim Erreichen seiner Ziele. Diese Verkäuferweisheit sollten sich nicht nur B2B-Verkäufer immer wieder vor Augen führen. Denn dann können sie ihren Kunden mehr verkaufen und bessere Preise erzielen.

Über den Autor:

Schreiber, PeterPeter Schreiber ist Inhaber des Beratungs- und Trainingsunternehmens PETER SCHREIBER & PARTNER, Ilsfeld und Autor des Buchs „Das Beuteraster – 7 Strategien für erfolgreiches Verkaufen“ (Orell Füssli Verlag).

1 Kommentar

  1. Völlig richtig, die eigentliche Frage ist immer wie kann ich mit meinen Produkten oder Dienstleistungen einen Kunden optimal unterstützen. Leider denken die wenigsten Vertriebsmitarbeiter kundenorientiert, oft wird die reine Produktorientierung auch von den Vorgesetzten vorgelebt, ein großer Fehler und erhebliches Potential das verschwendet wird.

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