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Betrachten wir die Sachlage nüchtern. Es gibt unzählige Artikel über das Thema „Positionierung“. Von der Definition über die Erfolgsfaktoren bis hin zur Entwicklung und Umsetzung. Wissenschaftlich ernst bis werberisch locker. Und deshalb habe ich mich kurzfristig entschlossen hier keinen weiteren zu verfassen. Da drängt sich natürlich die Frage auf: was mache ich dann mit den mir zur Verfügung stehenden 8.000 Zeichen? Nun, ich werden Ihnen einfach eine Geschichte erzählen. Und zwar jene vom Kutscher Salim.

Besagter Kutscher (die Figur wurde übrigens von Rafik Schami, einem sehr bekannten Märchenerzähler erfunden), war ein kleiner etwas schmächtiger Mann, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte, Passagiere von Damaskus nach Beirut und wieder retour zu bringen. Die Zwei-Tages-Strecke war bei den Fahrgästen sehr beliebt – und so auch bei Räubern und anderen Kutschern. Der Kampf um die Kunden war unbarmherzig und wurde oft durch harte Fäuste entschieden.

Doch Salim musste selten kämpfen, denn er war schlau. Bei jeder Fahrt hinterließ er den Räubern mal etwas Wein mal etwas Tabak am Straßenrand zurück und wurde so immer verschont. Und bald galt er unter den Kunden als die sicherste Möglichkeit auf besagter Strecke zu reisen.

Aber auch damals hat die Konkurrenz nicht geschlafen. Schnell war die List beobachtet und imitiert. Salim hatte nun keinen Vorteil mehr gegenüber den anderen. Er war verzweifelt. Eines Tages begann er aus einer Laune heraus, einem Passagier ausführlich über die Räuber zu erzählen. Am Ende der Fahrt rief dieser: „Junger Mann, die Zeit mit dir war so kurzweilig. Ich bin schon sehr gespannt, wie die Geschichte weitergeht“. Von da an versprach er den Fahrgästen vom Beginn der Reise bis zur Ankunft Geschichten zu erzählen, sodass sie die Mühen der Reise gar nicht spüren würden. Das war seine Rettung; denn kein anderer Kutscher konnte so gut erzählen wie er.

Da Salim immer wieder neue Geschichten benötigte, begann er die Fahrgäste nach solchen zu fragen. Und es gab unter den Leuten immer wieder jemanden, der zu erzählen begann. Salim merkte sich die Geschichte, würzte sie etwas nach und erzählte sie seinen nächsten Fahrgästen. So war sein Vorrat immer frisch und unerschöpflich.

Strategische Planung und Positionierung

Ja, richtig – Sie haben mich ertappt. Ich habe Ihnen diese Geschichte mit einem listigen Hintergedanken erzählt. Denn der Kutscher Salim macht intuitiv einiges richtig, was einerseits in vielen schlauen Büchern und Publikationen oft sehr kompliziert dargestellt und andererseits speziell für Trainer und Coaches erfolgsentscheidend sein kann.

Er baut sein Geschäft auf seine wichtigste Stärke auf – seine scharfe Zunge – und macht diese zum Teil seiner Kernleistung. Damit schafft er sich ein eindeutiges Merkmal in den Köpfen seiner Passagiere. Und das Wichtigste daran: er macht es bewusst. Natürlich, wenn man wollte, so könnte man auch strategische Planung dazu sagen – aber damals fand man diesen Begriff in keiner Literatur und auch wenn – Salim konnte gar nicht lesen.

Auf alle Fälle ist diese Kernleistung in den Köpfen der Reisenden fest mit dem Kutscher Salim verbunden. Heute würde man diese Tatsache als klare Positionierung bezeichnen. Er unterscheidet sich also von seinen Mitstreitern durch eine bestimmte ihm direkt zuordenbare Besonderheit, die seinen Kunden einen Mehrwert bringt. Und dieser war so bedeutend, dass die Fahrgäste lieber mit ihm, als mit einem anderen Kutscher fuhren.

Gesetzt den Fall ein anderer Kutscher, der Erzählkunst mittelmäßig bis gar nicht mächtig, hätte sich von einem hervorragenden Künstler aus Damaskus auf seine Kutsche ein farbenprächtiges Zeichen malen lassen – in meiner berauschenden Kreativität würde ich sagen ein offenes dickes Buch – und darunter geschrieben „Geschichtenexpress“. Dem nicht genug: er hätte in jeder Spelunke in Damaskus und Beirut große Tafeln mit seiner besonderen Leistung angebracht. Hätte dies langfristig an der Gesamtsituation etwas geändert? Wohl kaum. Denn bereits nach der ersten Fahrt wäre es klar gewesen: Eine Marke (man könnte Salim durchaus als eine solche bezeichnen) ist mehr als ein Zeichen und Kommunikation.

Mehrwert für den Kunden schaffen

Wie gesagt – ich wollten nur eine Geschichte erzählen – sie erinnern sich: der 8.000 Zeichen wegen. Aber der Hintergedanke der Geschichte und vor allem der Kutscher mit dem erfolglosen „Geschichtenexpress“ lassen mich noch nicht ganz los. Es drängt sich die Frage auf: Was hätte besagter Wettbewerber von Salim lernen können? Ich würde hier auf folgende Punkte kommen:

  • Sich auf die eigenen Ressourcen besinnen und daraus unter Berücksichtigung der Marktlage eine Geschäftsmodell definieren – im konkreten Fall: z.B. „Express“, immerhin dauerte die Reise zwei beschwerliche Tage.
  • Zielgruppen definieren und sich dessen Lebensumständen beschäftigen – im konkreten Fall: z.B. Geschäftsleute.
  • Alle Aktivitäten wie Produkt- und Servicemanagement, Marketing & Vertrieb etc. auf das Geschäftsmodell und den daraus entstehenden Mehrwert aufbauen: z.B. in schnelle Pferde investieren.
  • In der Kommunikation den Mehrwert in eine gute Geschichte mit Nutzenargumentation verpacken und gezielt an die Zielgruppe bringen – im konkreten Fall: z.B. Platzierung bei Banken oder in Kaffees, in denen Geschäftsleute häufig verweilen, Nutzenargumentation: Mehr Zeit für die eigenen Geschäfte.

Speziell für Trainer und Coaches – der Markt ist ja doch hart umkämpft – ist es wichtig, sich auf seine persönlichen Stärken zu fokussieren und alle vorhandenen zeitlichen und finanziellen Ressourcen fokussiert auf diese einzusetzen. Dies gilt vor allem für meist sehr kostspielige Kommunikation auf Unternehmens- oder Produktebene. Doch eine solche Punktgenauigkeit und Zielfokussierung in den Aktivitäten funktionieren nur dann, wenn strategische Ziele und Richtungen definiert wurden – die zentrale Aufgabe des Managements.

Ob genannte vier Punkte mögen auf den ersten Blick sehr einfach erscheinen. Doch bekanntlich sind die einfachsten Dinge oft die schwierigsten.

Und was das Ganze mit der Maus zu tun hat? Gar nichts – aber vielleicht haben Sie den Artikel ja gerade wegen der Überschrift gelesen – tja, und diese Tatsache würde man dann wohl strategisch schlau geplante Kommunikation nennen. Aber das ist ein anderes Kapitel.

Über den Autor

Helmut Franceschini ist Geschäftsführer von SEEKYOU | Strategy and Brand Consultancy. Das international ausgerichtete Beratungsunternehmen befasst sich mit der klaren Richtung auf Unternehmens-, Produkt- und Markenebene. Dort ist er als führender Kopf, als Berater und Trainer tätig. Gemeinsam mit seinem Team hat er zahlreiche Strategieprojekte für Kunden aus unterschiedlichsten Branchen federführend begleitet – von Industrie und Handel über Transport- und Finanzdienstleistung bis hin zu Konsumgütern und Online-Businesses.

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