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Das Entwickeln der besten Problemlösung erfordert oft Experten-Know-how. Also sollten die Experten in den Unternehmen ihr Spezialwissen so präsentieren und vermitteln können, dass ihre Kollegen und Vorgesetzten auf ihre Empfehlungen hören. Das Unternehmen Swarovski vermittelt seit 2011 in firmeninternen Weiterbildungen Mitarbeitern mit erfolgsrelevantem Fachwissen diese Kompetenz.

Die Leistungsfähigkeit eines Unternehmens hängt stark von der fachlichen Kompetenz seiner Mitarbeiter ab; zudem davon, wie effektiv das Fach-Know-how der Mitarbeiter genutzt wird. Das war schon immer so. Im zurückliegenden Jahrzehnt haben sich aber die Arbeitsstrukturen und -beziehungen in den Betrieben radikal verändert. Und die bereichs- und hierarchieübergreifende Team- und Projektarbeit? Sie ist heute „ein zentraler Erfolgsfaktor der meisten Unternehmen“, betont Christina Hofer, Head of Talent Development bei dem weltweit agierenden Unternehmen Swarovski, Wattens (Österreich), das die breite Öffentlichkeit primär wegen seiner aus Kristall gefertigten Schmuck-, Accessoire- und Textil-Komponenten kennt.

Dadurch veränderten sich außer den Anforderungen an die Führungskräfte, auch die Anforderungen an die Träger des für den Unternehmenserfolg wichtigen Fach-Know-hows. Sie müssen sich heute viel intensiver als früher mit den Kollegen im eigenen Bereich und oft sogar gesamten Unternehmen austauschen und mit ihnen Problemlösungen entwerfen. Als Spezialisten haben sie zudem häufig bezogen auf gewisse Aufgaben ein größeres Fachwissen als ihre Vorgesetzten. Also sollten sie auch mit ihnen regelmäßig das Gespräch suchen – um sie zum Beispiel auf Risiken und Chancen hinzuweisen, die sich aus gewissen Problemlösungen ergeben.

Weiterbildung zum „Fachexperten“ gestartet

Vor diesem Hintergrund beschloss das Unternehmen Swarovski, für das weltweit circa 25 000 Personen arbeiten, 2011, an seinem Stammsitz in Wattens (Tirol) ein Weiterbildungsprogramm für die Mitarbeiter zu starten, „die Träger erfolgsrelevanten Fachwissens sind“. Damit verfolgte das Familienunternehmen laut Christina Hofer unter anderem folgende Ziele: Bei den Know-how-Trägern sollten die Kompetenzen ausgebaut werden, die sie aufgrund der verändernden Anforderungen für ein erfolgreiches Wahrnehmen ihrer Funktion brauchen. Außerdem wollte Swarovski ihnen mit der Weiterbildung zum „Fachexperten“ eine Entwicklungsperspektive jenseits der Führungslaufbahn aufzeigen – als Ausdruck der Wertschätzung ihrer Arbeit und um sie emotional noch stärker ans Unternehmen zu binden. Denn zu diesem Zeitpunkt spürte Swarovski bereits: Aufgrund des demografischen Wandels wird es zunehmend schwierig, Mitarbeiter mit dem benötigten Know-how und Persönlichkeitsprofil zu finden. Als Partner für das Entwicklungsprogramm wählte Swarovski das Beratungsunternehmen Voss+Partner, Hamburg – weil dieses bereits Erfahrung mit ähnlichen Projekten hatte. Zudem wurden seine Train-the-trainer-Seminare mit Bestnoten von der Stiftung Warentest ausgezeichnet.

Im Dialog entwickelten die beiden Partner das Konzept für eine berufsbegleitende Weiterbildung der Know-how-Träger zu sogenannten Fachexperten, die sich über drei Monate erstreckt. Sie besteht aus sechs Ausbildungsmodulen, wobei jeweils zwei Module zu einem zweitägigen Seminar zusammengefasst sind.

Experten reflektieren ihre Rolle und Funktion

Das erste Modul trägt die Überschrift „Das eigene Rollenverständnis klären – sich selbst und andere besser verstehen“. In ihm befassen sich die Teilnehmer unter anderem mit der Frage, inwiefern sich die Arbeitsinhalte, -strukturen und -beziehungen in ihrem Bereich gewandelt haben und welche neuen Anforderungen hieraus an sie als Träger von erfolgsrelevantem Wissen erwachsen. Das Ziel hierbei ist laut Karin Unger, Projektmanagerin bei Voss+Partner: Den Teilnehmern soll bewusst werden, dass es zu ihren Aufgaben zählt, „ihr Wissen aktiv in die Organisation einzubringen und es ihren Vorgesetzten sozusagen zu verkaufen“ – unter anderem um diese vor Fehlentscheidungen zu bewahren. Sie müssen außerdem, ihr Fachwissen an ihre Kollegen weitergeben, „damit diese ihre Arbeit zielorientiert planen und gestalten können“.

Hierauf aufbauend beschäftigen sich die Teilnehmer anhand eines vorab erstellten individuellen DISG-Persönlichkeitsprofils mit den Fragen: Welche Denk- und Verhaltenspräferenzen habe ich und inwieweit unterscheiden sich diese von denen anderer Personen? Dabei lautet das übergeordnete Ziel: Die Teilnehmer sollen lernen, sich auf andere Menschen, mit denen sie beruflich zu tun haben, einzustellen, damit ihre Botschaften von ihnen angenommen und Konflikte vermieden werden.

Experten sind auch Wissensvermittler

Im zweiten Modul „Der Experte als Wissensvermittler“ erfahren die Teilnehmer, dass es außer verschiedenen Persönlichkeits- auch unterschiedliche Lerntypen gibt, weshalb sie die Wissensvermittlung, abhängig davon, mit wem sie kommunizieren, anders gestalten müssen – zumindest wenn sie beim Gegenüber eine Einstellungs- oder Verhaltensänderung auslösen möchten. Zudem üben die Teilnehmer an Praxisbeispielen Wissen zu vermitteln. Dabei lernen sie nicht nur die allgemeinen Regeln für das Vermitteln komplexer Inhalte kennen (wie „vom Allgemeinen zum Besonderen“), geübt wird auch das Verwenden sprachlicher Bilder, um Sachverhalte zu verdeutlichen. Auch so scheinbar banale Dinge, wie den Blickkontakt suchen und halten, werden trainiert – zum Beispiel in zwei Auftritten vor der Ausbildungsgruppe, die die Teilnehmer zuvor planen.

Im dritten Modul „Konfliktfrei kommunizieren“ erfahren die Teilnehmer, wie schnell Missverständnisse entstehen. Hierzu dient eine Übung, bei der eine Gruppe von Teilnehmern zunächst ein Objekt aus 22 Lego-Steinen baut. Danach soll eine zweite Gruppe, die hinter einer Trennwand steht und das Objekt nicht sieht, dieses rein anhand der mündlichen Anweisungen der ersten Gruppe nachbauen. Hierbei wird rasch klar, wie schnell wechselseitige Schuldzuweisungen und Kränkungen entstehen, wenn etwas nicht auf Anhieb klappt. Hierauf aufbauend wird den Teilnehmern vermittelt, wie sie zum Beispiel durch ein aktives Zuhören Missverständnisse und durch Ich-Botschaften Kränkungen vermeiden können. Trotzdem treten im Betriebsalltag, wo es meist hektischer als in einem Seminar zugeht, immer wieder Irritationen auf. Deshalb trainieren die Teilnehmer auch, (zwischenmenschliche) Probleme strukturiert zu bearbeiten.

Menschen ohne Weisungsbefugnis führen

Im vierten Baustein geht es um das Steuern von Gruppen und Teams – und zwar mit und ohne Weisungsbefugnis, wie Helmut Gassmer, Head of Process Engineering, und Gerda Sparber, Talent Development-Verantwortliche bei Swarovski betonen, die mit Christina Hofer die Verantwortung für die Weiterbildung tragen. Denn im Betriebsalltag müssen die Fachexperten, wenn es um das Entwerfen oder Umsetzen gewisser Problemlösungen geht, oft auch Kollegen oder gar Vorgesetzte „führen“. Deshalb befassen sich die Teilnehmer nun mit den Entwicklungsphasen, die Gruppen und Teams auf dem Weg zum Spitzen-Team durchlaufen; außerdem erfahren sie in Praxisübungen, was nötig ist, damit Teams optimal funktionieren und wie man Meinungsbildungs- und Entscheidungsprozesse in ihnen steuert.

Im fünften Modul „Der öffentliche Auftritt“ üben die Experten, Referate, Vorträge und Reden zu halten. Außerdem trainieren sie, Sitzungen und Meetings zu moderieren und den Meinungs- und Entscheidungsprozess zum Beispiel so zu steuern, dass am Schluss ein klares Commitment besteht: Wer macht was bis wann? Im sechsten und letzten Modul reflektieren sie nochmals ihren Lern- und Entwicklungsprozess in der Weiterbildung. Außerdem befassen sie sich vertiefend mit dem DISG-Persönlichkeitsprofil und den unterschiedlichen Werthaltungen und Bedürfnissen ihrer (firmeninternen) Kunden, mit dem übergeordneten Ziel aufgrund der Wertschätzung, die sie im persönlichen Kontakt für ihr Gegenüber zeigen, ihre Wirksamkeit weiter zu erhöhen.

Menschen mit dem Auftreten und Verhalten überzeugen

Das ist für viele Experten laut Karin Unger keine leichte Aufgabe, denn sie haben sich als Techniker oder Naturwissenschaftler mit der Frage, „wie Menschen ticken und wann Kommunikation funktioniert, oft noch nicht explizit befasst“. Hinzu kommt: Auf der operativen Ebene der Unternehmen ist die Mannschaft oft sehr heterogen – „bezüglich ihrer Ausbildung und ihres sozialen und kulturellen Hintergrunds“. Entsprechend flexibel muss das Verhalten der „Fachexperten“ sein. Und entsprechend schwierig ist es gerade auf der operativen Ebene oft, Meinungsbildungs-, Entscheidungs- und Lernprozesse zu steuern – insbesondere dann, wenn man aufgrund einer fehlenden Weisungsbefugnis die Menschen „primär mit seiner Fachkompetenz und dem persönlichen Auftreten und Verhalten überzeugen und motivieren muss“, wie Christina Hofer betont.

Auf diesem Weg bringt die Weiterbildung laut Hofer die Teilnehmer „erkennbar ein großes Stück voran“ – denn sie vermittelt ihnen die nötige Rollenklarheit. Außerdem gibt sie ihnen die nötigen Methoden an die Hand, um Menschen Wissen zu vermitteln und Gruppenprozesse zu steuern.

Weiterbildungskonzept hat sich bewährt

Aufgrund dieser positiven Erfahrung führte Swarovski die Weiterbildung im Zeitraum 2011 bis 2014 neun Mal durch, so dass Ende 2014 über 100 Know-how-Träger in dem fast 5000 Mitarbeiter zählenden Stammwerk in Wattens diese durchlaufen haben. Neun weitere Weiterbildungen finden beziehungsweise fanden 2015 statt.

Swarovski hegt jedoch nicht die Illusion: Nach der Weiterbildung haben die Teilnehmer ihre Rolle als „Fachexperte“ ein für alle Mal verinnerlicht und beherrschen diese perfekt. Diese Erwartung wäre zu hoch, betont Hofer. Denn die Fachexperten agieren in einem Umfeld. Und dieses muss sich, damit die Experten ihre Funktion optimal wahrnehmen können, mitverändern. Solche kulturellen Changeprozesse dauern ihre Zeit. Und solange diese nicht abgeschlossen sind, gibt es immer wieder Irritationen und Friktionen. Deshalb führte Swarovski mit Voss+Partner-Unterstützung 2014 auch ein Aufbautraining „Konfliktmanagement“ für die Teilnehmer der Fachexperten-Weiterbildung durch; angedacht ist zudem ein Baustein, in dem die Experten lernen, Workshops noch effektiver zu gestalten.

Deutlich merkt man jedoch laut Hofer: Die Weiterbildungsteilnehmer nehmen ihre Aufgaben als „Experte für …“ sowie Wissensvermittler und Impulsgeber heute viel aktiver als früher wahr. Dazu trägt auch bei, dass zwischen den Teilnehmern der Weiterbildung ein bereichsübergreifendes Netzwerk entstanden ist. Das heißt, die Fachexperten haben auch selbst Ansprechpartner, wenn sie mal unsicher beim Wahrnehmen ihrer Funktion sind.

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