Veränderungen in Organisationen werden von den verantwortlichen Führungskräften genau geplant. Die neuen Strukturen, die neuen Abläufe werden mit viel Aufwand überlegt – aber selten angemessen kommuniziert. Mitarbeiter wiederum interessiert kaum etwas mehr, als drohende Veränderungen. Und wer keine Information hat, schafft sie sich eben …
Es ist eine wesentliche Aufgabe der Führung, Veränderungen nicht nur zu gestalten sondern auch zu kommunizieren. Soweit zur Theorie …
Veränderung ist der Alltag in Organisationen – und nichts macht mehr Angst. Schauen wir uns die Situation doch aus unterschiedlichen Perspektiven an: aus der Sicht der verantwortlichen Führungsebene und aus Sicht der Mitarbeiter.
Veränderungsbedarf bedeutet Unsicherheit
Die Führung hat „Probleme“ und „Veränderungsbedarf“ mehr oder weniger rechtzeitig erkannt. Zu früh bedeutet dann viel Aufwand ohne Grund, zu spät bedroht vielleicht die Existenz des Systems – eine Gratwanderung. Auf beiden Seiten des Grates warten heikle Fragen und Kritik, Einkommens- und Statusverlust.
Aber zumindest kann die Führung aktiv werden: Konzepte werden überlegt, Externe werden dazu geholt, Meinungen werden in Meetings oder unter vier Augen ausgetauscht. Eine Zeit hoher Unsicherheit und permanenter Beschäftigung mit den Gefahren, der geplanten Zukunft, den möglichen Wegen, den Preis, den es bei der Veränderung zu zahlen gilt …
Der eigene Kommunikationsbedarf ist erfüllt, der Wunsch Stellung zu nehmen gering – schließlich weiß man ja noch gar nicht so genau …… .
Die MitarbeiterInnen interessiert nichts so sehr wie „drohende“ Veränderungen. Das ist auch verständlich: lange war es ein deutlicher evolutionärer Vorteil, Gefahren zuverlässig zu erkennen. Eine Chance zu verpassen war dagegen nicht so schlimm, zumindest selten tödlich. Bis heute leben wir Menschen mit der Erfahrung: „ein übersehender Löwe ist schlimmer, als 10 übersehene Erdbeeren.“
Die Bedrohungssensoren sind also weit offen und Hinweise finden sich leicht: irgendetwas ist im Busch. Und weil Unsicherheit so schwer auszuhalten ist, füllt man mit allem, was zu haben ist: Tratsch, Gerüchte, Informationen und Halbinformationen.
Information kommt meist zu spät
Und kommt dann endlich eine offizielle Information, trifft sie niemand unbelastet. Für die Führungscrew ist das der Moment der wiedererlangten Sicherheit – der eigene innere Planungsprozess ist zumindest an einer Etappe angekommen, endlich wissen wir etwas zu sagen. Da fehlt dann oft das Verständnis, wie lange und welche Unterstützung es braucht, aus Information innere Akzeptanz zu machen.
Der Frust hört sich dann je nachdem unterschiedlich an: „die sind immer gegen alles, total veränderungsresistent“ oder „na, da hat wieder jemand eine tolle Idee gehabt, über uns fahren sie wieder drüber“.
Wie aber kann man es anders machen? Sind die geschilderten Phänomene vermeidbar oder können zumindest abgemildert werden?
„politische“ statt journalistische Kommunikation
Die erste wichtige Entscheidung der Führungsebene ist dazu das Bekenntnis zur „politischen Kommunikation“: die eigene Position – und ihre unsicheren Bereiche – offenlegen und dafür werben.
Der Fokus „das ist passiert und das haben wir erreicht“ – ich nenne ihn hier den „journalistischen Fokus“ – fühlt sich sicherer an und ist meist auch gut mit Zahlen und Fakten zu belegen. Da können wir etwas „herzeigen“.
Diese Sicherheit gilt es zu tauschen gegen eine Offenheit „so sehen wir die Lage, in diese Richtungen denken wir, das können wir schon sagen, das aber noch nicht“. Offiziell werden diese unsicheren Informationen den MitarbeiterInnen meist zu deren „Schutz“ vorenthalten, geschützt wird damit aber die eigene Angst!
Tatsächlich braucht es erst die Erfahrung, dass „das wissen wir selbst noch nicht“ mehr Sicherheit erzeugt, als „wir wissen, wo es lang geht“. Dabei ist die Liste der Beispiele lang, wo Führungskräfte heikle Informationen verbergen oder Ungewissheit überspielen wollten. Sehr kurz ist die Liste, wo dies gelungen ist.
Eine Veränderungsbotschaft entwerfen
Der zweite Schritt ist konkreter, kostet aber meist einiges Nachdenken. Welche Botschaft geben wir den Mitarbeitern als zentrale Aussage zur gewünschten / erforderlichen Veränderung. Dazu gilt es zwei Fragen aus Sicht der MitarbeiterInnen vor Augen zu haben:
Warum passiert das? (Warum gerade jetzt?, warum bei uns?, …)
Was bedeutet das für mich (im günstigsten bzw. im schlimmsten Fall)?
Und hier zeigt sich, wie gut ein Führungsteam die anstehenden Veränderungen begründen kann. Dann kann sogar die „schlechte Nachricht“ Anerkennung der Führung und Motivation für die eigene Aufgabe bedeuten. Da können Belegschaften auch in schwierigen Situationen mit großer (und haltbarer) Begeisterung auf den Zug aufspringen.
Da erhält die Führungsmannschaft aber auch gnadenlos Feedback, wenn die Botschaft als „Phrasendrescherei“ eingestuft wird und die Belegschaft anfängt „Bullshit-Bingo“ zu spielen.
(„Bullshit-Bingo“ funktioniert wie jedes Bingo, nur wählt man statt Zahlen Phrasen aus der Management-Literatur; sehr beliebt bei Betriebsversammlungen)
Sparen wir uns also „wir leben in Zeiten ständiger Veränderungen“ und „wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit“. Begründen wir lieber konkret, welche Gefahren und welche Chancen wir sehen. Legen wir offen, welchen Preis wir abschätzen. Und geben wir von Haus aus zu, dass ein Veränderungsprozess auch Verlierer haben kann, denn sonst signalisieren wir, dass wir unsere Mitarbeiter für dumm halten.
Die Kommunikation strategisch planen
Schließlich gehört der Kommunikationsprozess während der Veränderung geplant. Das wird je nach Unternehmensgröße unterschiedlich komplex ausfallen. Wichtig bleibt: Haltung und Veränderungsbotschaft bleiben Chefsache und sind nicht zu delegieren!
Damit auch die MitarbeiterInnen ihre Verantwortung bei der Veränderung nehmen und tragen.
Über den Autor:
Elmar Türk
glaubt nach 25 Jahren im Feld noch immer, dass Kommunikation zur wechselseitigen Unterstützung dient.
Er ist Berater in Wien und beschäftigt sich mit Veränderungsvorhaben in Organisationen und der Entwicklungspsychologie erwachsener Menschen.
Außerdem ist er Lehrtrainer für Mediation und das DiSG-Verhaltensprofil.
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