Friederike Anslinger-Wolf bietet Coaching & Führungstraining mit Pferden. Die Spezialistin für Nachwuchsführungskräfte verrät im Interview mit Weiterbildungsmarkt.at, wie sie Pferde in interkulturellen Trainings, Führungskräftetrainings und Einzelcoachings einsetzt.
Weiterbildungsmarkt.at: Wie lange sind Sie bereits im Training tätig? Wie sind Sie in die Weiterbildung gekommen? Und was waren Ihre Beweggründe?
Friederike Anslinger-Wolf: Nach einem Auslandaufenthalt in Frankreich und einem Studium der Soziologie, Französischen Philologie und Erwachsenenbildung begann ich im Jahr 2000 eine Führungskarriere bei einem großen, international aufgestellten Finanzinstitut in Frankfurt am Main in der internationalen Wertpapierabwicklung. Führungskräftetrainings waren Bestandteil meiner Ausbildung zur Führungskraft. Dabei lernte ich einen Trainer kennen – Hans-Georg Huber aus Freiburg- der die Vermittlung von Trainingsinhalten als Lernprozess gestaltete bei dem die vorhandenen Fähigkeiten und Ressourcen der Teilnehmer gezielt aktiviert wurden und mehr an der Haltung und Einstellung gearbeitet wurde als an konkreten Schwächen. Genial, diese Lehrmethoden wollte ich auch erlernen! Also entschied ich mich bei Hans-Georg Huber in die Lehre zu gehen und absolvierte nebenberuflich von 2009 bis 2011 eine fundierte Ausbildung zur Coach-und Prozessbegleiterin. Das Spannende an der Ausbildung war, dass ich mich selbst enorm weiterentwickelte und so ganz nebenbei zu einer sehr viel wirkungsvolleren Führungskraft wurde. Im Jahr 2012 entschied ich mich dann freiberuflich Coachings und Trainings für Führungskräfte anzubieten, um mein Wissen und Können mit Gleichgesinnten zu teilen.
Weiterbildungsmarkt.at: Sie sind spezialisiert auf Coaching und Führungskräftetraining mit Pferden. Was genau vermitteln Sie in Ihren Trainings?
Friederike Anslinger-Wolf: Ich sorge dafür, dass sich Führungskräfte mit erster Personalverantwortung zu ausgereiften Persönlichkeiten weiterentwickeln. Ich bin Expertin für interkulturelle Fragestellungen. Meine besondere Spezialität ist der gezielte Einsatz von Pferden im Trainings- und Coachingprozess. Darüber garantiere ich Einzelpersonen und Teams lebendiges Lernen und sofort umsetzbare Ergebnisse. Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen – auch Führung will gelernt sein. Eine Schlüsselrolle bei diesem Lernprozess spielen drei Elemente: ehrliches Feedback, intensive Selbstreflexion und der Wille zur Veränderung.
Bei den Coachings & Führungstrainings übernehmen Pferde eine wichtige Funktion. Sie spiegeln Führungsverhalten wertfrei, geben ehrliches Feedback und zeigen unmittelbar auf, wo der Haken liegt. Mit den Pferden kann man neue Führungsmöglichkeiten ausprobieren und nahezu spielerisch lernen, wie es besser geht. In der anschließenden Reflexion lässt sich das Gelernte auch auf andere Fragestellungen im Führungsalltag übertragen. Die Arbeit mit dem Pferd ist so eindrücklich, dass es viel leichter und verständlicher ist, wie man sein Führungsverhalten ändern kann und damit eine andere Wirkung erzielt. Das macht nicht nur Spaß, sondern motiviert ungemein.
Weiterbildungsmarkt.at: Was war in der letzten Zeit das Highlight in Ihrer Trainings-Tätigkeit?
Friederike Anslinger-Wolf: Im Jahr 2014 entschied ich mich für eine Weiterbildung zur interkulturellen Trainerin. Dort lernte ich, dass interkulturelles Lernen und Begegnungen nur möglich sind, wenn Menschen gezielt ihre Komfortzone verlassen, ohne gleich in Panik zu geraten. Ich hatte das Glück an der Universität Osnabrück während der Summerschool an der psychologischen Fakultät, ein Training zur interkulturellen Sensibilisierung für 25 Studierende aus verschiedenen Ecken der Welt zu geben. Ziel war es außerdem, den TeilnehmerInnen zu zeigen, wie man einen interkulturellen Workshop konzipiert.
Zusammen mit einer Trainerkollegin entschied ich mich die Studierenden aus der Reserve zu locken. Wir holten die TeilnehmerInnen gezielt aus ihrer Komfortzone raus. Wir navigierten mit Ihnen durch das Meer der Erkenntnis. Die Studierenden waren irritiert und überrascht, ob der ungewöhnlichen Art der Selbsterfahrung. Erst am dritten Tag, als wir Trainerinnen aus unserer Komfortzone heraus traten indem wir dem Teilnehmerkreis offen legten, wie wir den Lernprozess gestaltet haben und an welchen Stellen was schief lief, entfalteten wir erst unsere tatsächliche Kompetenz. Die Wirkung auf die TeilnehmerInnen war erstaunlich, sie sahen unsere Arbeit sowie unsere Persönlichkeiten in einem völlig anderen Licht.
Was nehme ich aus dieser Anekdote mit? Menschen können nur dann Berge versetzen, wenn sie gezielt aus ihrer Komfortzone treten und dabei handlungsfähig bleiben. Der Einsatz von Pferden im Training und Coaching bewirkt genau das. Im Umgang mit dem Pferd treten Führungskräfte gezielt aus ihrer Komfortzone heraus. Sie erleben sich selbst völlig neu in ihrer Wirkung. Dieses Erlebnis motiviert auch im Führungsalltag immer wieder gezielt die Komfortzone zu verlassen, um eine andere Wirkung bei Mitarbeitern zu erzielen.
Weiterbildungsmarkt.at: Wo sehen Sie in Ihrem Thema noch Herausforderungen für die Zukunft, die es zu meistern gilt?
Friederike Anslinger-Wolf: Führen heißt, sich mit Menschen emotional zu verbinden. Emotionale und wertorientierte Führung in Konzernen und Großunternehmen, die international aufgestellt sind, wird immer schwieriger. Warum ist das so? Chefs und Chefinnen führen ihre Mitarbeiter zunehmend virtuell. Sie sind gezwungen Teams über Ozeane und Landesgrenzen hinweg zu verbinden.
Die Digitalisierung schafft virtuelle Räume in denen sich die Mitarbeiter treffen. Videokonferenzen und Telefonkonferenzen ersetzen die persönliche Begegnung am runden Tisch. Es ist herausfordernd in einer Telefon- oder Videokonferenz eine für alle sichere Atmosphäre herzustellen, in der alle vertrauensvoll miteinander arbeiten können. Es gibt nicht nur Sprachbarrieren, die überwunden werden müssen. Der eine schämt sich eine Rückfrage zu stellen, weil er in seiner Kultur dann das Gesicht verliert. Der andere ist verletzt, weil er immer unterbrochen wird – was in seiner Kultur total unhöflich ist usw.. Diese nicht sichtbaren, verletzten Gefühle schaffen eine fast unüberwindbare Distanz zwischen den Teilnehmern, die oft nur durch persönliche Begegnungen wieder in echte Nähe und Vertrauen umgewandelt werden können.
Wenn das Vertrauen untereinander sowie in die Fähigkeiten der einzelnen Teammitglieder fehlt, werden Ziele und mögliche Lösungswege tot diskutiert, das virtuelle Team dreht sich im Kreis, weil sich niemand mehr in der Lage sieht klare Entscheidungen zu treffen.
Chefs und Chefinnen müssen lernen ihre Teammitglieder auch virtuell vertrauensvoll miteinander zu verbinden, damit gemeinsame Ziele erreicht werden können. Dafür bedarf es einer neuen Gesprächs-und Fehlerkultur sowie den Mut immer wieder die eigene Komfortzone gezielt zu verlassen, um die Menschen über virtuelle Grenzen hinweg miteinander zu verbinden.
Die Herausforderung für die Zukunft ist, den Menschen klar zu machen, dass die eigene Persönlichkeit und die damit verbundene Haltung zur Führungsrolle ausschlaggebend sind, ob ich als Führungskraft erfolgreich bin, oder nicht. Organisieren können viele, Menschen motivieren ein attraktives Ziel in einer zunehmend virtuellen Welt bis zum Schluss zu verfolgen, können nur wenige. Die entscheidende Frage für die Zukunft ist, wie verbinde ich Menschen emotional und wertorientiert in einem virtuellen Raum?
Weiterbildungsmarkt.at: Abschließend noch ein kurzer Ausblick in die Zukunft – Welche Entwicklungen sehen Sie in der Führungskräfteentwicklung und was sind die Auswirkungen auf Ihre Trainings?
Friederike Anslinger-Wolf: Die Welt der Arbeit wird zunehmend internationaler, virtueller und komplexer. Die kommende Generation der Führungskräfte sucht nach Sinn, Orientierung und Bodenhaftung in einer zunehmend komplexen Welt mit scheinbar unendlichen Wahlmöglichkeiten.
Meine Vision ist, beide Welten – die natürliche und die virtuelle- so miteinander zu verbinden, dass Führungskräfte sich flexibel und selbstbewusst darin bewegen können. Dafür braucht es Techniken der Selbstführung, die dabei helfen die Komplexität dieser beiden Welten zu reduzieren, damit die Führungskräfte in jeder Situation im Hier und Jetzt handlungsfähig werden und bleiben. Deshalb werde ich weiterhin gezielt Pferde in interkulturellen Trainings, Führungskräftetrainings und Einzelcoachings einsetzen. Die Pferde helfen den Teilnehmern gezielt aus der Komplexität des Alltags heraus. Gleichzeitig fordern sie von den Teilnehmern echte Präsenz im Hier und Jetzt, klare Kommunikation, Reduktion auf das Wesentliche, Entscheidungsfreude und Mut sich mit fremden Lebewesen sowie Lebenswelten emotional zu verbinden.
Weiterbildungsmarkt.at: Vielen Dank für das Interview!
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